Titelseite Hexentanz

Hexentanz
Heft Nr. 10 (Doppelheft)

Teil 5

von Sage 418 bis Sage 430


418

DER VERZAUBERTE BÄCKER-
GEHILFE

    Zu unterst im großen Turme der Stadtburg zu Krems ist ein ganz finsteres Verließ, in weldiem einst die Gefangenen schmachten mußten. Es hatte ursprünglich gar keinen rechten Zugang. Den Eingekerkerten wurde durch ein Loch im Deckengewölbe das Essen hinabgelassen. Ganz schauerlich soll es in dem Gefängnis gewesen sein, denn die Leichen der verstorbenen Häftlinge blieben gleich auf dem verfaulten Stroh liegen, ebenso aller andere Unrat. Niemand wagte es, auf diese Schauderstätte auch nur hinabzuschauen, obgleich es hieß, daß von dem Verließ auch ein unterirdischer Gang zu großen Schätzen führe.

    Vor etlichen hundert Jahren hat es doch einmal einen Bäckergesellen nach dem verborgenen Reichtume gelüstet und er entschloß sich, durch das unheimliche Verließ dahin vorzudringen. Ein anderer junger Bäcker war leicht zur Teilnahme gewonnen. Beide nahmen einen Strick, schlichen heimlich bei Nacht in den oberen Keller des Burggebäudes und mutig ließ sich der Anstifter der Tat an dem Strick in das finstere Loch hinab. Auf einmal ertönte ein Schrei und dann ein starker „Plantscher“, wie wenn jemand in das Wasser gefallen wäre. Der oben gebliebene Bäcker lief sofort weg und schrie auf dem Hohen Markte laut um Hilfe. Die herbeigeeilten Leute brachten Fackeln und Leitern heran. Man stieg ins Verließ hinab, sah, daß der Strick gerissen war, fand des Kerkers Boden wohl mit Knochen übersät, aber weder Wasser noch Bäcker waren da. Als einziges Lebewesen war unten ein Moldwurm zu sehen, der die Leute ganz flehentlich anblickte und vor ihnen sonderliche Bewegungen ausführte. Alle kamen sofort zur Überzeugung, dieses Tier könne nur der Bäcker sein, der zur Strafe für seinen Frevel verzaubert worden sei. Auch seine Braut stieg voll Verzweiflung ins Felsengefängnis hinab. Sie sah der Molch ganz besonders kläglich an, als ob er sie um Erlösung bitten wollte. Sie glaubte den Armen zu verstehen und machte das Gelöbnis einer großen Bußfahrt. Als sie von derselben zurückkehrte, trat ihr der Bräutigam wieder als wohlgestalteter Bäckergeselle entgegen. Er wurde bald Meister und heiratete zum Dank für die Errettung aus der Verzauberung seine getreue Braut. Er lebte noch lange als glücklicher Bürger und Bäckermeister zu Krems.

Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 99, Nr. 97.

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419

VERHEXTE SCHWEINE

    In Gneixendorf bei Krems verlor einst ein Bauer einen Sack mit Korn. Ein alter Häusler fand ihn und verheimlichte den Fund. Der Bauer erfuhr es jedoch von dessen Tochter, ging selbst zu ihm und zwang ihn, das gestohlene Gut herauszugeben, wobei er ihn mit dem Peitschenstiele derb auf die Finger klopfte. Darob erboste der Dieb arg und schwur, man werde an ihn denken. Richtig verendeten dem Bauer über Nacht zwei Schweine auf geheimnisvolle Weise. Auch mit den als Ersatz eingestellten Schweinen hatte er im gleichen Jahre kein Glück. Die Schweine waren verhext.

Aus Leeb; Sagen Niederösterreichs, SeIte 51 Nr. 95.

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420

DIE HEXEN VON DÖLLERSHEIM

    Über dem Galgenberg bei Döllersheim zieht in der Walpurgisnacht die „W i l d e   J a g d“. Da verlassen die Weiber, die es mit dein Teufel halten, ihre Häuser und wer Mut hat, kann sie am Galgenberge sehen. Vor vielen Jahren hatte man einmal einer Frau, die im Verdachte stand eine Hexe zu sein, einen Drudenfuß auf das Haustor gezeichnet und den Besen vor das Tor gelehnt. Da konnte die Hexe nicht mehr zum Tor hinein, sondern mußte die ganze Nacht am Galgenberge zubringen. Erst in der Frühe ist sie heimgekommen, nachdem andere Hausleute das Tor geöffnet hatten.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 1. Reihe, Nr. 98.

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D A S   W I L D E   H E E R


Habt ihr die Wundersagen
Vom Hörselberg gehört,
Aus dem das tolle Jagen
Des wilden Heeres fährt?
Wenn Schnee den Wald umschleiert
Wenn in der Winterszeit
Der Landbewohner feiert
Und sich an Märchen freut -
Da wird vom Berg die Kunde
Oft in den Hütten laut
So schaurig, daß die Runde
Der Spinnerinnen graut.
Es wohnen dunkle Mächte
Tief in des Berges Schoß,
Und während der zwölf Nächte
Läßt sie die Hölle los.

L. Bechstein

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421

DER WILDE HOHENAUER

    In den Rauhnächten hört man allerorten im Donautal der Wachau in den Nachtstunden ein Rufen, Schnalzen und Pferdegetrappel. Das ruft der wilde Hohenauer hervor, welcher verdammt ist, so lange zu reiten, bis daß das Strombett der Donau so trocken ist wie der Jauerling. Schaurig hallte es dann im Tale von den Bergwänden wider und Mensch und Tier fliehet in die wohlige Wärme des Heimfriedens. Es heulet dann in den Schornsteinen ein schaurig Lied. Dann heißt es: Der wilde Hohenauer ziehet durch Das Donautal.

Nach Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 35, Nr. 26.

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422

DIE WILDE JAGD ZU LOIBEN

    Es ist noch nicht allzulange her, da hörten einige Unterloibner am Abend ein sonderbares Geräusch durch die Bognergasse heraufkommen. Es kam ihnen vor, als würden entweder Kühe oder Schafe oder gar Schweine getrieben und die Herde zog dann durch die Haltergasse wieder fort. Niemand wußte aber, was es zu bedeuten habe.

Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 80, Nr. 70.

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423

KIENSTOCKER WILDE JAGD

    In Wösendorf konnte man vom Hause Nr. 15 aus zu gewissen Zeiten um Mitternacht großen Lärm hören. Alle Tiere des Waldes, Rehe, Hirsche, Uhu und andere, sowie auch Menschen schrieen zusammen. Dieses Getöse kam von Kienstock am anderen Ufer herüber. Manche glaubten, während des wilden Geschreies einen Reiter auf einem Schimmel vorübersprengen gesehen zu haben. Hinter ihm sei eine große Schar von lärmenden Leuten und Tieren nachgezogen, darunter auch feurige Hunde.

Nach Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 63, Nr. 53.

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424

GSCHWADERN AM WATTSTEIN

    Nächtliche Wanderer hörten einst am Wattstein oberhalb Dürnstein oft, ein arges Gschwadern (Lärmen), das über die Donau hinüberzog. Man glaubte Geschnatter von Enten und Gänsen zu hören. Man sagte es sei die wilde Jagd.

Gew.: Koppensteiner August, Weißenkirchen. Aufz.: Dr. Plöckinger. 1926.

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425

UNHEIMLICHE SCHAFHERDE

    Zu Weißenkirchen erzählte man, daß man, wenn man bei Nacht in den Rauhnächten durch den Wald gehe, eine sonderliche Musik höre, die sich aus den verschiedensten Tierstimmen zusammensetze, in die sich Instrumententöne mengen. Sobald man dies vernehme, müsse man sieh sofort flach auf den Boden legen und warten, bis der Lärm wieder vorbei sei, sonst würde man mitgerissen und zerrissen.

Gew.: Koppensteiner August, Weißenkirchen. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1926.

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426

DAS WILDE GSCHROA

    Einmal hörte Frau Walzer und ihre Godl zu Mautern am späten Abend ein furchtbares Geschrei. Es hörte sich so an, wie wenn Kühe, Kälber, Pferde, Hunde und vielerlei andere Tiere durcheinander ihre Stimme erschallen ließen. Auch der Göd der Walzer hörte es und wollte vor das Haus treten, um Nachschau zu halten, was da los sei. Er rief in die finstere Nacht: „Was gibt es denn da?“ Daraufhin wurde es auf einmal wieder stille. Die Hunde, welche sich vor dem Getöse verkrochen hatten, da sie sich gefürchtet hatten, kamen nun wieder hervor und bellten recht laut. Die Godl aber sagte, daß es das „Wilde Grschroa“ gewesen sei.

Gew.: Therese Walzer, Unterloiben. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1925.

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427

WILDE JAGD IM KUMMERSTAL

    Die Dürnsteiner wurden einst lange Zeit hindurch durch einen argen Lärm, der sich wie Kettengerassel anhörte, in ihrer Ruhe gestört. Das Getöse nahm vom Kummerstal seinen Ausgang. Das Rasseln und das Rollen, das sich anhörte, wie wenn ein zweiräderiger Karren im Sause durch die Lüfte fahren würde, war besonders zur Nachtzeit der stürmischen Nächte der Weihnachtszeit wahrzunehmen und wurde im ganzen Städtel gehört. Dieses wilde Jagen in den Lüften bannte man, indem man Kreuze und Bildstöcke setzte. Erfüllte es früher die Gegend zwischen dem Pfaffental und dem Stadttore in Dürnstein mit seinem unheimlichen Rumoren in der Luft, so beschränkte man es zuletzt auf das Kummerstal, sodaß der nächtliche Wanderer und der Bewohner des Städtchens heute davor verschont ist.

Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Rudolf Riedel. 1920.

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428

DIE WILDE JAGD VON ÖTZ

    Zu Ötz im Spitzergraben hörte man zuweilen in den Lüften ein Heulen Schreien und Winseln. Dieses verstummte sofort, wenn ein Schuß in die Luft abgefeuert wurde.

Gew.: Franz Gerhart Oetz Aufz.: Schulleitung Niederranna. 1952..

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429

WILDE JAGD IN DEN BÄRENWÄNDEN

    Holz- und Streusammler, die bei den Bärenwänden auf der Suche waren, hörten oft in den Lüften einen gewaltigen Lärm. Einmal sammelten gerade Weib und Kind daselbst dürre Äste. Soeben hatte es die elfte Stunde geschlagen, als in den Lüften plötzlich ein Heulen und Pfeifen hörbar wurde. Dazu gesellte sich auch ein lautes Getrappel das immer näher und näher kam. Man hörte auch Männerstimmen, die fortgesetzt "Wüja Hoi! Wüja Hot!" riefen. Auch das Rollen der Wagenräder vernahm man ganz deutlich, doch zu sehen war nicht die geringste Spur. Aus Furcht legten sich Mutter und Kind flach auf die Erde, denn sie vermeinten unmittelbar über ihren Köpfen das unbeimliche Treiben zu verspüren. Dieses geheimnisvolle Lärmen dauerte fast eine volle Stunde. Beim Schlag der zwölften Stunde war es wie weggefegt. Die Wilde Jagd war über die beiden armen Menschenkinder hinweggebraust, die vermeinten, das Ende der Welt sei gekommen.

Gew.: Hildegard Göls, Elsarn am Jauerling. Aufz.: Schulleitung Niederranna. 1952.

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430

WILDE JAGD VOM LINDBERG

    Raidl und Mohr gingen einst auf den Lindberg, um Dachse zu fangen. Als sie oben waren, hörten sie ein Gepolter von Wagenleitern, als würde jemand Streu, laden. Sie nahmen sich vor nachzuschauen, was wohl der Grund dieser Unruhe zu so später Stunde sein könnte. Sie konnten aber nichts wahrnehmen. Doch vernahmen sie ganz deutlich die Stimme des Kutschers der immer rief: „Dahü! Dahü!“ Sie dachten, daß das ganz sonderbar sei, daß immer der gleiche Ruf erschalle. Die Männer riefen daher in das Dunkel der Nacht: „Dahot!! Dahot!“. Kaum hatten sie aber das getan da wurde es um sie noch dunklere Nacht und ein Wirbelwind setzte ein, der sie meterhoch vom Boden emporholb und so heulte, daß es um ihre Köpfe pfiff. Als sie wieder festen Boden unter ihren Füßen verspürten, liefen sie voll Angst den Abhang hinunter. Es hellte sich auch wieder auf und der Spuk war verschwunden. Der wilde Jäger hatte sie in seiner Gewalt gehabt.

Gew.: Hermann Auer, Oetz. Aufz.: derselbe, 1952, Eingesandt von der Schulleitung Niederranna.

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Diese Seite wurde am 21. September 2006 erstellt.