Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 8

Versunkene Schätze
Heft Nr. 8 (Doppelheft)

Teil 4

von Sage 254 bis Sage 262



254

DIE SCHATZGRÄBER VON DER
HOHLWAND

   Einst gingen zwei starke, furchtlose Männer am Karfreitag zur „Hohlwand“, da sie erfahren hatten, daß man an diesem Tage einen Schatz zu heben vermag, der in der Hohlwand eingeschlossen sei. Sie befolgten die Ratschläge, deren Beachtung für das Heben eines Schatzes notwendig ist. Jeder mußte, wenn er in der Hohlwand den Schatz heben wollte, eine Apothekerkappe bei der Schatzsuche auf haben, und durfte auch kein einziges Wörtlein während der ganzen Arbeit reden. Als sie schon zu graben anfangen wollten, streifte ein Ast einem der Schatzsucher das Käppchen vom Haupte. Es kollerte den Abhang hinunter. Schnell entschlossen lief er demselben nach. Der andere Schatzsucher hatte nur das Forthuschen der Gestalt bemerkt, glaubte einen davoneilenden Geist gesehen zu haben, und lief der Gestalt nach, um sie zu erhaschen. Leider erkannte er zu spät seinen Irrtum und sprach seinen Helfer an. Mit seinem Ausruf hatte er aber sein Glück verwirkt. Die Schatzgräber konnten daher den Schatz nicht mehr heben. Sie mußten unverrichteter Sache heimkehren. Bis heute liegt dieser Hort ungehoben und harrt noch der Stunde, in der ein glücklicher Schatzgräber seiner habhaft werden kann.


AGew.: Franz Supperer in Spitz. Aufz.: Erich Schöner in. Spitz. 1930.

zum Inhaltsverezeichnis

255

DER SCHATZ IM KELLER

    Als einst im alten Städtchen Dürnstein der Besitzer der Kuenringertaverne, die auch „Zum schwarzen Adler“ hieß, seinen Keller vergrößerte, stieß man beim Graben des Kellers auf einen unterirdischen Gang, von dem man früher keine Kenntnis hatte. Herr und Knecht arbeiteten beim flackernden Schein einer Kerze schon manche Stunde. Als man nun auf das Gewölbe stieß, warf im Eifer der Arbeit der Besitzer, Herr Georg Fenninger, die Leuchte um. Da man, nun in Finsternis gehüllt, die Arbeit nicht fortsetzen konnte, sandte der Herr seinen Knecht nach oben und blieb allein in der Tiefe. Als der Knecht nach geraumer Zeit wiederkam, hatte sein Dienstgeber die Kerze selbst entzündet. Er warf soeben die Reste alter irdener Töpfe aus dem geheimen Gang heraus. Man schaffte die Erde und die Scherben nach oben. Nach Feierabend kamen Gäste und der Knecht konnte nicht umhin, das Ereignis des Tages zu erzählen. Des anderen Tages tuschelte man bereits im ganzen Stadtel über das sonderbare Verhalten des Gastwirtes. Und als in späteren Tagen der Geschäftsgang des alten Schifferwirtshauses einen gewaltigen Aufschwung nahm, und die Wirtsfamilre zu großen Wohlstand gelangte, erzählte sich das gesprächige Volk des Ortes, besonders die Frauen, von einem großen Schatz, den der Gastwirt damals aus der Tiefe gehoben haben sollte, als er das Licht bei der Arbeit verlöschen ließ und den Knecht um eine neue „Funzel“ sandte. Neider standen gar viele auf und mißgönnten dem Gastwirt Geld und Gut. Und als in späteren Jahren mit dem Niedergange der Ruderschiffahrt der Wirt vom Ersparten und Erarbeiteten zusetzen mußte, erzählte man sich frohlockend, daß der gehobene Schatz kein Glück gebracht hätte.


Gew.: Georg Kernstück, Dürnstein. Aufz.: Riedel Rudolf, 1920.

zum Inhaltsverezeichnis

256

DER SCHATZ DES VÖLKERWAND-
WEIBLS

    Zum Sandlbauer kam eines Abends das Völkerwandweibl. Es huschte in die düstere Stube, in der der Bauer allein bei Tische saß. Draußen stürmte und schneite es gewaltig und überall lagen bereits die weichen Schneepolster. Da trat es ganz leise an den Bauern heran und versprach ihm große Schätze, die es in der Völkerwand in Bottichen verwahre. Zwei große „Poding Gold“ hätte es dort verborgen, und wenn er mitkomme, wolle es ihm diese zeigen. Sie würden dann ihm gehören, ihm ganz allein, damit seine Not endlich ein Ende habe. Doch der Bauer fürchtete sich, um die Mitternachtsstunde dahinzugehen. Daraufhin verschwand das Weiblein und wurde nie mehr gesehen. Gew.: Anton Steiner, Heudürr. Aufz.: Epple Hermine, Dürnstein. 1952.

zum Inhaltsverezeichnis

257

2. Erzählform:

DER SCHATZ IN DER VÖLKERWAND

    Der alte Sandlbauer Resch war schon manches Jahr tot, als sich die Hüttinger daranmachten, nach den geheimnisvollen Schätzen zu suchen, die der Sandlbauer einst in der Völkerwand geschaut hatte. Mit Schlögeln und Bohrern sowie mit Schießpulver versehen, zogen sie zur Wand, um dort die Schätze zu erschließen. Aus allen umliegenden Gehöften und Ortschaften rückten sie heran und der Völkerwand zu Leibe, überall wurde gebohrt und Sprengschüsse hallten vom Berge. Doch die Wand war hart, so hart, daß sie keinen Zoll dem vermeintlichen Schatz, der vom Pelzweibl gehütet wurde, näher kamen. Bald mußten sie ihr vergebliches Bemühen einsehen. Sie gaben ihre Arbeit, die vermeintliche hohle Wand aufzusprengen, auf und verließen, sich gegenseitig verspottend, die Stätte ihres Treibens. Mancher schnitt ein Sprüchlein und seinen Namen in die alten großen Buchen, die rings um die Felswand standen. Lange sah man diese noch mit vernarbten Kerben im Walde stehen. Den Schatz suchte aber keiner mehr.


GGewährsmann der Großvater des Aufzeichners Franz Wallechner. Aufgezeichnet 1953.

zum Inhaltsverezeichnis

258

3. Erzählform:

DIE SCHATZHÖHLE IM SANDL

    Am Sandlberge ragt eine Felswand hervor, die an Stelle eines Ritterschlosses steht, das einst mit seinen Bewohnern im Berg versunken ist, deren Seelen unerlöst blieben, weil sie der Tod in der Unbußfertigkeit überrascht hatte. Der Berg ist da hohl und voll von Schätzen aus Gold, Silber und Edelgestein. Einmal ging eine recht arme Frau mit ihrem kleinen Kinde über den Berg nach Reichau, um sich bei einem Bekannten etwas auszuborgen. Als sie zur Wand kam, bemerkte sie einen hellen Spalt, der, je näher sie kam, desto größer wurde, sodaß sie in eine große Höhle hineingehen konnte. Da lagen nun soviel Gold, Silber und sonstige Kostbarkeiten herum, daß ihr die Wahl schwer wurde, was sie zuerst mitnehmen sollte. Endlich hatte sie doch ihr Fürtuch voll Sachen, mit denen sie schnellstens nach Hause laufen wollte, um sich dann nochmals eine Schürze voll zu holen. Aber als sie zurückkam, war der Höhleneingang verschwunden und ihr Kind, an das sie sich erst jetzt erinnerte, in der Höhle zurückgeblieben. Nun bereute die Frau ihre Habsucht, die sie auf das Kind ganz vergessen ließ. Jetzt half kein Bitten und kein Betteln, die Höhle tat sich nicht mehr auf. Dieses Verhängnis hatte sie an einem Palmsonntag ereilt. Die Frau ist nun alle Jahre, am selben Tage, zur gleichen Stunde, nachsehen gegangen, aber die Felswand blieb verschlossen. Endlich, nach sieben Jahren fand sie wieder den Eingang zur Schatzhöhle offen und das Kind kam ihr, von einem Bergzwerge geführt, frisch und gesund entgegen. Die Frau kümmerte sich jetzt nicht mehr um die Schätze, doch das Zwerglein gab ihr einen Beutel mit Gold, der ihr Glück bringen sollte. Nur solle sie niemand ihr Erlebnis erzählen und nicht zurückblicken. Als die Frau schon bald im Orte war, hörte sie in der Luft, hinter sich, ein Rauschen, und als sie sich umwandte, sah sie in einem hellen Scheine die Seelen der verschwundenen Rittersleute aus dem Berge gegen Himmel fahren. Durch die sieben Jahre lang dauernde Angst, die die Frau um ihr Kind ausgestanden, hatte sie die armen Seelen erlöst. Als sie aber gegen das Verbot des Zwerges ihren Freundinnen erzählte, wie sie wieder zu ihrem Kinde gekommen sei und den Beutel herzeigte und ihn öffnete, waren die Goldstücke wertlose Bachsteine geworden. Aber die Frau machte sich nichts daraus, denn sie hatte ihr liebes Kind wieder.


Aus Kisslings „Frau Saga“ 4. Reihe, Nr. 145.

zum Inhaltsverezeichnis

259

4. Erzählform:

DAS VÖLKERWANDWEIBL
UND SEIN SCHATZ

    Unweit der Sandlwiese erhebt sich aus einem Hochwald die Völkerwand. In dieser Wand befand sich einst ein zickzackförmiger aus Stein gehauener Gang. Dieser endete in einer großen Höhle, die reiche Schätze beherbergte. Das Völkerwandweibl hütete diese Kostbarkeiten. Obwohl sie über große Reichtümer verfügte, ging es oft betteln, sprach aber dabei nie. Wurde das Weiblein von den Leuten neugierig verfolgt, entschwand es. Viele Menschen versuchten den Schatz zu heben und drangen darum in den Fels ein. Mancher kehrte nie wieder, andere verließen verstört die Felswand mit ergrautem Haar, das oft schneeweiß geworden war. Sie starben, kurz nach ihrer Heimkehr ohne ein Wort verraten zu haben, was sie im Berginneren gesehen hatten. Darum kamen immer und immer wieder Leute zur Völkerwand, die den Schatz zu heben versuchten. So stiegen einmal in finsterer Nacht zwei Steinbrecher zur Felswand empor. Sie bohrten mit Bohrer und Meißel nach dem Schatz. Doch wollte ihnen die Arbeit nicht von der Hand gehen. Einer der Steinbrecher wurde daher mißmutig und rief aus: „Herr Gott! Wer weiß, wieviele schon nach dem Schatze gruben!“ Da ließ der andere auch die Arbeit ruhen, denn der Schatz war mit jedem Worte um einen Klafter tiefer in die Erde gesunken. Sie konnten ihn nicht mehr heben.


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Riedel Josef, Dürnstein. 1920.

zum Inhaltsverezeichnis

260

SAGE VON SCHÄTZEN IN DER BURG
HARTENSTEIN

    Die Sage erzählt, daß ein Fäßchen voll Dukaten, goldene Sessel und andere wertvolle Sachen in Hartenstein vergraben sein sollen. Diese Schätze zu heben, haben sich in früherer Zeit viele Schatzgräber bemüht. Durch die Schatzgräberei wurde die Burg vielfach beschädigt.

    Die Sage berichtet weiter, daß Kohlen- und Eisenstücke, welche man in der Karwoche in Hartenstein findet, sich in Gold verwandeln, wenn man sie zu Hause auf einen sauber gewaschenen Tisch legt. Nur muß dies in dem Augenblick geschehen, wenn der Priester in Els am Altare die Passion betet.


Allgemeines Volksgut der Umgebung von Hartenstein im Kremstale. Ferner aufgezeichnet in Mailly's „N.Oe. Sagen“ 170.

zum Inhaltsverezeichnis

261

DER SCHATZSESSEL

    In einem geheimen Gange unter der Burg Hartenstein steht an der Stelle, wo sich der unterirdische Gang in drei Teile verzweigt, ein goldener Sessel. Wer diesen einst findet, wird so wohlhabend, daß er die Burg wieder aufbauen und darin sorglos leben kann.

zum Inhaltsverezeichnis

2. Erzählform:

    Unter der Burg Hartenstein liegt an der Stelle, wo sich ein unterirdischer Gang in drei Gänge teilt, von denen einer nach Taubitz, ein anderer nach Nöhagen und ein dritter in den freien Wald führt, ein Faß voll Golddukaten. Wer diese einst findet, kann die Burg Hartenstein neu aufbauen und darin sorglos leben.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 9. Reihe, Nr. 35.

zum Inhaltsverezeichnis

262

ZU GOLD GEWORDENE KOHLE

    Ein rechtschaffener armer Mann mit vielen Kindern sammelte am Karfreitag in der Burg Hartenstein während der Passion Kohle- und Eisenstückchen, die er nach Hause trug. Er wusch sie und legte sie fein säuberlich auf ein reines Tischtuch. Als er einen Augenblick wegblickte, hatte sich alles in pures Gold verwandelt. Dieses Wunder ereignet sich aber alle hundert Jahre nur einmal.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe, Nr. 170.

zum Inhaltsverezeichnis


zum Teil 3

zum Teil 5


zur Home Page       zu Allgemeine Projekte       zur Sagenauswahl


Cat Logo

Copyright © Familie Wimmer. All rights reserved.
Diese Seite wurde am 3. Januar 2005 erstellt.