Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 3

Männer Gottes
Heft Nr. 3 (Doppelheft)

Teil 8

von Sage 140 bis Sage 147


140

DIE FRAU MIT DEN FEURIGEN FÜSSEN

    Zu Mautern lebte einst ein armer Fischer, welcher in der geheimnisvollen Walpurgisnacht (25. Februar) sein Fischernetz in den Donaustrom senkte. Sein letzter Tag hatte ihm keinen Fang gebracht und darum hoffte er nun, wenigstens in der Nacht einen reichen Fang zu machen. Sinnend sah er in den Strom, wo gurgelnd die Fluten an den Jochen des "Hölzernen Gatterns" vorbeieilten. Da sah er plötzlich hinter sich einen hellen Schein. Und als er sich umwandte, gewahrte er eine Frau, deren Füße Funken sprühten. Ihr Kleid erstrahlte in hellem Lichte. Sie bat ihn, sie, mit seinem Kahne, raschest an das andere Ufer zu führen, da sie verfolgt würde. Der Fischer willfahrte der Bitte der lieblichen Frau. Kaum waren Boot und Insassen vom Strand abgestoßen, so vernahm man Waffenklirren und Stimmengewirr am verlassenen Ufer. Als der Fischer das andere Gestade erreicht hatte, stieg die Frau aus dem Kahne und verschwand sofort im Uferholz. Ihre Füße aber hinterließen feurige Spuren. Da schlug es von den Türmen zu Mautern und Stein die erste Morgenstunde. Die feurigen Spuren und der Waffenlärm am jenseitigen Ufer waren wie weggefegt. Das unheimliche Geschehen war dahin, aber aus der tiefen Stille der Nacht erklangen die Worte: "Walpurga ist gerettet!" Jetzt erst wußte der Fischer, daß er die heilige Walpurga über den Strom gesetzt hatte. Er kehrte ans heimische Ufer zurück, stieg aus seiner Zille und wollte das Ruder aus dem Jöchl ziehen. Doch wie erschrak er, als er es aus dem Wasser zog. Das Ruderblatt war zu purem Golde geworden. Seine Hilfsbereitschaft war reichlich belohnt worden.


Frau Saga, IX. Reihe, S. 44, Nr. 75, und J. Plöttingers n.ö. Sagenbuch; sowie Dr. Plöckingers "Wachausagen" Nr. 79, Seite 86.

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141

WUNDERBARE HEILUNGEN BLINDER AM GRABE ALTMANNS

    Nach dem Tode des beliebten und verehrten Mannes Altmann suchten viele seine Grabstätte auf, um an dieser Stelle durch die Fürbitte des Heiligen Erlösung und Erleichterung von ihrem Leiden zu erlangen. Der Ruf seiner Wundertätigkeit verbreitete sich im ganzen Lande.

    So geschah es, daß ein kleines Mädchen aus Ponsee im Tullnerfelde, das durch lange Zeit das Augenlicht verloren hatte, am Grabe des heiligen Altmann sehend wurde. Auch eine Frau aus Markersdorf bei St. Pölten pilgerte, als sie von den wunderbaren Heilungen hörte, nach Göttweig an das Grab des Heiligen, erflehte seine Fürbitte und wurde wieder sehend.

    Da geschah es eines Tages, daß eine vornehme und fromme Frau des Adels, welche auf der Burg Hofstetten wohnte, mit einem erblindeten Mädchen zum Grabe des heiligen Altmann eilte. Hier verrichtete die Frau und das Kind innigste Gebete zu Gott und seinem frommen Diener und erflehten die Heilung vom traurigen Lose der Blindheit. Und tatsächlich wurde die Bitte erhört und das Mädchen gesundete. Aus Freude über dieses Wunder des Himmels nahm die fromme Frau das Mädchen an Kindesstatt an und behielt Truta, so hieß, das Kind, bei sich im Schlosse.

    Zur selben Zeit wurde eine Frau ans Böheimkirchen, die blind war, durch die Fürbitte des Heiligen zu dessen Freude sehend. Ein Weib aus dem Dorfe Minichhofen, das Heilka benannt war, wurde auf wunderbare Weise gleichfalls sehend, nachdem es durch neun Wochen kein Licht der Sonne mehr erblickt hatte. Auch ein Mann aus Hainfeld, der dortselbst Bürger war, hatte sich mit einem kleinen Ast ein Auge durchgestoßen und litt unheilbar an der völligen Erblindung desselben. Nachdem er bei den heiligen Reliquien des Bischofs Altmann vertrauensvoll und flehentlich gebetet hatte, wich der Schmerz und er erhielt die Gesundheit wieder.

    Ein armes Weib aus Bayern war mit ihrem kürzlich geborenen Kinde hieher gekommen, um sich zu verdingen und ihren Lebensunterhalt so zu verdienen. Sie stand im Dienste einer Frau in der Stadt Krems. Als sie in dieser Stellung einige Zeit tätig gewesen war, verspürte sie einen Schmerz in den Augen und verlor das Augenlicht. Und wehe, welch großen Wechselfällen war die bedauernswerte Frau unterworfen. Denn von welchem Schmerze wurde sie nicht gequält, die die Blindheit bedrängte und die schwere Last der Armut bedrückte? Denn weder sich selbst, noch dem kürzlich geborenen Kinde, für das sie noch mehr besorgt war, konnte sie helfen. Weil sie der Verlust des Augenlichtes zwang, aus dem Dienste der Frau zu treten, hörte die Frau auch auf, für den Lebensunterhalt zu sorgen. Als sie eines Nachts wegen des so großen Unglückes in Tränen ausbrach, erflehte sie von Gott wegen der Verdienste des seligen Bischofs inständig die Gnade des Augenlichtes. Und der, welcher das Verlangen der Sünder erhört, beachtete auch ihre Gebete und "sah ihre Tränen". Denn, als sie morgens aufstand, war sie, da sie wieder sah, vollständig arbeitsfähig.


Nach Kap. 59 und 60 der V.S.A.

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142

VON DER GICHTBESCHWÖRUNG ZU GÖTTWEIG

    Im Kloster Göttweig findet sich auch eine geheimnisvolle Beschwörungshandschrift aus dem Jahre 1373. Sie lautet: "Ich virbeden dir gycht bi der heyldin wandilungin, vnd bi den heyldin V wunden. Unseres Herren Jesu Christi und bei dem Blute, das Gott aus den fünf Wunden rann. Und bei dem ersten Menschen, den Gott auf Erden je gemacht oder je ließ geboren werden. Ich verbiete dir (Gicht), bei den drei Nägeln, die Gott durch seine Hände und seine Füße wurden geschlagen. Ich verbiete bei den vier Hulden, die da standen auf zwei Füßen und sprachen aus zwei Mütterleibe. Wer sie beide in rechter Liebe um alles das (bittet, was) möglich ist, das wollten sie ihm gewähren. Das war Maria, Gottesmutter und war Jesus Christus und war Meinfrau St. Elisabeth und war Meinherr St. Johannes der Täufer. Ich verbiete Dir (Gicht), bei dem gebundenen Urteile, das Gott wird geben über mich und über alle Toten und Lebenden. Ich, Jesu Christi, daß er den Martel auferlegt, durch mich und alle Christenheit. Ich verbiete dir bei der göttlichen Kraft, die da ist im Himmel und auf Erden, daß du mir, Gottes Knecht, nicht schadest: an allen meinen Gliedern, am Haupte, am Hirne, an Augen, an Zähnen, an Armen, an Händen, an Fingern, an Rippen, am Rücken, an Lenden, an Hüften, an Beinen, an Füßen an Zehen, an Adern, noch an allem, ob ich mich mag kehren oder wenden. Dazu helfe mir die Gotteskraft und das heilige Grab, wo Gott selbst darinnen lag, da alles erbebte, das da war.

    Pilatus sprach: Hast du Gesüchte oder Gegichte? Nein, ich inhabe sie nicht. Es sei Frau oder Mann: wer diese Worte bei sich trägt, der soll sicher sein, daß ihn die Gicht nimmer lähmen kann. Ich geleufe, daß kein Weib noch kein Mann, der diese Worte übersprechen kann. Wann der Sünder an dem Kreuze Gnade gewann, der mache mich Gottesknecht . . . . gesund an Seele und Leib, wie Maria war, da sie ihres lieben Kindes genas. Amen."


Nach J. Grimm "Deutsche Mythologie" (1835). Seite 136 der ersten Auflage.

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143

DIE KOLOMANISTATUE ZU MELK

    Auf dem Stiftsfelsen zu Melk steht ein Standbild des heiligen Koloman. Über dieses erzählt die Sage.

    Als Markgraf Heinrich I. daranging, dem Leichnam des heiligen Koloman eine würdige Ruhestätte zu suchen, berief er die Mönche von Klosterneuburg und Melk, um sich mit ihnen darüber zu besprechen. Doch bei der Beratung entspann sich ein heftiger Kampf um die Reliquien des Heiligen. Diese wollten sowohl die Klosterneuburger in ihrem Gotteshause haben, ebenso die Melker. Die Mönche des Klosters "Zum rinnenden Zapfen" beriefen sich darauf, daß der Heilige in ihrer Nähe gestorben sei, die Melker wollten, als eines der ältesten Stifte im Lande, sie gleichfalls haben und darum nicht nachgeben. Als keine Einigung zustande kam, meinten einige, man möge den toten Heiligen selber wählen lassen. Ja, ein Melker Mönch kam auf den Einfall, man solle eine Kolomanstatue anfertigen, sie auf halbem Wege zwischen den zwei uneinigen Stiften der Donau übergeben und so den Heiligen entscheiden lassen, wohin er gebracht werden wolle. Die Klosterneuburger stimmten zu, sie freuten sich schon im Stillen des Sieges, denn sie waren gewiß, daß das Holz nicht stromauf schwimmen werde, und so verfertigte man eine einfache Holzstatue. Doch siehe! Kaum war das Holzbild den Wellen übergeben, da bewegte es sich, o herrlich Wunder langsam stromauf und schwamm weiter, bis es endlich unter dem Kloster Melk stehen blieb. Angesichts des Wunders, gaben die Klosternenburger nach, und der Leichnam des Heiligen wurde in festlichem Zuge von Stockerau nach Melk getragen. Dort wurde er in einem prunkvollen Schrein beigesetzt.

    Die Wunderstatue aber wurde zur Erinnerung an jene Begebenheit auf einem Felsen unterhalb des Stiftes Melk aufgestellt.


Aus J. Pöttingers "Volkssagen Niederösterreichs", Seite 147, Nr. 86.

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144

SANKT THOMAS ALS BETTELMANN

    Wo die dunklen Fluten des Kamp-Stauteiches sich heute finden, blickt man über sie hinweg in verlassenes Land. Die Orte sind entvölkert, ihre Häuser verfallen. Kühbach und Pötzles grüßen aus der Ferne mit ihren Ortsresten herüber. Dort erzählte man einst folgende Sage.

    Vor vielen hundert Jahren kam einmal ein fremder und blinder Bettelmann, den ein Hund geführt hat, in den Dachsgraben zwischen Pötzles und Kühbach. Da blieb der Hund bei einem Holunderbaume stehen und verbellte ihn. Als der Bettler mit seinem Stock an dieser Stelle zu graben anfing, sprang eine Ouelle aus dem Boden. Mit dein Wasser wusch er sich die Augen und wurde sehend. Dieser Bettelmann war niemand anderer als der heilige Thomas. Wie das Wunder bekannt geworden ist, hat man ihm zu Ehren das Thomaskirchl erbaut und das Bründel "Thomasbründel" genannt. Da das Wasser gegen Augenkrankheiten sehr heilsam war, wurde das Kirchlein stark besucht. Es wurde zum Wallfahrtsort. Später wurde es abgebrochen und noch heute künden Reste des Gemäuers von einstigen Heiligtume.


Nach Frau Saga, 6. Reihe, Seite 119, Nr. 203, Aufzeichnungszeit 1887.

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145

SANKT NIKOLAUS MIT DEM ROTEN HERZEN

    Als auf dem Donaustrom die alten Ruderschiffe fuhren, bangte mancher Schiffer, wenn er am Adlerfelsen, der vor dem Schlosse zu Dürnstein in der Donau lag, vorbeifahren mußte, um Schiff und Leben. Als einst in einer stürmischen Nacht ein Schiffer seine verspätete Fahrt beenden wollte, konnte er sein Schiff nur darum mit knapper Not vor dem Stranden bewahren, da auf der Rampe des Kirchturmes zu Dürnstein ein flackerndes Licht ihm den Weg wies. Dortselbst stand das steinerne Standbild des Schiffer-Schutzheiligen St. Nikolaus, der heute noch das Schiffsattribut in Händen hält und zu seinen Füßen einen Engel mit einer rotleuchtenden Laterne beigegeben hat. Bis zum Aufhören der Ruderschiffahrt brannte des Nachts in der Herzlaterne immer ein warnendes Licht, das den Weg zum Ufer wies.


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Rud. Riedel, Dürnstein, 1923.

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146

DIE VIER UNHÖFLTCHEN EVANGELISTEN

    Auf dem herrlichen Barockkirchturm zu Dürnstein stehen auf dem steinernen Turmhelm die vier aus Stein gemeißelten Evangelisten Johannes - Lucas - Markus und Mathäus. Deren gar eigenartige Handbewegungen veranlaßten, eine lustige Sage.

    Als einst der Herr die Donau herabwanderte, kam er auch an Dürnsteins Kirchturm vorbei. Er war müde und sehnte sich nach Ruhe. Um das schöne Donautal überblicken zu können, wollte er auf einem hochgelegenen Plätzchen Rast halten. Da sah er auf dem Kirchturme zu Dürnstein seine Gehilfen stehen und er beschloß, zu ihnen emporzusteigen. Oben angekommen, begrüßte er die steinernen Vier. Doch diese nickten nur wortlos ihrem Herrn und Meister zu. Als er sie um ein geruhsames Plätzchen bat, wiesen sie mit stummer Gebärde ihn von einem zum andern. So blieb ihm nichts anderes übrig, als wieder vom Turme herabzusteigen und weiter zu wandern, da die vier unhöflichen Gesellen kein Plätzchen für den Herrn des Himmels wußten.


Gew.: Bürgerm. Fl. Plaschko, Dürnstein. Aufz.: Riedel Rud., Dürnstein (1925).

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147

DAS WUNDERTÄTIGE BILD ZU IMBACH

    In der alten Frauenklosterkirche zu Imbach findet sich ein geheimnisvolles Heiligenbild, dem das Volk Wunderkraft zuschreibt. Es stellt eine Frau lieblichen Angesichtes dar, die lang herabwallendes Blondhaar trägt. Eine Legende kündet uns:

    "Das erst Zeichen, einer lag gefangen pay mailant. Der wart verurteilt dem tod. Da ruft er an das pilt. Mocht ihm der züchtig es nit tun. Auch sin an ainem tag v Kindl gesunt woren. Auch hangen waiss rosen von denen prach dy hertzogin vo mailant aine ab des morgens bas."

    Die Sage umwebt das Bild. Keiner vermag zu künden wer der Stifter desselben war, woher es stammt. Seitdem die Nonnen wichen - verschollen für immer.


Österr. Kunsttopographie, I, Bd., Seite 191, und "Frau Saga", 2. Reihe, Nr, 39.

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Diese Seite wurde am 17. August 2002 erstellt.