Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 7

Burgen und Ritter
Heft Nr. 7 (Doppelheft)

Teil 6

von Sage 198 bis Sage 207



198

DIE LISTIGE BURGFRAU

   Vor vielen Jahrhunderten wurde einmal die Burg Rehberg vom Feinde belagert. Die Übermacht war groß und die Bedrängnis hatte schon sehr lange gedauert, so daß der Burgherr samt seinen Rittern und Knappen weder aus noch ein wußte. Doch des Herren Gattin, welche die Ratlosigkeit ihres Gemahles sah, ließ den Kopf nicht hängen. Sie richtete ihren Mann mit schalkhafter Rede auf und legte ihm ihren Plan dar. Als ihr der Burgherr keine Widerrede leistete, schickte sie sich an, ihr Glück zu versuchen. Sie zeigte sich auf des Burgsöllers Brüstung und fragte mit lauter Rede beim Feinde, dem hartherzigen Belagerer, an, ob er sie aus der eingeschlossenen Feste hinauslassen würde, und ob er ihr das mitzunehmen gestatte, das sie am kleinen Finger herauszuziehen imstande sei. Da scholl ihr vom Feinde herüber ein helles Gelächter entgegen und eine mächtige Stimme gab ihr die Antwort, daß man ihre Bitte erfülle. Sie sollte nur herauskommen, solle auch alles mitnehmen, was sie am kleinen Finger mitzunehmen imstande sei. Die Burgfrau war nun guter Dinge, schirrte einen Burgesel und belud ihn mit allen kostbaren Schätzen, die sich in der Burg befanden. Obenauf mußte sich ihr Mann setzen. Als nun alles vorbereitet war, schlang sie die Leitzügel des Esels um einen großen Ring und zog mit dem Kleinfinger daran. So marschierte sie nun los. Man öffnete das Burgtor. Als der Feind das sonderbare Reit- und Tragtier an der Hand der Burgfrau gewahrte, erhob sich ein heftiges und zorniges Fluchen. Doch keines Kriegers Hand wehrte es der Frau, mit ihrem Tier des Weges zu ziehen. Gegen die List des Weibes waren sie machtlos. Da man ein gegebenes Wort nicht brechen wollte, zogen Burgherr und Gattin mitsamt den Schätzen ungestört des Weges.


Gew.: Karl Kubiska, Rehberg (Waldhof) und Franz Buehl, Rehberg. Aufgez.: 1926.

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199

DIE RAUBRITTER VON HOLLENBURG

   Wenn man auf der Donau stromabwärts an Hollenburg vorbeifährt, erspäht man vom Schiffe aus schon oberhalb Hollenburgs eine verfallene Burg, die einst den Namen „B e r t h o l d s t e i n“ trug. In dieser trieben knapp vor ihrem Verfalle zwei Raubrittersippen ihr Unwesen. Es waren die Fronauer und die Vöttauer. Letzterer kam aus dem Mährenlande und drang auf seinen Beutezügen bis an die Donau vor, wo er sich im Bertholdstein nächst Hollenburg niederließ. Schon 1461 hatte der Fronauer hier die Donau mit einer eisernen Kette gesperrt und die reisenden Kaufleute arg geschröpft, ihre Waren geraubt und sie selbst ins Verließ der Burg geworfen, aus dem sie erst nach Erlag eines hohen Lösegeldes entlassen wurden. Um ja kein Schiff entrinnen zu lassen, hatte der Strauchritter am jenseitigen Ufer ein hölzernes Blockhaus angelegt, von dem aus seine Reisigen gleichfalls auf das Schiff eindrangen und es um so sicherer faßten. Das gleiche böse Treiben entfaltete 1463 der Vöttauer, der schon im Mährenland vom Geräune arg verfolgt worden war. Das schändliche Tun der beiden Ritter erregte Unwillen und es setzte erst der Tod Alberts IV. dem ein Ende. Der Bertholdstein wurde zerstört und heute kündet nur mehr ein bescheidener, verfallener Rest der Burg von ihrem Bestände.


Nach Weiskerns Topograhpie. Aus der Volksüberlieferung erzählt durch Markl Waltraude, Hollenburg. 1952.

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200

DER FLUCHTGANG IM SCHLOSSE
ALBRECHTSBERG

   Im Schlosse Albrechtsberg au der Krems befindet sich ein unterirdischer Gang, der, wie das Volk zu erzählen weiß, vom Schlosse in den Markt zur sogenannten Badehütte und dann auch tief ins Tal hinab zum „Bräuhaus“ führen soll. Wenn der Feind das Schloß belagerte, konnten die Belagerten jederzeit aus demselben entweichen oder auf diesem Wege dasselbe mit Nahrungsmittel versorgen.


Gew.: Josef Rabl. Entnommen C. Callianos „Niederösterreichischem Sagenschatz“ 5. Bdch. Seite 130.

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201

DAS MINNISCHLOSS VON
GEDERSDORF

   Abseits von Gedersdorf liegt mitten im Weingebirg ein tief eingeschnittener Hohlweg, der „MINNIGRABEN.“ Früher war er ein Fahrweg. Das Wasser hat ihn aber so ausgewaschen, daß er nicht mehr befahrbar ist. Auf seiner Böschung wachsen schwarzer Hollunder und Akazien, von welchen letztere ihre langen Wurzeln in die tiefe Lößschlucht hängen lassen. Dorniges Gestrüpp und die Waldrebe bilden ein undurchdringliches, hinderndes Dickicht. Die Leute meiden die Ried. Wer dort einen Weingarten hat, geht nicht hin. Im vorigen Jahrhundert soll auf Grund dieser Gemiedenheit und Unwegsamkeit der Räuberhauptmann Grasel mit seiner Bande Unterschlupf gefunden haben, als er in die Gegend kam, um einen habsüchtigen Landwirt zu schröpfen. Vorzeiten stand dort oben ein prächtiges Schloß, und der Minniritter hielt verschwenderisch haus. Jeder, der an seiner Pforte klopfte, konnte Gold und Geld begehren, soviel er wollte. Er bekam es. Wegen seiner Verschwendungssucht wurde er bestraft und sank samt dem Schloß in die Tiefe. Nichts bezeichnet mehr die Stelle, von wo einst das herrliche Schloß mit seinen prächtigen Gärten hinab in die Ebene blickte. Noch viele Jahre nach dem Untergang der Burg lief um Mitternacht ein schwarzer Hund mit feurigen Augen durch die Gegend, der im Maule den Schlüssel zum Minnischloß trug und seinen Herrn suchte. Heute ist auch dieser Spuk verschwunden.


Gew.: Dir. Ant. Hölzl, Gedersdorf. Aufzeichnung derselbe 1954.

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202

DER MINIRITTER

   Zu mitternächtlicher Stunde, wenn es vom Kirchturme zu Gedersdorf die zwölfte Stunde schlägt, wird es im Minigraben lebendig. Der einstige Schloßherr des versunkenen Minnischlosses steigt aus der Tiefe empor und reitet auf einem Rappen mit glühenden Augen durch das Weingebirge, das einst ihm dienstbar war. Trifft er dann auf seinem nächtlichen Ritt mit dem Landvolk zusammen, das auf seinen einst eigenen Gründen heute einen guten Wein heranzieht und daraus einen süffigen Tropfen keltert, so muß der Verspätete seinen Keller öffnen und dem einstigen sehr geselligen Ritter einen Humpen voll edlen Weines reichen, den dieser immer wieder leert, bis er das angezapfte Faß bis auf den Grund ausgetrunken hat. Auch seinem Pferde muß der Hauer den Durst löschen. Dann erst verschwinden Roß und Reiter wieder auf ein volles Jahr in der Tiefe des Berges. Hatte der Schloßherr einst von seinen reichen Schätzen dem begehrenden Landmann nach Wunsch gereicht, so ist dieser heute an der Reihe, den sauffesten, umherspukenden Rittersmann das begehrte köstliche Tränklein zu reichen.


Gew.: Dir. Ant. Hölzl, Gedersdorf. Aufz. 1954.

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203

DES SCHLOSSHERRN VON
GOBELSBURG BAUOPFER

   Als man das alte Schloß zu Gobelsburg schleifte und an seiner Stelle ein neues erbaute, ließ der Bauherr, ein Graf, bekanntgeben, daß nur jener Baumeister die Arbeit bekäme, der sich verpflichte, das erste lebende Wesen, welches das vollendete Schloß betrete, und nicht in die Burg und zum Baue gehöre, festzunehmen und einzumauern. Dem wollte keiner der Baumeister zustimmen und nur ein junger, noch nicht verheirateter Meister unterschrieb den Vertrag des Grafen. Der Bau begann, schritt aber nur langsam fort, wie es in alten Zeiten oft so Brauch war. Im Laufe der Jahre vergaß der Baumeister, der unterdessen geheiratet hatte und ein herzliebes Töchterlein sein eigen nannte, ganz auf die grausame Bestimmung des Bauvertrages. Als nun endlich die Burg bis auf einen einzigen Pfeiler im Gebäu vollendet war, wurde eine festliche Gleichenfeier abgehalten. Als zu dieser der Bauherr mit den Bauleuten versammelt war, kam des Baumeisters Töchterlein dahergelaufen, um dem Vater eine wichtige Botschaft zu überbringen. Es betrat als erstes lebendiges Wesen die Torhalle der Burg, in der es weder etwas geschafft hatte, noch zugehörig war. Der ahnungslose Vater empfing sein Kind in herzlicher Weise, doch da stürzten sich die Bauleute auf Geheiß des Bauherrn auf das Kind und schleppten es zum unvollendeten Pfeiler. Nun erst wurde der Baumeister gewahr, um was es nunmehr ging. Er sträubte sich mit aller Kraft dagegen, daß sein liebes Kind als Bauopfen des hohen Herrn ein schreckliches Ende finden sollte. Doch der anwesende Graf ließ von seiner Forderung nicht ab und bestand mit aller Hartnäckigkeit auf der Erfüllung der Bestimmungen des Bauvertrages. Schweren Herzens mußte der Baumeister sein Kind opfern, um nicht vertragsbrüchig zu werden. Spät rächte sich seine Leichtfertigkeit beim Abschluß des Vertrages. Vor seinen Augen wurde das Mädchen lebendig im Pfeiler eingemauert. Als man nach vielen Jahrhunderten das Bauwerk umgestaltete, fand man die Gebeine des Kindes in einer Mauernische vor.


Aus Kißlings „Frau Saga“ 1. Reihe, Seite 18 Nr. 7.

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204

DER UNTERGANG DER BURG
FALKENBERG

   Wo der Wald im Straßertale anhebt und das muntere Wässerlein des Gscheinzbaches im Tale dahineilt, um den großen Bruder Kamp zu erreichen, stand einst eine starke Burg auf steiler Bergeshöh. Ihre Herren nannten sie Falkenberg. In ihren Mauern lebten einst die Falkenberger, deren einer Rapotto und der andere Hadmar hieß. Sie waren Brüder und gar gewalttätige Herren, denen selbst die Klöster nicht verachtenswert waren, wenn es galt, den eigenen Säckel zu füllen. Und so geschah es auch, daß das Waldviertler Kloster Zwettl, welches um Falkenberg manchen Weinberg besaß, den habsüchtigen Rittern in die Augen stach und sie es daher weidlich schröpften und arg bedrängten. Der frommen Brüder Schar war aber einem Kampfe abgeneigt und bat den Landesherrn um Schutz. Da die Falkensteiner aber auch dann in ihrem Raub fortfuhren, als sie der Herzog Rudolf zu besserer Nachbarschaft mahnte, zog dieser mit seinen Kriegern vor die Burg, belagerte sie und brach sie. Sie fiel im Jahre 1299 dem Herzog in die Hand, der sie 1300 schleifte. Die Herren der Burg wurden aber verjagt und ihr Besitz dem Kloster Zwettl geschenkt, dem so der Schaden gutgemacht wurde, den die falkerbergschen Brüder dem Stifte zugefügt hatten. Seit dieser Zeit heult der Wind im öden Gemäuer der Burg.


Aus Weiskerns Topographie von Nö.

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205

DER BURGGEIST VON FALKENBERG

   Die Burg Falkenberg gehörte in alten Zeiten zwei Brüdern, die durch Raub große Schätze anhäuften, welche ihre Schwester verwahrte. Als einmal der Feind gegen die Burg zog, flüchteten die Brüder. Das Burgfräulein konnte sich aber von den Kostbarkeiten nicht trennen und versteckte diese in einem unterirdischen Gemache. Die Burg wurde aber erstürmt und zerstört. Die stürzenden Mauertrümmer begruben das Ritterfräulein samt den verborgenen Kleinodien und sie mußte in deren Angesicht elendig verschmachten. Seit dieser Zeit geht ihr Geist als unerlöste Seele im Bereiche der Burg um, wo er schon manchen Menschen geängstigt hat.


Aus Kißlings „Frau Saga“, 5. Reihe, Seite 101, Nr. 148.

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206

DAS GESPENST VOM FALKENBERG

   In nebeligen Nächten sahen schon oft Bewohner von Straß, wenn sie am Falkenberger Burgberge vorbeigingen, zwischen den Bäumen am Berghange ein wandelndes Licht. Manchmal bemerkten sie auch am Bache eine Gestalt in einem weißen Kleide, die sich am Bachufer hin und her bewegte. Man sagte dann, daß es das Burgfräulein von Falkenberg sei, das im Bache ihren weißen Schleier wasche.


Aus Kißlings „Frau Saga“ 5. Reihe, Seite 102, Nr. 151.

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2. Erzählform:

   Im Schwedenkriege wurden im alten Schlosse zu Falkenberg bei Straß Schätze vergraben. Drei verwünschte Jungfrauen mußten sie bewachen und man sieht sie von Zeit zu Zeit abends herauskommen und im Bache sich baden. Auch bemerkt man hier öfters ein grelles Licht, das schon viele Ortsbewohner gesehen haben. Ein Hirte fand auch durch längere Zeit daselbst Geldstücke, die aber ausblieben, als er leichtsinnig zu werden anfing.


Nach Karl Landsteiners gesammelten Sagen im „Jahresbericht des Gymnasiums Krems 1869.“

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207

DAS BURGFRÄULEIN UND DER HIRTE

   Einst trieb ein Hirte seine Schafe auf den Falkenberger Burgberg. Da fand er ein Goldstück. Gleichzeitig hörte er eine weibliche Stimme, die ihn fragte, was er mit dem gefundenen Geldstücke machen wolle, worauf er sagte, daß er dasselbe seiner kranken Mutter geben werde. Da bat ihn nun die Stimme, um das Geld eine Messe lesen zu lassen, die einer armen Seele zugedacht sein solle. Der Hirte versprach, der Aufforderung nachzukommen und hielt auch Wort. Als er einige Tage später wieder seine Schafe auf den Burgberg trieb, bat ihn die Stimme, sie zu erlösen. Würde sie Erlösung finden, so gehöre ihm ein reicher Schatz. Damit sie aber derselben teilhaftig werden könne, dürfe der Hirte sich weder fürchten noch verleiten lassen sich umzudrehen, möge er hören, was immer. Er folgte also der Stimme und gelangte so in einen finsteren Gang. Hinter sich hörte er plötzlich Hundegebell. Schon wollte er sich umsehen, als ihm der Geist rasch zuflüsterte, es ja nicht zu tun. Aber da rief auch schon eine andere Stimme: „Ein Wolf kommt und frißt deine Schafe!“ Jetzt konnte sich der Hirte nicht mehr halten und sah zurück. Im selben Augenblicke erhielt er aber einen starken Schlag auf den Kopf, hörte noch die klagende Stimme des Burgfräuleins jammern und fiel dann bewußtlos zu Boden. Als er erwachte und nach seinen Schafen sah, weideten diese ruhig auf ihrem alten Platze. So hatte er sich durch seine Unfolgsamkeit und Angst um den Schatz gebracht. Die arme Seele hatte ebenfalls keine Erlösung gefunden.


Aus Kißlings „Frau Saga“, 5. Reihe, Seite 101 Nr. 149.

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Diese Seite wurde am 20. März 2004 erstellt.