Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 5

Krankheit - Krieg
Hungersnot
Heft Nr. 5 (Doppelheft)

Teil 1

von Gedicht und
Sage 1 bis Sage 7


K A M P F   U N D   T O D


Die Glocken stürmten vom Bernwardsturm,
der Regen durchrauschte die Straßen,
und durch den Regen und durch den Sturm        
gellte des Urhorns Blasen.

Das Büffelhorn, das lange geruht,
Veit Stoßberg nahm's aus der Lade,
das alte Horn, es brüllt nach Blut
und wimmert: "Gott Gnade!"

Ja, Gnade Dir Gott, du Ritterschaft!
Der Bauer stund auf im Lande,
und tausendjährige Bauernkraft
macht Schild und Schärpe zu Schande.

Aufrauschte die Flamme mit aller Kraft
brach Balken, Bogen und Bande -
Ja, Gnade Dir Gott, du Ritterschaft;
Der Bauer stund auf im Lande!

Frh. v. Münchhausen

zum Inhaltsverezeichnis



1

DER BAUERNHAUPTMANN ZU KREMS

    Als einst die arg bedrückten Bauern ihr Joch abschütteln und ein besseres Leben erringen wollten, war einer ihrer Führer der Schneider Georg Prunner von Emmersdorf. Ihm standen manche Helfer zur Seite, wie der Michl Maurer, welcher aus gleichem Orte stammte. Über beide erzählt man:

    Als es galt, die Bauern und Hauer unseres Donautales zum Kampfe aufzurufen, zog der Bauernhauptmann Prunner mit seinem Leutnant von Ort zu Ort und hielt mit den unzufriedenen Landleuten geheime Besprechungen ab. So kam er auch die Donau abwärts nach Spitz und Weißen, kirchen, soAvie in das Städtchen Dürnstein. Man schenkte ihm jedoch zu Weißenkirchen, und Dürnstein kein Gehör, da man mit dein Grundherrn zufrieden war. Prunner kam daher nach Krems und suchte mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Mit Blitzesschnelle hatte sich die Kunde von seiner Anwesenheit beim Volke und auch bei seinen Feinden verbreitet. Und als es Abend geworden war, fanden sich in einem Hauerkeller trotz Überwachung viele Hauer ein, die den Prunner reden hören wollten. Beim Scheine einer Kienleuchte saßen sie im dumpfen Keller um den Schneider von Emmersdorf und lauschten seinen Worten. Er war ein guter Redner und seine Worte ließen eine sehr erregte Stimmung gegen die Herrschaften aufkommen. Man saß lange beisammen und als der Morgen graute, verließ Prunner mit seinem Begleiter und Hauern, mit der Haue auf dem Rücken und dem Zöger auf derselben, durch das Wachtertor die Stadt, ohne daß ihn jemand erkannt hatte, über das Weingebirg hinweg erreichte er den Förthof, wo er eine wichtige Post seines Kundschafters erwartete. In der Schifferkneippe, wo zahlreiche Schöffleute beim Humpen saßen, trafen die Verabredeten zusammen.


Aus einem titellosen Buchfragment entnommen (1946).

zum Inhaltsverezeichnis

2

SCHLAGST DU MI - HAU I DI

    In alten Zeiten waren wieder einmal die Steiner und die Kremser in Streit geraten, und ihre bewaffneten Bürger standen auf dem weiten, damals noch ganz freien Felde zwischen den beiden Städten kampfbereit. Der Kampf begann. Da es lange zu keiner Entscheidung kam, wählte jede Stadt einen ihrer Krieger zum Kämpfer für ihre Sache, die beide nun durch den Zweikampf feststellen sollten, welche Partei als Sieger zu erachten sei. Die beiden, nach damaliger Sitte mit Helm, Brustharnisch, Arm- und Beinschienen geschützten Kämpfer traten nun auf einem abseits- liegenden Platze zum Kampfe an, während das übrige Kriegsvolk von weitem zusah. Da die zwei Helden wahrscheinlich befreundet waren, so kamen sie in aller Stille überein, daß sie sich nichts zuleide tun wollten. Denn, sagte der eine: "Haust du mi, so schlag i di" Und der andere entgegnete: "Schlagst du mi, so hau i di". In dieser Kampfesstimmung blickten sie sich nun wohl so wild an, als ob sie sich lebendigen Leibes aufzehren wollten, sprangen auch im Kreise recht ungestüm umeinander, schlugen auf die Schilde los, daß es unheimlich hallte, aber es kam zu keiner Entscheidung. Das Fechten wurde den Zusehern zu langweilig - und die Kremser begannen ihren Kirchtag zu feiern, der eben jetzt in die Zeit fiel. Sie ließen ihre Frauen und Töchter herauskommen, fuhren mit Bier, Wein und Speisen an, die Musik spielte lustig auf, und alles zechte froh in den Tag und die Nacht hinein. Die Steiner taten ein gleiches und der Streit, aber auch die Kämpfer waren vergessen. Als man Nachschau hielt, waren sie zu Stein geworden. Dies gewahrte man aber erst, als man nach frohem Treiben in die beiden Städte heimzog.


Aus "Frau Saga", 6. Reihe; S. 24, Nr. 23:

zum Inhaltsverezeichnis

3

DIE WEHRHAFTE BÜRGERMEISTERIN

    Als der Ungarnkönig Mathias Corvinus im Jahre 1477 Stein belagerte, traten auch die Frauen der Stadt auf die Stadtmauer und verteidigten gemeinsam mit den Männern die Heimat. Vor allem die Gemahlin des Bürgermeisters Wemhard Karlinger, Frau Maria Magdalena Karlinger, eine geborene Frau von Pilgram, tat sich rühmlich hervor. In Helm und Harnisch gekleidet, sah man sie Tag für Tag auf der Stadtmauer an der Seite der Männer kämpfen. Dem einträchtigen Zusammenwirken war ein schöner Erfolg beschieden. Die Stadt Stein konnte nicht eingenommen werden und die Ungarn mußten unverrichteter Dinge abziehen.

    Schlechter erging es der Stadt 1486. Wiederum belagerten die Ungarn dieselbe. Da übte ein Verteidiger Verrat an seiner Heimat und lieferte die Stadt dadurch den Ungarn aus. Nach der Einnahme soll der Ungarnkönig selbst einige Zeit in der Stadt Stein gewohnt haben, und zwar auf jener Stadtburg, deren Reste man noch heute wahrnimmt. Diese dürfte von ihm erbaut worden sein. Von dieser Feste sollen Felsspalten in einen unterirdischen Gang führen, der die Burg unmittelbar mit der Feste Aggstein verbindet.


Aus Dr. Plöckngers "Sagen der Wachau", S. 91, Nr. 86i ferner enthalten in Kisslings "Frau Saga". 6. Reihe, S. 73, Nr. 112. Beide nach Schmidls, Wiens Umgebung auf 20 Stunden im Umkreis S. 480.

zum Inhaltsverezeichnis

4

DER FEIGE HAUPTMANN UND DER
MUTIGE ABT

    Als vor vierhundert Jahren, anläßlich der Belagerung Wiens durch die Türken, eine große türkische Streifschar - angeblich dreißigtausend Mann - auch in die Wachau vordrang und das Kloster Göttweig bedrohte, floh der damalige Hauptmann, dem die militärische Verteidigung des befestigten Klosters anvertraut war, mit einer Anzahl seiner Soldaten aus Furcht vor dem übermächtigen Feinde. Da ließ der damalige Abt die Geschütze auffahren, und damit um den Berg herumziehend, jagte er die Türken in die Flucht. Dabei soll der Feind die Schreckensrufe, die wie "Wra! Wra!" klangen, ausgestoßen haben.


Anmerkung: Im Sagenheft ist keine Quellenangabe

zum Inhaltsverezeichnis

5

DIE GÖTTWEIGER FREUDENFLÖTEN

    Als im siebenjährigen Krieg zwischen Preußen und Usterreich die Torgauer Schlacht geschlagen war, die lange unentschieden hin- und hergewogt hatte, da schien es, als würde, der österreichische Feldherr Daun Sieger bleiben. Ein Meldereiter hatte auch vorschnell den Befehl erhalten, nach Wien diese gewiß freudige Nachricht zu überbringen. Auf diese Weise gelangte auch die Siegesnachricht nach Krems und weiter nach Göttweig. Die Schlacht nahm aber in ihrem weiteren Verlaufe eine ungünstige Wendung und Daun wurde der Sieg entrissen. Letzteres hatte man aber in Göttweig noch nicht erfahren und daher ließ der Abt die klostereigenen Kanonen laden. Die Feuerwerker lösten die Schüsse, welche weithin hörbar die freudige Stimmung aus dem Bergkloster im Lande verkündeten. Diese Freudenschüsse vernahmen auch jene preußischen Offiziere, die in Krems als Gefangene weilten. Da diesen jedoch schon die richtige Kunde zu Ohren gekommen war, lösten die Schüsse Heiterkeit aus. Die Preußen freuten sich ob der ungewollten Ehrung ihres Königs und seines Sieges durch den Feind. Sie dichteten daher nachstehendes Spottgedicht:

"Nimm hin, hochwürdigster und hocherhobner Mann
Den tiefsten Dank von uns in diesen Zeiten an,
Und glaube, daß mit zu Pr. Ruhm und Ehre
Erkenntlichkeit und Pflicht sowohl als Mut gehöre
Du leistest, was uns doch zu leisten selbst gebührt,
Da der so große Daun die beste Schlacht verliert.
Und wir das Fest nicht schuldigst feiern können.
So läßt du dein Geschütz von Wall und Mauern brennen.
Der Donner, welcher heut aus deinen Stücken kracht
Und dich, o Göttweih, längst uns so bekannt gemacht.
Will Friedrichs Sieg nunmehr durch Luft und Wolken tragen.
Und das, was er getan, entfernten Tälern sagen.
Die Donau hört's erstaunt und läuft viel schneller fort.
Das arme Krems erstaunt, so wie ihr ganzer Ort.
Wir aber widmen Kuch und Eurer Großmut Lieder,
Ach! Schießt auf diese Art, ach! schießt noch zehnmal wieder."

    Doch der gefoppte Abt blieb des großen Königs Offizieren die Antwort nicht schuldig, denn er antwortete ihnen auch in einem Gedicht, wie folgt:

"Geehrte Martis Söhne, nehmt Gegendank nun an.
Für Eure Poesie und glaubt, ich bin der Mann,
der Pr.'s Tapferkeit gebührend will erkennen;
Was Friedrich tut im Glück, müßt ändern auch vergönnen.
Der Donner, welcher jüngst, aus meinen Stücken kracht'
Hat nur den dritten Tag Novembers groß gemacht.
Das nun er erstaunte Krems ruft ehest wieder auf;
Die Freudenpost ist da! wie Donaus schneller Lauf!
Es lebt ja noch der Kern von Oestreichs Generälen
Die große Windpalast gestürzet in Verfallen;
Die Helden haben oft sehr heldenhaft gesieget,
Es werden noch gewiß verstummen die Poeten,
Weil ihr Gehör betört, durch Göttweigs Freudenflöten;
Sie gehen tief gebeugt und widmen keine Lieder,
Well Göttweig mehrmals schießt, und mehr als zehnmal wieder."

    Fürwahr eine stolze Antwort auf allzugroße Überheblichkeit.


Entnommen dem "AUSTRlA-Katender 1843" von P. J. Kaltenböck

zum Inhaltsverezeichnis

6

KARL DER GROSSE IN DER WACHAU

    Neben der Kirche von Sankt Michael in der Wachau steht eine uralte, kleine Kapelle, der Karner, deren Kellerraum das Beinhaus des Friedhofes ist. Dieses kleine Gotteshaus gilt als die älteste Kirche der Wachau und soll schon von Karl dem Großen erbaut worden sein.

    Dieser wird auch als Gründer der Förthofer Kapelle bezeichnet. Als er nämlich seinen Feldzug gegen die Awaren unternahm, zog er selbst mit der Hauptmacht donauabwärts, und zwar, wie die Sage berichtet, am rechten Ufer. Da wurde ihm durch vorausgeschickte Botschafter kundgetan, daß die Feinde an der Mündung des Kampflusses eine große Festung haben. Um sie zerstören zu können, entschloß sich Kaiser Karl der Große, auf das linke Ufer überzusetzen und suchte hiefür eine passende Stelle. Sie fand er unfern des Marktes am Fuße des Göttweigerberges, der darnach den Namen Furth erhalten haben soll. Da es aber Wochen, ja Monate dauern konnte, bis das ganze Herr auf den zur Verfügung stehenden kleinen Booten über die Donau gebracht war, ließ der Kaiser bei der Überführstelle einen Hof für seinen Aufenthalt erbauen und daneben ein Kirchlein, in welchem der Kaplan täglich Messe lesen mußte. Jenes Gebäude ist bis heute als Förthof erhalten geblieben.

    Als Kaiser Karl diesen Kriegszug unternahm, zogen auch die Bayern und Sachsen mit ins Feld. Die bayrischen Krieger zogen am Nordufer der Donau und stießen beim Förthof zum Heere. Als am Kamp der große Kampf anhob, lagerten die Sachsen nahe bei Gobelsburg auf dem Sachsenberg. Nach gewonnener Schlacht setzte Karl seinen Schwager Gerold zum Markgrafen ein, der nahe bei Melk residierte.


Nach Dr. Plöckingers "Wachausagen" Nr. 73. Seite 82, und "Frau Saga", 6. Reihe, Nr. 108, Seite 71. Schmidl "Wiens Umgebung auf zwanzig Gehstunden", Seite 417.

zum Inhaltsverezeichnis

7

DER NEUDEGGER HANNS

Als vor vielen Jahren der Feind plündernd und mordend durch die Wachau zog, die Städte Krems und Stein belagerte und auch Loiben in schwere Kriegsnot brachte, flüchteten viele Bewohner der Wachau in die Wälder. Auch die Loibner verließen ihre Häuser im Tale und verbargen sich im Neudeggerholz und am Waxnriedl. Besonders die hohen Felswände im Mentalgraben, die Henglwänd, genossen den Ruf einer guten Zufluchtstätte. Und so kam es, daß selbst die im Neudeggerhofe auf dem Loibnerberg lebenden Geschwister, es waren derer ein Bruder und zwei Schwestern, von anderen Flüchtlingen zur Flucht gemahnt wurden. Die zwei Mädeln folgten sofort dem Rat ihrer besorgten Freunde und flohen in die Felshöhlen der Henglwände. Ihr Bruder, der Neudeggerhanns, wollte aber die wenigen Habseligkeiten noch in Sicherheit bringen und blieb daher zurück. Schon hatte er den Großteil derselben in den tiefen ausgetrockneten Brunnschächten des Neudeg-gerhofes am Loibnerberge geborgen, da überraschten ihn die Soldaten einer Streifschar bei seiner Tätigkeit. Als er aus dem Brunnenschachte kroch, sah er sich dem Feinde gegenüber. Die Krieger erschlugen ihn und warfen ihn wieder in den Brunnen hinab. Als die um den Bruder besorgten Schwestern mit anderen Loibner Burschen in den Neudeggerhof kamen und Nachschau hielten, fanden sie den Hofhund winselnd am Brunnenrand liegen. Blutspuren und zersplitterte Bretter ließen sie Böses ahnen. Und als sie in den Brunnen hinabblickten, gewahrten sie die Leiche ihres Bruders am Grunde liegen. Aus Gram über den Tod desselben starben die beiden Schwestern bald hernach und vermählten ihren Hof samt den Feldern ihren Rettern in Feindesnot. Die Seele ihres toten Bruders findet aber keine Ruhe, da sie nicht in geweihter Erde bestattet liegt. Sie erscheint in nächtlicher Stunde verspäteten Wanderern im Neudeggerwalde.


Gew.: Florian Rosenberger, Förthof; Aufz.: F. Wallechner (1953).

zum Inhaltsverezeichnis


 

zum Teil 2


zur Home Page       zu Allgemeine Projekte       zur Sagenauswahl


Cat Logo

Copyright © Familie Wimmer. All rights reserved.
Diese Seite wurde am 15. Februar 2003 erstellt.