Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 2

Geschichten und Sagen
des Kremser Bezirkes
2.


Teil 4


Von Sage 65 bis 72



65

DIE MICHAELSKAPELLE ZU AIGEN

    Im Jahre 1580, am 22. Mai, um 9 Uhr abends, wurde durch Blitzschlag fast das ganze Kloster Göttweig in Asche gelegt. Es war ohnehin schon durch sehr viele Kriege verarmt. Fast alle Brüder und Geistlichen verließen das Stift. Da ging auch Abt Michael Herrlich als Letzter vom Kloster fort. Auf dem Weg ins Tal kam ihm am Fuß des Berges bei Aigen ein Bauer entgegen und bot dem Abt zehn Gulden seines Zinses zum Aufbau des Stiftes an. Überwältigt von der Treue eines Untertanen zu seinem Kloster, erblickte Abt Micheal darin eine Fügung Gottes, ging wieder zurück ins Stift, baute es auf und brachte es durch Umsicht und Klugheit zu hoher Blüte. An der Stelle, wo die Begegnung stattfand, errichtete der Abt eine Kapelle, die von den Bewohnern von Aigen die Michaelkapelle genannt wurde. Sie ist nunmehr verfallen.


Nach Schweickhards Topographie, erzählt von M. Kainzmayer in Furth.

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66

DIE KIRCHE AUF DEM HEILIGEN BRUNNBERG

    Um das Jahr 1750 sollte zu Weinzierl am Walde auf dem  H e i l i g e n b r u n n b e r g e  eine Kirche errichtet werden. Was aber die Maurer bei Tage bauten, wurde bei Nacht abgetragen und zwar tat dies ein großer schwarzer Mann. Er schleppte jede Nacht Mörtel und Bausteine in den Meislinggraben hinab und rastete dabei immer auf einer Steinplatte, welche man jetzt noch auf dem Wege von Nöhagen nach Meisling sieht. Die Leute wußten von dem Forttragen nichts und glaubten, die aufgeführten Mauern sinken in den Grund hinein. Sie fingen wieder von neuem an, aber immer verschwand das iagsüber Geschaffene. So gaben sie schließlich ihre Arbeit an der verwünschten Stelle auf und errichteten die Kirche innerhalb des Ortes Weinzierl, wo sie heute steht.


Gew.: Huber Anton, Weinzierl, Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems (1926).

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67

WIE ES ZUR ERBAUUNG DER KIRCHE IN WEINZIERL KAM

    Die Ortschaft Weinzierl besaß eine Gemeindekapelle, weiche am Platze, mitten im Dorfe, in der Nähe des gegenwärtigen Wasserbehälters, stand, ganz aus Holz erbaut, mit Läden verschlossen und mit einem hölzernen Turme, worin eine Glocke sich befand, versehen war. Da bei der gänzlichen Baufälligkeit dieser Kapelle im Jahre 1783 der Neubau als ein unabweisliches Bedürfnis sich herausstellte, so gingen Franz Huber, Bauer in Weinzierl Nr. 19, und Georg Koppensteiner, Bauer zu Weinzierl 21, nach Dürnstein zu Herrn Rizzi, damaligen fürstlich starhembergschen Verwalter der Schloßherrschaft Dürnstein, um mit gewohnter "Armtuerei" zu bitten, daß die Herrschaft zum Neubau der Kapelle Holz schenken möge, weil auch das Jägerhaus sich im Orte befand und demselben Kapelle und Geläute auch zu Nutzen komme. Der Verwalter Rizzi gab den zwei bittenden Bauern zur Antwort: "Männer, seine Majestät der Kaiser Josef II. will, daß überall, wo die Leute weit zur Kirche haben, Kirchen und Schulen gebaut und neue Pfarren errichtet werden. Gebt Euch Mühe, ich werde Euch an die Hand gehen und ihr werdet eine Pfarrkirche und Schule bekommen." Die zwei Bauern besprachen sich nun mit den übrigen Bauern von Weinzierl, Maigen, Stixendorf, Nöhagen, Raichau und Ostra. Das Kirchenbauprojekt wurde allseits mit Freude begrüßt und in Stixendorf hinter denn Oettelschen Hause Nr. 14 bereits der Platz für die Kirche ausgesteckt. Da aber die Bauern von Raichau und Ostra, aus Furcht vor erwachsenden Zahlungen, ihren Beitritt verweigerten, die Bauern von Weinzierl hingegen erklärten, den erforderlichen Baugrund ohne Entgelt beizuschaffen und für ewige Zeiten der Kirche und dem Pfarrhof das nötige Holz zu liefern, so wurden sogleich die Bauplätze für Kirche und Pfarrhof und Schule ausgesteckt. Verwalter Rizzi kam nach Weinzierl und nahm die Erklärungen der Bauern von Weinzierl, Maigen, Stixendorf und Nöhagen zu Protokoll, verfaßte die nötigen Gesuche, mit welchen die zwei Bauern Huber und Koppensteiner nach Wien und Wilhering sich verfügten. Der damalige Herr Prälat des Stiftes Wilhering fuhr nach Krems und Weißenkirchen, wo er von den zwei Weinzierler Bauern abgeholt und auf den Simbachweg nach Stixendorf, als dem von der Pfarrkirche St. Johann entferntesten Punkte geführt wurde. Der Prälat verrichtete in der Kapelle von Stixendorf ein Gebet, besah den Ort, sah auf seine große goldene Sackuhr und sagte zu den zwei Bauern: "Männer, jetzt gehen wir nach Sankt Johann und ich werde mich überzeugen, wieweit es von Stixendorf nach Sankt Johann ist." Bei nebligem Wetter führten die zwei Bauern den Herrn Prälaten von Stixendorf auf dem Wege nach Weißenkirchen zurück, über das Herzlfeld zum sogenannten Hagenkreuz, wo der vom Tiefentale herführende Weg erscheint, dann auf dem Wege über das Spitzholz nach Weinzierl bis zu dem Platze, wo jetzt die Kirche steht, von da zum Maignerkreuze, von dort links auf dem Wege zum Huberkreuz und dann auf dem gewöhnlichen Weg über Lobendorf zum Pfarrhof von Sankt Johann. Der Prälat, welcher von den zwei Bauern kreuz und quer geführt worden war, der zur Zurücklegung des Weges über zwei Stunden brauchte und im Schweiße gebadet war, äußerte, daß es von Stixendorf nach Sankt Johann sehr weit sei, folglich die Kirche gebaut werden müsse.

    So hatten die schlauen Bauern die Erbauung der Kirche von Weinzierl am Walde erreicht, die auch dann in den Jahren 1783 und 1784 tatsächlich gebaut wurde.


Das Angeführte wurde wörtlich der Pfarrchronik der Pfarre Weinzierl entnommen. Die Aufzeichnung erfolgte durch Schuldirektor Franz Straub.

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68

DER HERRGOTTSSITZ

    Als vor vielen hundert Jahren die Pfarrgemeinde Obermeisling daranging, eine Kirche zu bauen, suchten die Nöhagener es zu verhindern, weil sie die Pfarre für beide Orte haben wollten. Der Herrgott und Sankt Petrus standen auf der Seite der Meislinger und trugen daher bei Nacht den Nöhagenern die Bausteine in einer Butte und in einem Korbe auf den Bauplatz der Meislinger, bis sie eingesehen hatten, daß ein höherer Wille die Kirche in Meisling haben wolle. Bei dem Wegtragen der Steine haben aber beide etliche Steine verloren - und die liegen heute noch bei Meisling auf dem Wege nach Nöhagen. Weiter oben sieht man auch im Felsen Sitzgruben, in denen der Herrgott und Sankt Petrus gerastet haben und dabei auch die Eindrücke von der Butte und dem Korbe hinterlassen haben.


Aus "Frau Saga", 4. Reihe, S. 88, Nr. 114.

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2. Erzählform:

DAS KIRCHENBAUWUNDER VON OBERMEISLING

    Als es im Waldviertel noch wenig Kirchen gab, wollten sowohl die Nöhagener als auch die Obermeislinger die Pfarrkirche für beide Dörfer haben. Die Bewohner Nöhagens wollten die Kirche aus dem Grunde haben, um das Ansehen ihres Ortes zu heben. Eitelkeit war die treibende Kraft. Die Bewohner von Obermeisling dagegen waren fromme Menschen, die um der guten Sache wegen die Kirche erbauen wollten. - Die Nöhagener begannen aber schon vor den Meislingern den Kirchenbau. Doch was hei ihrem Kirchenbau bei Tage gebaut worden war, zerfiel bei Nacht und selbst die Steine waren am Morgen vom Platze verschwanden. Sie fanden sich jedesmal auf der Höhe wieder, wo heute die Meislinger Kirche steht. Da sich das seltsame Ereignis einige Male wiederholte, stellten die eitlen Nöhagener den Kirchenbau ein und halfen dann sogar, da sie in dem Ereignis den Willen Gottes erkannten, den Meislingern beim Bau der Kirche dortselbst. Man schrieb dieses Wunder auch dem Umstande zu, daß sich zu Obermeisling ein uraltes Brünnlein befand, wo durch den Willen Gottes schon viele wunderbare Ereignisse geschehen waren.


Nach "Frau Saga", 9. Reihe, S. 61, Nr. 115.

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69

DER WETTSTREIT BEIM KIRCHENBAU

    Die Leute von Els und Groß Heinrichschlag erhielten ihre Gotteshäuser zu gleicher Zeit. Es wurde sogar ein Baumeister und sein Schüler mit der Errichtung der Kirchen betraut. Ersterer erbaute die Kirche zu Groß-Heinrichschlag, der andere die zu Els. Es erhob sich daher beim Bau der Gotteshäuser ein Wettstreit zwischen Meister und Schüler. Jeder wollte seinen Bau als erster vollenden. Der Alte war seiner Sache so gewiß, daß er gleich zu Beginn des Baues an der Kirchenhauer eine steinerne Fratze einmauern ließ, die ihr schadenfrohes Gesicht gegen Els kehrte. Sie sollte den übertrumpften Schüler verhöhnen. Der Junge aber eilte noch mehr, verhüllte aber sein rasch fortschreitendes Werk vor des Meisters Augen. Als das Bauwerk des Alten seiner Vollendung entgegenging, hatte der junge Meister bereits seinen Bau fertiggestellt. Die Verhüllungen fielen und vom Elser Kirchturm grinste eine verhöhnende Gesichtsmaske nach Heinrichschlag hinüber, dem alten Meister zum Verdruß.


Aus Schmidl, Wiens Umgebung auf zwanzig Gehstunden. S. 491.

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70

DIE ERBAUUNG DER KIRCHE VON HEILIGENBLUT

    Als man vor fünfhundert Jahren zu Heiligenblut eine Kirche wollte, wurde als Bauplatz ein ebenes Grundstück nördlich des Ortes gewählt, die sogenannte Taferne. Schon am ersten Arbeitstage erstand ein großes Stück der Grundmauer. Zum größten Erstaunen war diese aber am nächsten Tag verschwunden und wurde einige hundert Schritte unterhalb an der Weitener Straße gefunden. Weil man aber die Kirche durchaus auf dem Tafernboden haben wollte, wurden die Mauern dort abgebrochen, wohin sie auf so unerklärlicher Weise gekommen waren, und an der alten Stelle neuerlich aufgebaut. Beim nächsten Tagesanbruch war abermals das Mauerwerk an Jene Stelle bei der Straße versetzt. Als man ein drittes Mal mit dem Bau auf dem Tafernboden anfing und tags darauf wieder alles weggetragen war, da erkannte man endlich in dem Geschehen einen Fingerzeig Gottes, setzte den Bau an der Straße fort und so wurde die Kirche von Heiligenblut an der Stelle errichtet, wo sie heute steht.


Aus Rottenschlager, "Volkssagen und Gebräuche aus der Wachau" in "Neue Jugend", 5. Jg. / 1923, S. 273.

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71

DIE KAPELLE ZU HEILIGENBLUT

    Zur Entstehung der alten Kapelle gegenüber der Wallfahrtskirche von Heiligenblut, die in vorhergehender Sage ihren Ausdruck fand, wird folgendes überliefert:

    Im Jahre 1411 ritt ein Jude mit einer geraubten Hostie von Weiten kommend gegen Heiligenblut. Die Hostie hatte er in einem Handschuh verborgen. Beim Ritt auf dem bergan führenden Weg scheute plötzlich das Pferd an einer Stelle, wobei ihm das Heiligtum entglitt. Es fiel zu Boden und Roß und Reiter verschwanden. Eine Frau, die Schecksin, war über das Verschwinden von Pferd und Mensch überrascht und, als sie zu Boden blickte, sah sie den Leib des Herrn im Staube der Straße liegen. Da erkannte die Frau die Strafe Gottes an dem verschwundenen Menschen. Sie bewachte die heilige Hostie bis der Priester aus Weiten kam und das Allerheiligste auflas und nach Weiten zurückbrachte. An jener Stelle, wo sich dies zutrug, erbaute die Schecksin die Kapelle.

(Zweite Erzählform der Sage. Siehe "Der Hostienraub zu Weiten").


Aus Mailly, N.Ö. Sagen, S. 215.

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    PSALM 83: SELIG, DIE IN DEINEM HAUSE WOHNEN DÜRFEN, O HERR!


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72

DIE BRÜNDLKAPELLE ZU DROSS

    Als Droß noch keine selbständige Pfarre war und der Pfarre Lengenfeld angehörte, mußte an einem unfreundlichen Herbsttag der Pfarrer von Lengenfeld nach dem Orte Droß zu einem Sterbenden. Er barg die heilige Wegzehrung an seiner Brust und ging eiligen Schrittes über die herbstlichen Felder. Frühe Dämmerung hüllte die fröstelnde Erde ein und heulend fuhr die Windsbraut über Feld und Flur, rot und gelb gefärbtes Laub vor sich hertreibend. Nur mit Mühe konnte sich der Priester auf den Füßen erhalten. Schwer atmend kämpfte er gegen das losgelassene Element, das zornig durch die entlaubten Baumkronen heulte. Ein Windstoß riß dem Greis den Mantel auf und verwehte ihm die heilige Hostie. Das undurchdringliche Dunkel und der rasende Sturm machten das Suchen nach dem heiligen Brote unmöglich. Als am nächsten Tage die erste Morgendämmerung auf den Feldern lag, machte sich der greise Pfarrer auf, die heilige Hostie zu suchen. Lange Zeit schritt er, den Blick zu Boden gerichtet, über die kahlen Felder. Auf einmal sah er etwas Weißes schimmern. Er nahm seinen Weg dorthin und sah im herbstlichen Grase neben einem klaren Brünnlein das vom Winde verwehte, heilige Gut liegen. An dieser Stelle ließ der Pfarrer die kleine Bründlkapelle erbauen, wohin jeden Sonntag andächtige Beter ihre Schritte lenken. Ihren Namen führt die Kapelle nach einer Quelle, die in einem Rohre aus der Krippe heraussprudelt. Noch um das Jahr 1712 ging der Pfarrer von Lengenfeld als Erinnerung an dieses Ereignis mit dem heiligsten Gut im Kelche über die Felder zur Bründlkapelle, wo auch ein schönes Steinbildnis der "Unbefleckten Empfängnis Mariens" zur Aufstellung gelangte.


Gew. Robert Weineck und Anna Vogl, Lengenfeld. Aufgezeichnet im Jahre 1923.
Weitere Quellschrift ist das Pfarrgedenkbuch von Lengenfeld (1712).

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Diese Seite wurde am 29. Juli 2002 erstellt.