Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 8

Versunkene Schätze
Heft Nr. 8 (Doppelheft)

Teil 7

von Sage 281 bis Sage 289



281

DAS VERSUNKENE SCHLOSS
IM SEEFLECK

    In einer mondhellen Nacht ging einmal mein Großvater mit seinem Freund in den Wald auf Dachsfang. Da hörten sie plötzlich um die Mitternachtsstunde starkes Kettengerassel. Nicht ahnend, was das zu bedeuten habe, versteckten sich beide hinter einem Busch. Da bemerkten sie zu ihrem Entsetzen, wie auf der Waldstraße ein Reiter, in einen weiten, schwarzen Mantel gehüllt, auf einem Rappen dahergetrabt kam. Ein Mann führte das Pferd am Zügel, und einer war mit schweren eisernen Ketten an den Schweif des Pferdes gebunden. Neugierig verfolgten mein Großvater und sein Freund den Weg, den dieser unheimliche Reiter mit seinen Gefährten einschlug. Und siehe! Er führte zum „Seefleck“, bei Wolfenreith, wo einst ein prächtiges Schloß gestanden hatte, das aber zur Strafe für die Untaten des Schloßherrn und seiner Kumpanen in einer schaurigen Unwetternacht in der Tiefe versank. An Stelle des Schlosses breitete sich ein großer See aus, und noch heute gibt es im „Seefleck“ viel Wasser und Sumpf.


Gew.: Walter Hellerschmidts Großvater. Aufz.: Walter Hellerschmidt. 1950. Eingesendet von der Schule Groß-Heinrichschlag.

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282

VOM VERSUNKENEN SCHLOSS
IM BRUNNFLECK

    Neben der Straße von Ober- nach Unter-Bergern liegen Wiesen und Felder. Die Wiesen werden die „Brunnwiesen“ genannt. Vor vielen Jahren soll dort ein prächtiges Schloß gestanden sein. Die Schloßherrin und ihr Gesinde lebten in Saus und Braus dahin. Es wird erzählt, daß sie das Weißbrot auf unglaubliche Weise verschwendeten. Eines Tages veranstaltete die Schloßbesitzerin ein großes Fest. Dabei wurde so gepraßt, daß so mancher Arme mit den Resten, die weggeworfen wurden, seinen Hunger hätte stillen können. Aber als das Fest dem Ende zuging, versank das Schloß mit allen Menschen in die Erde. Die Schloßherrin soll noch manchem erscheinen, der in der Geisterstunde dort vorbeigeht. Von den Leuten wird sie die „Weiße Frau“ genannt, weil sie als weißgekleideter Geist erscheinen soll.

    Dort, wo angeblich das Schloß stand, sind heute noch sumpfige Stellen in den Wiesen.


Aufz.: Vigne Christiane. Gew.: Gallauner Theresia. 1952.

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283

DIE VERSUNKENE STADT BEI
HÖBENBACH

    Von einer Örtlichkeit nächst Höbenbach, der Wiese beim „Huber Hansl Kreuz“, erzählt man die Sage einer versunkenen Stadt.

    Hier, an dieser Stelle, sei vor vielen Jahren einst eine große Stadt gestanden. Es war auch eine schöne Stadt. Eine prächtige Kirche nannten die Bewohner ihr Eigen. Da versank eines Tages der ganze Ort in die Tiefe, nur das Kirchturmkreuz sah aus dem Boden heraus. Aber auch dieses versank nach und nach immer tiefer im Erdboden. Doch geschah dies erst nach vielen Jahren. In der Zwischenzeit mähten die Bauern auf den sich um das Kreuz erstreckenden Wiesen Jahr für Jahr das Gras ab. Doch eines Tages war auch dieses verschwunden. Nur die alten Leute wußten um das Geheimnis, das sie aber immer weiter überlieferten. Sie erzählten davon, daß man an besonders schönen und klaren Sommertagen im „Müllnerbründel“ tief in der Erde Schoß den Turm der versunkenen Stadt sehen könnte. Auch einen Teil der Stadtmauer des versunkenen Städtchens soll man beim „Huber Hansl-Kreuz“, das sich zwischen Höbenbach und Eggendorf befindet und dort mitten im Felde steht, wahrnehmen können! Mit Stolz sprachen sie von der Größe ihrer einstigen Stadt, die in schwerer Zeit ihr Ende gefunden haben soll.


Gew.: Großmutter der Aufzeichnerin Irmgard Fink. 1952.

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284

DIE VERSUNKENE STADT AM
JAUERLING

    Nächst dem Dorfe Zintring stand vor vielen hundert Jahren eine schöne und große Stadt. Ihre Bewohner führten ein lasterhaftes Leben, waren gottlos und mieden Gottes Wort und Kirche. Darüber war der Pfarrer der Stadt verzweifelt. In seiner Betrübnis nahm er eine Hacke und schlug in wildem Zorn über seine anvertraute Gläubigenschar mit dieser, einen Fluch über die Sündhaften ausstoßend, dreimal an die Türschwelle der Kirche. Schaurig gellte weithin seine zornerfüllte Stimme. Kaum waren seine Worte verhallt, verfinsterte sich der Himmel und unter Donnerrollen versank die Stadt, dessen Bewohner samt der Kirche im sich öffnenden Erdboden. Noch lange soll eine Tafel von dieser Begebenheit gekündet haben. Ihre Inschrift vermochte aber niemand zu enträtseln. Sie steht heute nicht mehr. Wenn aber das Volk auf der Wiese mäht, sagt es, daß man bis auf die Kirchturmspitze heran mähe.


Aus dem unveröffentlichten Sagengut der Sammlung Dr. H. Plöckinger. 1924.

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285

DIE VERSUNKENE KIRCHE

    Unweit des Dorfes Zintring am Jauerling findet sich eine Wiese, die als die „Verwunschene Wiese“ bezeichnet wird. Einst stand an dieser Stelle die Kirche eines großen Dorfes, das durch die Lasterhaftigkeit seiner Bewohner in der Tiefe der Erde versank. Auch das Gotteshaus wurde vom gleichen Schicksal ereilt. Einst sah ein Hirte auf der Wiese einen Stock aus dem Boden ragen. Als er diesen aus der Erde ziehen wollte, wurde er gewahr, daß es das Turm-Kreuz der versunkenen Kirche war.


Aus Kisslings „Frau Saga“. 6. Reihe, Seite 73, Nr. 111.

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286

DAS VERSUNKENE KLOSTER

   Bei Zintring (oder Goßam) stand einst ein Kloster, dessen Bewohner mit der Zeit in ein gotteslästerliches Leben verfielen. Nur der Abt blieb fromm. Als ihn einst die anderen Klosterinsassen wegen seiner Gottesfurcht verlachten, verfluchte er sie und das entheiligte Kloster und entfernte sich dann. Kaum hatte er dem Kloster den Rücken gekehrt, da zuckten Blitze um das Kloster und es versank mit Mann und Maus im Erdboden.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 4. Reihe, Seite 105, Nr. 140.

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287

DAS GRUB WIESENSCHLOSS

    Am Wege von Zintring nach Grimsing liegt an der Abkürzung die Grubwiese. Hier stand einst vor Zeiten ein Schloß, das in stockdunkler Nacht versunken sein soll. Seine einstigen Bewohner hatten das Unheil durch ihr lasterhaftes Leben heraufbeschworen, denn sie frönten Tag und Nacht dem Spiele. Viele Jahrhunderte waren schon vorübergegangen, als eines Nachts um die Mitternachtsstunde ein Mann an der Wiese vorbeiging. Er kam von Maria-Laach und ging nach Grimsing heimwärts. Da es an dieser Stelle des Weges nicht mit rechten Dingen zuging, eilte der nächtliche Wanderer, um ja rasch aus dem Bereich dieser unheimlichen Gegend zu kommen. Er warf einen scheuen Blick bald dahin, bald dorthin. Da gewahrte er zu seinem Entsetzen auf der Grubwiese eine Schar geisterhafter Gestalten, die eifrig ihr lasterhaftes Spiel trieben. Sie saßen an jener Stelle um eine am Boden liegende große Steinplalte, wo vor grauer Zeit das Schloß gestanden hatte. Die Karten klatschten auf den Stein und das Geld klirrte. Ein großer Haufen desselben lag neben den Spielern. Durch das Spiel angezogen, eilte der Mann auf die Gestalten zu und sah ihrem Treiben zu. Als der Unerschrockene schon einige Zeit stumm dabei gestanden halte, erhob sich plötzlich ein geisterhafter Spieler und wandte sich ihm zu. Darüber erschrocken, entfloh er und rannte, so schnell ihn seine Füße tragen konnten, seinem Hause zu. Es war ein Hetzen über Stock und Stein, denn die Angst trieb den „Kibitz“ zu eiligem Laufe an. Schweißgebadet erreichte er die Dachtraufe seines Hauses, ohne daß der Geist seiner habhaft geworden wäre. Kaum hatte der Flüchtige seinen Fuß über die Dachtraufe gesetzt, war der nacheilende Geist seinen Blicken entschwunden und zeigte sich nie mehr wieder.


Gew.: Maria Bachinger, Grimsing 17. Aufz.: Therese Budünger. 1952.

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288

DIE VERSUNKENE STADT

    Zu Sankt Michael, stand einst vor Zeiten eine Stadt. Die Bewohner derselben waren wohlhabend und wurden durch Überfluß und Reichtum Gott entfremdet. Ihr Übermut und ihr lasterhaftes Leben nahm von Tag zu Tag zu, und wenn Sonntag die Glocken zur Kirche riefen, folgten die Gottlosen ihrem Rufe nicht. Eines Tages war es so weit, daß der Priester, trotzdem es Sonntag war, allein in der Kirche anwesend war, denn kein Bürger wollte mehr Gottes Wort hören. Der Pfarrer seufzte aus tiefer Seele und sprach: „So eine Stadt der Sünde sollte, o Herr, von dieser Welt hinweg versinken!“. Und siehe da, des frommen Mannes Wort wurde zur Wirklichkeit. Die Stadt versank mit allen Menschen und Schätzen in die Tiefe der Erde. Kein Silbergulden und auch kein goldener Dukaten blieb von all den Schätzen zurück. Doch an der Stelle, wo einst die Stadt gestanden hatte, breitete sich eine weite Wiese aus, die mit den herrlichsten Blumen bestanden war, welche gleich einem güldenen Dukaten eine große Scheibe hatten, die von einem Kranz silbriger Blütenblätter umringt war. Diese herrlichen Blumen, die man als Orakelblumen kennt, künden uns noch heute an dieser Stelle von der Strafe des Herrn an dieser gottlosen Stadt. Und wenn im Frühling alljährlich diese Blumen erblühen, soll um Johanni immer leises Glockengeläute durch die Lüfte klingen.

    Da trug es sich zu, daß ein kleiner Hirtenbub auf der Wiese, die an jener Stelle sich findet, wo einst die stolze, prächtige und sündhafte Stadt versank, Grillen aus ihren Löchern kitzelte. Diese krochen tiefer in den Boden, aber der Bub grub ihnen nach. Da sah er es auf einmal golden blinken. Schnell lief er heim, um einen Spaten zu holen. Er glaubte einen Schatz gefunden zu haben und wollte diesen nun heben. Er grub tief in den Boden, und als er glaubte tief genug gegraben zu haben, stieg er in das Loch. Siehe da, er stand auf einem Kirchendach, das von einem goldenen Kreuz überhöht war. Da er aber beim Anblick dieser Sache hilflos war, steckte er seinen Stock vor das Loch, lief abermals heim und holte aus dem Dorfe Helfer. Als aber die große Schar auf die Wiese kam, waren Stock und Loch verschwunden. Leise wiegten sich die Blumen im Wind und ein leises Läuten klang durch die Lüfte. Es klingt fort, Jahr für Jahr, aber seit damals sah kein Mensch mehr das goldene Kirchturmkreuz der versunkenen Stadt.


Entnommen dem Volkszeitungskalender; 1933.

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289

DIE VERSUNKENE DONAUSTADT

    Vor vielen Jahrhunderten gab es an der Donau große Städte, die heute verschollen sind. In der Sage leben sie weiter und so erzählt man von der Donaustadt bei Donaudorf nächst Theiß:

    Wenn der Vollmond das weite Land unterhalb Krems beim Dorfe Theiß in sein silbriges Licht taucht, erglänzen die Donauwogen im Schimmer des Mondes, der sie zu gleißendem Silber werden läßt. Düster ragen dann die Pappeln, Erlen und Weiden im Auwald in die helle Mondnacht. Das geheimnisvolle Rauschen der Donauwellen läßt die Nacht schaurigschön erscheinen. Auch die weit vom Strome abliegenden Lacken der Donau werden dann silbrig glänzend und ihr Wasser ist nun klar und rein, sodaß es tief auf den Grund blicken läßt. Die Kirchenlacke bei Donaudorf gibt darin den Blick in ihre geheimnisvolle Tiefe frei. Dort spiegelt sich das Bild einer großen Stadt, die hier einst vor Zeiten stand. Sie versank in den hochgehenden Wogen der Donau mit all ihren Häusern, Kirchen und Menschen. Noch heute sieht man in den Vollmondnächten am Grunde des nie versiegenden Gewässers den Kirchturm der Donaustadt aufragen, der in großen Notzeiten, wenn Trockenheit das Land plagt, selbst aus der Lacke auftaucht. Tief unter dem Schotter der Donau liegen nun heute die Trümmer dieser alten Siedlung, deren Glocken man aus der Tiefe klingen hören will, wenn man in die Stille der Vollmondnacht lauscht. Doch einst geschah es, daß nicht weit ab ein weidender Stier im Boden scharrte. Da ragte plötzlich ein großer Klumpen aus dem Boden. Als das neugierige Volk herbeieilte, mußte es wahrhaben, daß eine große Glocke aus der geheimnisvollen Tiefe ans Tageslicht gelangt war. Während man diese in Hollenburg wieder erklingen ließ, schaffte man aus der versunkenen Kirche ein herrliches Kleinod, ein Madonnenstandbild nach dem Pfarrdorfe Haitzendorf, wo es noch heute bewundert wird. So steigt geheimnisvoll aus der Mutter Erde Schoß manch verschollenes Gut zu neuem Leben empor.


Aus Dr. Plöckingers Sagensammlung. Ferner eingesandt von den Schulen Theiß und Rohrendorf. 1926, 1952. Kisslings „Frau Saga“, 4. Reihe, Seite 32, Nr. 105.

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Diese Seite wurde am 5. Januar 2005 erstellt.