Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 8

Versunkene Schätze
Heft Nr. 8 (Doppelheft)

Teil 8

von Sage 290 bis Sage 297



290

RIEDWEIS

    Auf halbem Wege von Groß-Motten nach Pallweis lag vor vielen hundert Jahren zwischen sanften Höhen eine Ortschaft mit einer Kirche. Diese Ortschaft trug den Namen Riedweis. Die ehemalige Verbindungsstraße von Groß-Motten nach Lichtenau ist heute ein gut erhaltener Feldweg.

    Als die Schweden in das Land hereinbrachen und viele Dörfer und Märkte vernichteten, da wurde auch Riedweis dem Erdboden gleichgemacht. Die Einwohner wurden verjagt oder erschlagen, sodaß diese Stätte für keinen Menschen mehr Heimat war. Als die Kriegszeit vorüber war, und vielleicht doch einige Riedweiser dem Tod entronnen waren, kehrten auch diese nicht ins alte Heimatdorf zurück. Erst viele Jahre später entstand weiter südlich an der alten Verbindungsstraße nach Brunn eine neue Siedlung. Sie erhielt den Namen Pallweis. An den Hängen einer Talmulde liegen die schmucken Häuschen, während vom alten Riedweis nur noch kümmerliche Mauerreste zu finden sind, deren Herkunft sich niemand erklären konnte. Erst allmählich verbreitete sich die Kunde von dem verschwundenen Riedweis. Bei zufälligen Grabungen fand man angeblich einmal eine Monstranz. Nach der Meinung der Leute soll damit der Beweis erbracht sein, daß dort die Kirche von Riedweis gestanden haben soll.


Gew.: Denk Ernst. Aufz.: Walter Landertshammer, 1952. Eingesendet von der Schule Rastbach.

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291

DER HEILIGE BRUNNEN

    Auf einer lieblichen Waldwiese, auf dem Wege zwischen Seeb und Wurschenaigen, findet sich ein geheimnisvoller Brunnen. Dieser soll der letzte Rest eines schönen Dorfes sein, das an dieser Stelle einst stand. Vor vielen Jahren versank das Dorf im Schoße der Erde. An der Stelle der Dorfkapelle entsprang nach dem Untergange des Ortes eine klare Quelle, die ein Brünnlein speiste, in dessen Wasser sich einst das Bildnis der Gottesmutter dem Volke zeigte.


Gew.: Franz Mayrhofer, Seeb. Aufz.: Mayrhofer Berta. 1952.

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292

DAS PFAFFENBERGKLOSTER

    Einst stand auf dem Pfaffenberg nächst dem Förthof ein Kloster, das Mönche bewohnten. In der Schar der frommen Brüder lebte auch ein böser Bruder, der dem Heiden glauben nur zum Scheine abgeschworen hatte. Sein Trachten ging dahin, das Kloster samt seiner Bewohnerschaft zu vernichten. Einst geriet er so in Wut, daß er beschloß, das Heim der Brüder durch Feuer zu zerstören. Sein Vorhaben mißlang jedoch. Da fluchte er ganz fürchterlich und sein Fluch glich einem Donnerrollen. Der Mönch und das Kloster verschwanden spurlos von dieser Erde. Seit jener Zeit heißt der Berg „Pfaffenberg“.


Gew.: Flora Mach, Mautern. Aufz.: Ohmayr Ingrid. 1952.

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Wie die Sonne in die Nacht versinkt
In's Traumland ferner Welten,
Wie der Funke in ein Nichts verblinkt,
Wo Sterne nichts mehr gelten!

Verschlungen einst vom Erdengrund
Viel stolzer Städte Pracht,
Nun schlummernd ohne Zeit und Stund'
In tiefer Grabesnacht.

Ob Eichenwälder drüber rauschen,
Sie deckt der Wüstensand,
Am Meeresgrund den Wogen lauschen,
Ob dürres Heideland.

Gefallner Tempel Säulen,
Versunkner Städte Pracht,
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Es klagen nur dort Eulen
In mondheller Nacht.

L. Sturm a


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S C H U L D   U N D   S Ü H N E


Ein freies Leben führen wir,
Ein leben voller Wonne
Der Wald ist unser Nachtquartier,
Bei Sturm und Wind hantieren wir,
Der Mond ist unsre Sonne,
Merkurius ist unser Mann,
Der's Praktizieren trefflich kann.

*

Und wenn mein Stündlein kommen nun,
Der Henker soll es holen!
So haben wir halt unsern Lohn
Und schmieren unsre Sohlen,
Ein Schlückchen auf dem Weg vom heißen

  

Traubensohn,

Und hurra, rax dax! gehts als flögen

 

wir davon.


Aus Friedrich Schiller: Die Räuber


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293

DER RÄUBER UND DER HANDWERKS-
BURSCHE

    Einst, als sich noch dichter Wald stundenweit im Umkreis des Kamptales erstreckte, und nur wenige Wanderer den Weg durch den Wald nahmen, hauste darin der Räuberhauptmann Grasl mit seiner Bande. Die Armen fürchteten Grasl nicht im geringsten, denn, wenn er denselben helfen konnte, tat er es. Seine Spießgesellen hatten den Auftrag nur Reiche zu berauben, Arme aber ungeschoren zu lassen. Darauf vertraute auch ein Handwerksbursch und ging durch den Mödringer Wald seinem Heimatorte zu. Auf einmal sprangen aus dem Dickicht wilde Kerle, darunter auch ein häßlicher Rothaariger. Als die Räuber erkannten, daß sie einen armen Handwerksburschen vor sich hatten, verschwanden sie wieder im Walde. Nur der Rote machte sich an den Burschen heran und nahm ihm sein Bündel ab, ihn mit der Pistole bedrohend. Betrübt setzte der Handwerksgeselle seinen Weg fort. Da stand plötzlich ein Jäger vor ihm, der ihn nach seiner Betrübtheit fragte. Nun erzählte der Bursche, was ihm zugestoßen sei und sagte zum Schlüsse: „Ich hab geglaubt, der Grasl tue den armen Leuten nichts an, aber jetzt hab ich von ihm eine andere Meinung.“ Da befahl der Jäger dem Burschen mit ihm zu kommen. Beide gingen querwaldein, bis zu einer kleinen Lichtung, wto der Jäger dreimal auf eine eigentümliche Weise pfiff. Alsbald kamen von allen Seiten etwa zwanzig verwilderte Kerle daher, die sich nun in eine Reihe stellen mußten. Darauf fragte der Grasl, denn das war der Jäger, wer von ihnen dem Burschen das Felleisen abgenommen hätte. Keiner antwortete, nur der Rote wurde totenblaß. Da rief der Grasl den Handwerksburschen, der sich vorher hinter einem Gebüsche verstecken mußte, herbei und forderte ihn auf, den Räuber seiner Habe zu bezeichnen. Der Wandergesell zeigte auf den Roten, der nun das Bündel herbeibrachte. Grasl gab dem Handwerksburschen dasselbe wieder zurück und händigte ihm dazu noch zwei blanke Theresientaler ein, worauf er ihn entließ. Zu den Räubern aber sagte er: „Habe ich euch nicht gesagt und schwören lassen, die Armen zu schonen?“ Darauf krachte ein Schuß, und als sich der Bursche umwandte, sah er, wie der Rote tot zu Boden stürzte. Grasl hatte ihn gerichtet.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 1. Reihe, Nr. 17.

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294

DER POLAKENKOPF

    Als der Aggswald sich noch weithin erstreckte, war er ein verrufenes Gebiet. Im tiefen Wald hausten Räuber, die Wanderer überfielen und beraubten, ja selbst oft mordeten. So trug es sich zu, daß ein Kaufmann spät abends seines Weges ging. Da brach aus dem Waldesdunkel plötzlich ein wüster Geselle hervor, der über den Reisenden herfiel und ihn beraubte. Seine drohenden Gebärden hatten den Kaufmann furchtsam gemacht, sodaß er ihm seine Habe übergab. Hernach suchte der Räuber das Weite. Doch bald wurde er ergriffen und mußte für seine Freveltaten büßen. Man führte ihn auf den Gipfel des nächstgelegenen Berges und hing ihn an einen Baum. Als sein räuberisches Leben geendet hatte, nahm man ihn ab, trennte den Kopf vom Leibe und steckte ihn auf einen Pfahl. Da der Wegelagerer ein Polake war, nannte man fürderhin den Berg „Polakenkopf“.


Aus Dr. Plöckingers unveröffentlichtem Sagengut. Aufzeichnung 1926.

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295

DIE RÄUBER VON HOHENSTEIN

   Als vor Zeiten die Burgruine Hohenstein im Kremstale noch besser erhalten war und auch die Burgkapelle noch bestand, stiegen einst drei Räuber durch ein Fenster in die Kapelle und von hier in die Totengruft unter derselben. Da standen die Särge der einstigen Burgbesitzer, von denen die Eindringlinge einen öffneten. In einem großen Steinsarg stand ein Bleisarg und in diesem erst der Totenschrein. Als sie denselben öffneten, sahen sie vor sich eine Rittersfrau in herrlichem, goldgesticktem Kleide. Funkelnder Schmuck glänzte ihnen entgegen. Da griffen ihre gierigen Hände zu, aber da zerfiel alles zu Staub und vom glitzerndem Golde und Gestein war nichts mehr zu sehen. Voll Schreck entflohen die Grabschänder aus der Gruft, Kapelle und Burg. Verstört eilten sie davon. Man faßte sie aber und hing sie an den Galgen.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 6. Reihe, Seite 58, Nr. 76.

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296

DIE ERBLINDETEN RÄUBER

    Paul Mayhoffer, ein Untertan der Herrschaft „Pranthof in Falzau“ ein einsamer Bauersmann, schlicht, gottesfürchtig, voll kräftigen Zutrauens auf die göttliche Jungfrau in Ranna, wurde nachts im Jahre 1664 von raubgierigen Soldaten wütend überfallen. Schon waren sie durch die Fenster ins Haus eingestürzt, und Paul, der wußte, daß er ohne allen menschlichen Beistand sich allein überlassen war, nahm in der Angst seines frommen Herzens sogleich seine gewöhnliche Zuflucht zur wunderreichen Rannamutter und erhielt auch wirklich Erhörung und erstaunliche Hilfe. Denn diese fünf Räuber wurden auf der Stelle mit Blindheit bestraft und dadurch aus der Wut so in die Angst verkehrt, daß sie ihn, den nämlichen, den sie zu plündern gekommen waren, nun zu ihrem Beistand jammernd ansprachen. Der gutmütige Paul ließ es hier auch nicht an frommer Gesinnung fehlen, kam, soviel in seinen Kräften stand, den bebenden Erblindeten mit christlicher Liebe zu Hilfe und führte sie auf einem Wagen zu ihrer Fahne zurück.

    Tags darauf erfüllte er sein Gelübde und ließ den Prior den ganzen Vorfall vollständig und authentisch bezeugen.


Aus Friedrich Reil's "Donausagen'.

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297

DIE VERRUFENE TAVERNE

    Der große Gasthof in Meldung im Tale war für die alten Leute immer etwas Unheimliches. Sie wurde namentlich von Kühe- und Schweinetreibern auf dem Weg zum oder von dem schon zu alter Zeit viel besuchten Gföhler Viehmarkte gerne aufgesucht. Es hieß aber, daß so manche von ihnen auf dem Heimweg hier beim Übernachten ihres Geldes beraubt worden wären und für immer verschwunden seien. Auch bei der „Hochbruck“, ein Stück oberhalb des Gasthofes, sollen viele Leute ermordet worden sein. Ja, in der mit dem Wirtshaus verbundenen Fleischerei sei sogar öfter das Fleisch solcher Opfer ausgeschrotet worden. Natürlich haben auch verschiedene Räuber hier gerne Unterschlupf gesucht, darunter auch der berühmte Grasl.

    Wegen vieler Überfälle ist die „Hohe Brücke“ seit jeher von den Bewohnern der Umgebung gefürchtet worden, um so mehr, weil sich dort vor vielen Jahren die Räuber Först und Kiwitzl aufhielten. Sie lauerten am Straßenrande und überfielen und beraubten die Wanderer und Fuhrleute. Heute noch warnt man die Kinder mit folgenden Worten vor der unheimlichen Brücke: „Schau, daß Dir bei der hohen Brücke nichts geschieht!“


Gew.: Franz Pemberger, Meidling. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, 1927.

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Diese Seite wurde am 5. Januar 2005 erstellt.