Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 3

Männer Gottes
Heft Nr. 3 (Doppelheft)

Teil 2

von Sage 79 bis Sage 88


79

KÖNIG FEWA UND SEVERIN

    Als Rugiens friedliebender König  F l a c c i t h e u s  gestorben war, trat sein Sohn  F e w a  das Erbe an. Auch ihm wurde der heilige Severin steter Berater in seinen schweren Herrschergeschäften. Doch die wilde und schuldbeladene Frau des Königs, namens Giso, hielt den Herrscher dauernd von zu großer heilsamer Milde ab. Sie wollte selbst Christen ihres Glaubens abtrünnigt machen, doch des Königs Ehrfurcht vor dem heiligen Manne verhütete das gottlose Vorhaben. Auch das Recht des niederen Volkes mißachtete die königliche Frau, da sie bei dem Besuche eines Dorfes nächst Favianis dort ansäßige Römer ergreifen und nach dem Rugenlande bringen ließ. Dort mußten sie niedrige Knechtsarbeit verrichten. Als Severin diese Gewalttat erfuhr, sandte er an Giso einen Boten, der die Rückstellung der Entführten forderte. Wutentbrannt verweigerte sie das Begehren des Heiligen. Sie ließ ihm folgende Kunde ubermitteln: "Verstecke dich in deiner Zelle und bete dort für dich; uns aber lasse man mit unseren Knechten machen, was wir wollen." Als Severin dies vernahm, antwortete er: "Ich vertraue auf den Herrn Jesus Christus, daß sie notgedrungen zu tun gezwungen sein wird, was sie böswillig verweigert hat..." Rasch folgte die Strafe auf dem Fuße und demütigte das stolze, herrische und rachsüchtige Weib.


Aus: Vita S. Severini. Kap. 8.

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80

DER KÖNIGSSOHN UND DIE GOLDSCHMIEDE

    Als Strafe für ihr schändliches Treiben widerfuhren der Rugenkönigin Giso manche Widerwärtigkeiten, die sie und ihre Familie oft in schwere Not und Lebensgefahr brachten. Bald hätte einmal das hohnsprechende Gehaben der Herrscherin ihrem Sohn das Leben gekostet. Giso hielt Gefangene, die in der Goldschmiedekunst erfahren und tüchtig waren, in schwerer Gefangenschaft. Sie mußten aus erbeutetem Golde den königlichen Schmuck herstellen. Schon hatten die Goldschmiede lange in der Gefangenschaft geschmachtet, als sich einmal das Söhnchen des Königs zu den Gefangenen verlief. Diese bemächtigten sich des neugierigen Jungen und setzten ihm das Schwert an die Brust. Sie drohten, wenn jemand versuchen sollte, ohne eidliche Zusicherung zu ihnen einzudringen, den jungen Königssohn und dann sich selbst zu ermorden, da sie ohnehin nichts mehr zu hoffen hätten. Die lange Zwangsarbeit hatte sie bereits an Leib und Seele ganz zermürbt. Als die grausame Königinn von diesem Vorfalle Kunde erhielt, war sie um das Leben ihres Kindes sehr besorgt. Sie zerriß aus Gram darüber ihr Kleid, denn sie erkannte in diesem Ereignis die Strafe Gottes für ihre schändlichen Taten. Sie machte nun diese dadurch gut, daß sie Gefangene freigab, den gefangenen Goldschmieden die Freiheit eidlich zusicherte und den vielfach beleidigten heiligen Severin um Verzeihung bat. Die Goldarbeiter gaben nunmehr den jungen Königssohn frei und sie wurden aus der Haft entlassen. Als nun das Ereignis eine solch gute Wendung genommen hatte, eilte das Königspaar zum frommen Gottesmann in Favianis. Das auf so wunderbare Weise gerettete Königskind Friedrich stellte sie dem Diener Gottes vor, der aus dem Munde des Kindes vernahm, daß nur die frommen Gebete ihm die Freiheit wiedergebracht hätten. Die sündige Königin versprach dem Manne Gottes, daß sie nie mehr seinen Anordnungen trotzen werde.


Aus: Vita. S. Severini. Kap. 8.

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81

DER LETZTE KÖNIGSBESUCH BEI SEVERIN

    Als Severin sein Ende nahen fühlte, nahm er Abschied von allen seinen Freunden und Gönnern. Er sandte auch König Fewa und Königin Giso die Botschaft, daß sie ihn nochmals besuchen sollten, bevor er für immer Abschied nahm. Das Königspaar eilte an das Lager des heiligen Mannes. Der Apostel Noricums ermunterte den Rugenkönig mit heilsamen Worten, bei der Behandlung seiner Untertanen stets zu bedenken, daß er über den Stand seines Reiches dem Herrn werde Rechenschaft geben müssen. Er ermahnte ihn auch sonst noch unerschrocken. Dann wies er mit der ausgestreckten Hand auf die Brust des Königs und fragte die Königin vorwurfsvoll: "Giso, was liebst du mehr: diese Seele oder Gold und Silber?" Und als sie antwortete, sie ziehe ihren Gatten allen Schätzen vor, fügte der Mann Gottes voll Weisheit hinzu: "So unterlaß es also, Unschuldige zu bedrücken, damit nicht deren Leid eure Herrschaft zerstöre; denn oft untergräbst du die Milde des Königs." Doch sie sprach: "Warum behandelst du uns so, Knecht Gottes?" Da antwortete er ihr: "Ich beschwöre euch, ich, ein ganz unbedeutender Mensch, der sich schon auf dem Wege zu Gott befindet, laßt ab von ungerechten Handlangen und befleißigt euch frommer Werke. Bis jetzt ist eure Herrschaft dank Gottes Beistand von Glück begünstigt gewesen, doch von jetzt ab nehmt euch in acht." Mit solchen Ermahnungen versehen, nahmen der König und seine Gemahlin von ihm Abschied und brachen auf.


Aus: Vita S. Severini, Kap. 40.

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82

SEVERIN BEFREIT EINEN GEFANGENEN

    Ein Mann namens Maurus, den der heilige Severin aus den Händen der Barbaren losgekauft hatte, war Pförtner der Klosterkirche. Eines Tages befahl ihm Severin, daß er nirgends hingehen solle, denn ansonsten würde er sich in eine schwere Gefahr begeben. Der Mann ging aber trotz Warnung und Befehl des Heiligen auf Zureden eines Römers zur Obsternte an einen Ort, der zwei Meilen auswärts von Favianis lag. Als er nun mit seinem Begleiter Obst pflückte, wurden sie von Räubern überfallen und gefangen. Diese führten die Gefangenen hinweg. Als zur selben Zeit Severin im Kloster in einem Buche las, befahl er seinen Getreuen nach Maurus Umschau zu halten. Sie taten es, fanden diesen aber nicht. Da setzte der heilige Severin selbst über den Strom, da er um das Heil des Pförtners Sorge hatte und eilte den Räubern nach. Er fand sie auf, stellte sie und begehrte die Freilassung seines Pförtners. Die Skamarer (Räuber) fügten sich demütig, ohne Widerrede dem Befehle des Gottesmannes, da die ehrfurchtgebietende Erscheinung Severins sie dazu veranlaßte.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 10.

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83

SEVERIN UND DIE TOTEN SOLDATEN

    Als das Römerreich schwach geworden war, zerfiel sein Grenzwall an der Donau. Auch die Soldaten verließen die Kastelle. Nur in Batavia, dem heutigen Passau, blieben die Krieger auf ihrem Posten. Sie erhielten ihren Sold nur selten und mußten diesen aus fernem Lande selbst holen. Da geschah es, daß die entsandten Boten auf ihrem Wege nach der Zahlstelle überfallen und ermordet wurden. Vergeblich wartete man auf deren Rückkehr, da man von dem schrecklichen Ereignis keine Ahnung hatte. Als nun eines Tages der heilige Severin in seiner Zelle las, schloß er plötzlich das Buch und begann unter lauten Seufzern zu weinen. Seine Getreuen ließ er schnell zum Strome eilen, der seiner Meinung zufolge gerade von Menschenblut gerötet sei. Und wie Severin vorausgesehen hatte, geschah es. Es wurden die Leichen der ermordeten Boten an Land geschwemmt, die man zu Passau so sehnsüchtig erwartet hatte.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 20.

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84

NAHRUNG FÜR DIE ARMEN

    Dank der Fürsorge des heiligen Severin wurden die Armen in allen Städten und Kastellen, so auch zu Favianis ernährt. Fr fühlte sich satt, wenn er die Hungrigen gespeist hatte. Er fastete wochenlang. Das größte Leid empfand er, wenn er Arme hungern sah. Seine Freigebigkeit kannte keine Grenzen und er war stets bestrebt, die nötigen Nahrungsmittel zu beschaffen. Trotz der argen Bedrückung durch die Barbaren gaben die Zehentpflichtigen bereitwillig den Zehent von ihren Felfrüchten, da sie sahen, daß Severin von den bereitgestellten Dingen die Armen speiste. Neben der notwendigen Nahrung lieferte das Volk auch die nötige Bekleidung. Durch Sendschreiben verständigte er das Volk des ganzen norischen Landes von seinem Bedarf. Es flossen immer und immer wieder die notwendigen Gaben ein, die er zur Verteilung brachte. Manchmal kam es aber auch vor, daß Städte säumig waren. So sandte einmal die Stadt  T r i b u r n i a  keine Gaben. Severin, der davon erfuhr, sagte, als man ihn vertrösten wollte, daß diese Stadt um so williger dem Feinde die Gabe reichen werde. Und so geschah es auch, denn die bereits gesammelten Dinge, welche verzögert zur Ablieferung gelangten, wurden vom Feinde an sieh genommen.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 17.

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85

SEVERIN FÄHRT VON PASSAU NACH MAUTERN

    Die Passauer hatten einst den heiligen Severin gebeten, für sie bei König Fewa, dem Fürsten der Rugier, Fürsprache einzulegen, damit er ihnen eine Handelserlaubnis erteile. Severin schlug aber die Bitte ab, denn, wie er meinte, die Tage der römischen Städte an der Donau seien gezählt. Es lohne sich nicht um Waren zu bitten, die man ja zu Passau doch nicht mehr werde brauchen können, da Stadt und Kastell öde sein werden. Ein vom Teufel besessener Priester beleidigte den Mann Gottes durch boshafte Rede, worüber dieser in Tränen ausbrach. Als man den Heiligen nach dem Grund seiner Betrübnis fragte, verhieß er Passau keine guten künftigen Tage mehr. Er sah vor seinem Auge den Untergang der Stadt. Bald hernach bestieg Severin ein Schiff und fuhr nach seinem alten Kloster Favianis, dem größten, das er errichtet hatte. Dieses lag über hundert Meilen von Passau entfernt in Ufernoricum.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 22.

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86

SEVERIN HEILT EINEN KRANKEN RUGEN

    Ein Rugier, der seit zwölf Jahren an außerordentlichen Knochenschmerzen litt, hatte die Gebrauchsfähigkeit seiner Gliedmaßen völlig eingebüßt. Seine Qual war infolge der langen Dauer in der ganzen Gegend bekannt. Da bisher alle Heilmittel nichts nützten, bettete ihn seine Mutter, eine Witwe, auf einen Wagen und brachte ihren Sohn zum Manne Gottes. Sie legte diesen vor die Klosterpforte und bat Severin unter unaufhörlichem Weinen um Heilung ihres einzigen Kindes. Gerührt von den Tränen der Mutter sprach er zu ihr: "Warum traust du mir Dinge zu, die ich nicht kann? Es liegt nicht in meiner Macht, so Großes zu wirken. Einen Rat jedoch gebe ich dir, der ich selbst von Gott Barmherzigkeit erfahren habe." Dann befahl er der Frau, den Armen etwas nach ihrem Vermögen zu geben. Unverzüglich zog sie rasch das Gewand aus, das sie an hatte, und beeilte sich, es unter die Bedürftigen zu verteilen. Als Severin davon hörte, bewunderte er ihren Eifer und befahl ihr zum andern mit folgenden Worten, ihre Kleider wieder anzuziehen: "Wenn dein Sohn vom Herrn geheilt mit dir heimgekehrt ist, dann wirst du dein Gelübde tatsächlich erfüllen." Nun ordnete er, wie gewöhnlich, ein paar Tage Fasten an und heilte nach inständigem Gebete zu Gott alsbald den Kranken und entließ ihn, der allein gehen konnte, wohlbehalten nach Hause. Als dieser hernach den dichtgedrängten Wochenmarkt am jenseitigen Ufer besuchte, bildete er für alle, die ihn sahen, ein erstaunliches Wunder. Seitdem nun dem Hoffnungslosen die Gesundheit wieder geschenkt worden war, begann das ganze Rugiervolk wiederholt den Mann Gottes aufzusuchen, um ihm seine freudige Ergebenheit zu bezeugen und Hilfe für seine Leiden zu erbitten.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 6.

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87

SEVERIN HEILT EINE KRANKE FRAU

    Als der heilige Severin einst zu Juvao weilte, brachte man zu ihm eine kranke Frau, die halbtot darniederlag. Man wollte bereits die Vorbereitung zum Begräbnis treffen, als man noch die letzte Anstrengung unternahm, die fast dem Tode verfallene Frau zu retten. Man legte den siechen Körper des Weibes vor die Tür der Zelle des Heiligen. Als dieser den Eingang zu seiner Klause versperrt fand, da das Bett den Zugang behinderte, sprach Severin zu den Angehörigen der Frau: "Was wollt ihr von mir?" Da antworteten die Wartenden: "Daß die Entseelte dem Leben wiedergeschenkt werde." Da entgegnete ihnen der Mann Gottes unter Tränen: "Was verlanget ihr von einem kleinen Mann große Dinge? Ich betrachte mich als völlig unwürdig. O, könnte ich doch Vergebung für Sünden erlangen!" Aber die Wartenden sprachen: "Wir glauben, wenn du betest, wird sie wieder zum Leben erwachen." Da warf sich der heilige Severin weinend nieder und betete. Als sich die Frau alsbald erhob, sprach der heilige: "Bringt nichts von alledem in Zusammenhang mit meinem Tun, denn diese Gnade habt ihr euch durch euren heißen Glauben verdient, und dies geschieht an vielen Orten und unter vielen Völkern, damit man erkenne, daß ein Gott ist, der Wunder wirkt im Himmel und auf Erden, der die Verlorenen zum Heile ermuntert und die Toten dem Leben wiedergibt." Die Frau aber begann um dritten Tag nach ihrer Genesung mit ihrer Arbeit auf dem Felde.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 14.

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88

SEVERIN HEILT EINEN KNABEN

    Als einst Severin zu Comagene (Tulln) weilte, erfuhr ein vornehmer Rugier von seiner Anwesenheit. Da er viel von den wanderbaren Heilungen gehört hatte, die der Mann Gottes anderorts vollbracht hatte, brachte er sein krankes Kind, das dem Tode näher als dem Leben war und bat den Diener Gottes um Heilung des kranken Knaben. Severin willfahrte der demütigen Bitte. Durch ein gemeinsames Gebet flehte er zu Gott. Da erhob sich der halbtote Knabe völlig genesen und kehrte mit seinem Vater heim.


Aus: Vita sancti Severini, Kap. 33.

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Diese Seite wurde am 15. August 2002 erstellt.