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DER TOTENKOPF IN DER HAND

   Herbst war es geworden und wie alle Jahre feierte man das Totenfest. Die Leute trugen die schönen Totenblumen, die Chrisanthemen, welche sie sorgsam vor dem Froste geschützt hatten, auf den Friedhof, um das Grab ihrer toten Anverwandten zu schmücken. Die Gräber glichen in ihrem Schmuck herrlichen Blumenbeeten. Da geschah es, daß Frau Theres Braun mit ihrem kleinen Söhnchen Josef gleichfalls auf den Friedhof ging. Die Mutter führte den Knaben an der Hand und im Vorübergehen riß der Kleine von einem Grabe eine Totenblume ab. Der Bub hielt das Blümchen in Händen. Da schrie die Mutter plötzlich gellend auf, denn sie verspürte Schmerz in ihren Fingern. Als sie auf die Hand blickte, hing an ihren Fingern ein Totenschädel, der sich nicht abschütteln ließ. Auch der kleine Josef erschrak gewaltig, als er an der Hand der Mutter dieses schreckliche Ding gewahrte. Die Mutter des Knaben bemühte sich immerzu, den Totenkopf von ihrer Hand zu entfernen. Doch alles blieb erfolglos. Der Knabe schmiegte sich furchtsam an seine Mutter und weinte. Da ließ er die Blume aus dem Händchen fallen. Sie fiel auf den Grabhügel, von dem er sie gepflückt hatte. Im selben Augenblick war auch der Schädel von der Hand seiner Mutter verschwunden. Die Frau hatte aber an den Fingern eine arge Schnittwunde davongetragen, die lange Zeit nicht heilte, und die Mutter des Kindes zwang, die Wunde verbunden zu halten. Klein Josef aber schwor seiner Mutter, daß er nie mehr von einem Grabe ein Blümchen abreißen werde, denn er wollte den Toten keine einzige Blüte mehr nehmen.

Gew.: Margarete Braun, Elsarn am Jauerling. Aufk: Schulleitung Niederranna (1952).


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Diese Seite wurde am 19. Mai 2001 erstellt.