Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 9

Teufelswerke
Heft Nr. 9 (Doppelheft)

Teil 1

von Sage 298 bis Sage 311


298

DAS HEIMLICHE GERICHT

    Hoch über dem Kremstale thront eine mächtige Felsgruppe, die das „Heimliche Gericht“ heißt. Hier sah man in früherer Zeit oft bei Nacht Menschen im Fackelschein auf die steilen Felswände klimmen, um hier aus ihrer Mitte einen, der durch Diebstahl oder Mord das Recht gebrochen hatte und vom Gerichte der Herrschaft mit dem Tode bestraft worden war, vom Leben zum Tode zu befördern. Man stellte den Übeltäter auf den steil aufragenden Fels und stürzte ihn in die dunkel gähnende Tiefe des Felsabsturzes. Es fiel sein Leib in den Abgrund, wo er zerschmettert liegen blieb. Die Sage weiß auch zu berichten, daß hier zu geheimnisvoller Stunde in einsamer Bergeshöhe das Femegericht einst tagte und seine Urteile an Ort und Stelle vollzog.

Gew.: Heinrich Hengstberger, Felling. Aufz.: Zierlinger Adolf, 1952.

zum Inhaltsverezeichnis

299

DAS FEMEGERICHTSSTÜBERL

    Im Brandhofe, des Spitzergrabens hielt man einst, so berichtet die Sage, Femegerichtszusammenkünfte ab. Dazu diente ein Gewölbe, das vom Hofe des Gebäudes zugänglich war, heute noch besteht und das „Femgericht“ genannt wird. Im Raume steht eine wuchtige Steinsäule, die ein niedriges Gewölbe trägt. Am Säulenkopf zieren Blätter und ein blasender Hirte die Stützsäule. In der Mitte stand einst ein steinerner Tisch auf dem früher der Femgraf und seine Mitrichter saßen. Der Raum ist düster, und wenn man an, die Wände klopft, klingen sie hohl, denn dahinter sollen sich verborgene Gemächer befinden, die einst als Kerker dienten. Hier wurden heimlich vorgeladene Verfemte verurteilt, die schuldig befunden wurden. Neben dem Gewölbe fand sich die Kapelle, in die man durch eine kleine Pforte eintreten konnte. Hier konnte auch der Gerichtete sein letztes Gebet verrichten.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe, Seite 12, Nr. 4.

zum Inhaltsverezeichnis

300

DER WUNDERBURGGALGEN

   Als einst die Landgeriehte noch Recht sprachen, galt der Wahrspruch „Aug um Aug, Zahn um Zahn“. So wurde der Mörder für seine Tat gerichtet. Er wurde entweder geköpft, gerädert, gevierteilt, gehenkt gereckt oder auf vielerlei Art zu Tode befördert.

   Die Wunderburg zu Dürnstein sah viele böse Menschen sterben, denn auf dem kahlen Hügel stand der Galgen. So mußte im Jahre 1734 eine grausame Mutter auf der Richtstätte den wohlverdienten Tod erleiden, denn sie hatte ihr achtjähriges Söhnlein erstickt und mit einem Handbeil erschlagen. Als Söhne schlug ihr der Scharfrichter von Arbesbach das Haupt vom Leibe.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe Seite 26, Nr. 28.

zum Inhaltsverezeichnis

301

DAS HERZ UMS MAUL GEHAUEN

   Einst faßte man zu Dürnstein einen Wegelagerer, der im peinlichen Gerichtsverhör viele Morde und Gewalttaten einbekannt haben soll, und sich hier vom Leben zum Tode begeben mußte.

   Hans Steiner ans Kurzendorf bei Kremsmünster hatte nicht weniger als vierundvierzig Morde verübt, bevor man ihn faßte. Er mag wohl ein Unmensch gewesen sein. Die Folter hatte ihn zum Geständnis gebracht und nun wartete das Gericht seiner. In der Ratsstuhe von Dürnstein sprach man vor der Schranne das Urteil. Dieses war hart und grausam, denn der blutbefleckte Mann sollte seine verdiente Strafe empfangen. Für seine Mordtaten und Diebstähle sollte er nun vom Scharfrichter zur Richtstätte auf der Wunderburg geschleift, in der Stadt und auf dem Wege zum Hochgericht mit glühenden Zangen gezwickt und auf dem Richtplatze von unten nach oben gerädert werden. Bevor aber noch das Leben aus dem Leibe des Gerichteten weiche, solle man ihm den Körper öffnen, ihm das Herz herausschneiden und ihm dieses dreimal um das Maul schlagen. Dann solle man ihm es wieder in den Körper legen, ihn vollends mit dem Rade vom Leben zum Tode befördern und hernach den toten Körper auf das Rad flechten. Darüber soll man nun endlich einen Galgen errichten, in die Schlinge das Haupt des Mörders hängen und unter dem Rad soviele Prügel anbringen, als der Mann Morde begangen und einbekannt habe. Viel Volk war zugegen, als der Stadtrichter dem Henker den Befehl zur Hinrichtung gab. Grauen schüttelte manchen der Zuseher, als das Blut des Entmenschten am Richtplatze die Erde netzte.

Nach J. Wichners „Blutgericht in Dürnstein“ im Buche „Auf der Nibelungenstraße“, Seite 180.

zum Inhaltsverezeichnis

302

HEIDNISCHE KÖNIGSLEICHEN

   Es ist schon fast vierhundert Jahre her, als ein Arzt aus Bamberg in Bayern drei heidnische, königliche Leichen im Lande herumziehend zur Schau stellte. So kam er auch nach Krems und ließ seine Leichen bestaunen. Doch den Stadtvätern schien dies nicht am Platze. Man stellte ihn vor die Stadtschranne und entlarvte den Schausteller als Betrüger. Man nahm ihm seine Leichen ab und begrub sie zu Krems (1599).

Aus Kisslings „Frau Saga“, 3. Reihe, Seite 38, Nr. 32.

zum Inhaltsverezeichnis

303

GOTTESGERICHT

   Als die Schweden im fahre 1645 die Burg in Groß-Heinrichschlag erobert hatten, zog einer ihrer Anführer, ein rauhlustiger Geselle, mit einem Trupp Soldaten hinauf nach St. Johann und raubte dort das Kirchlein aus. Die Goldenen Gefäße wurden in die Burg gebracht und bei dem abgehaltenen Zechgelage mit Wein gefüllf. Lästernd und johlend tranken die Schweden daraus.

   Da verfinsterte sich plötzlich der Himmel, und ein unheimliches Rollen wurde vernehmbar. Ein schauerliches Unwetter ballte sich zusammen und entlud sich mit ungeheurerrer Wucht Über der Burg. Ein furchtbarer Donnerschlag ließ die Feste in ihren Grundmauern erbeben. Das Gebäude, in dein sich die Frevler befanden, stürzte mit donnerartigem Getöse zusammen und begrub alles unter seinen Trümmern. Weithin sichtbarer Feuerschein loderte auf, und die Burg brannte bis auf die Grundmauern nieder.

Gew.: Dir. Johann Handler, Gr. Heinrichschlag. Aufz.: derselbe, 1950.

zum Inhaltsverezeichnis

304

DER GALGENBERG ZU UNTERBERGERN

   Vor langer Zeit lebte zu Uterbergern ein habgieriger Bäcker, der seine Brotlaibe stets zu gering auswog und damit die Leute betrog. Die Käufer überprüften aber immer die zu geringen Brote und brachten den Bäcker deshalb bei Gericht zur Anzeige. Man verurteilte den Betrüger zum Tode und henkte ihn auf einem Berge außerhalb Unterbergerns der bis heute den Namen Galgenberg führt. Die Leute, welche um Mitternacht an der Stelle des einstigen Hochgerichtes vorübergehen, sagen, daß sie den Bäcker um Hilfe rufen gehört hätten.

Gew.: Schweigl Cäcilia, Bergern. Aufz.: Schweigl Hermine, 1952.

zum Inhaltsverezeichnis

305

DER WAMPERTE BÄCKER

   Auf dem Schaberge bei Mauternbach war in früheren Tagen eine Richtstätte. Diese Stelle wird heute noch als „Galgenleiten“ bezeichnet. Hier wurde einstmals ein dicker Bäckermeister unschuldig hingerichtet und sein Geist schwebt jetzt daselbst noch als wohlbeleibte Erscheinung in der Nacht herum. Man nennt sie daher „den wamperten Bäck“.

Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 81, Nr. 72.

zum Inhaltsverezeichnis

306

DER BESTRAFTE MÜLLER

   Vor vielen, vielen Jahren lebte in Hundsheim bei Mautern ein grausamer und geiziger Müller, der Schöffelmüller. Er war mit seinem Weibe und seinem Gesellen immer sehr grob und grausam. Der Neid und die Habsucht quälten. ihn sehr und er konnte der Güter nicht genug erraffen. Da ließ eines Tages ein armer Bauer bei ihm sein Korn mahlen. Als er sein Mahlgut zurückerhielt, mußte er feststellen, daß davon der geizige und habgierige Mann gestohlen hatte. Es fehlte von seinem Mehl. Schon lange hatte das Volk des Müllers schändliches Treiben beobachtet. Es hatte die Feststellung gemacht, daß an der Stelle, an der der Müller mahlte, Löcher im Fußboden der Mühle waren. Darunter hatte der Unersättliche Säcke gehangen, in die das von ihm vorsätzlich verschüttete Mehl hinabrieselte. Sie fluchten dem Müller und flehten Bestrafung herbei. Nicht lange sollte diese auf sich warten lassen. Als eines Tages ein großes Hochwasser das Donauland heimsuchte, riß es die Mühle des geizigen Müllers von ihrer Verankerung los. Sie trieb flußabwärts gegen die Steiner Donaubrücke. Müller und Mühle fanden dort ein schreckliches Ende in den reißenden Fluten der Donau. Die Strafe Gottes hatte sich eingestellt.

Aufgezeidinet von Haslinger Helga, Hundsheim; 1952.

zum Inhaltsverezeichnis

307

DER PRANGERHANSEL

   Auf einer Steinsäule inmitten des Marktes Hollenburg steht der Prangerhansel. Von ihm erzählt man nachstehende Sage.

   In früherer Zeit wurden im Markte Hollenburg Märkte abgehalten. Der bedeutendste war der Bindermarkt. Viele Leute strömten zu diesen Anlässen im Orte zusammen, sodaß mancher Gulden in den Markt kam. Darüber waren die benachbarten Nußdofer nicht erbaut und sie neideten es den Hollenburgern. Sie waren bestrebt, ihrem Orte gleiche Rechte und Vorteile zu verschaffen. Da es hieß, die Hollenburger hätten nur so lange das Recht, die Märkte abzuhalten, so lange der Prangerhans sich im Orte befinde, sannen die Neider darüber nach, wie man diesen nach Nußdorf entführen könnte. Eines Nachts unternahmen nun die Burschen Nußdorfs einen Raubzug nach Hollenburg und entwendeten den Kopf des Prangers und sicherten damit ihrem Orte das Recht, Märkte abhalten zu dürfen. Seit dieser Zeit wird der Bindermarkt zu Nußdorf abgehalten, während Hollenburg das Marktrecht einbüßte. Ab jenem nächtlichen Raubzug der Nußdorfer fehlt auch dem Prangerhansel zu Hollenburg sein steinernes Haupt.

Gew.: Scar Erika, Hollenburg. Aufz. dieselbe, 1952.

zum Inhaltsverezeichnis

308

DER GALGEN ZU KRUMAU

   Zu Krumau am Kamp ereignete es sich einstmals, daß ein Verurteilter gehenkt werden sollte. Doch der Galgen war morsch und damit untauglich geworden. Man beschloß daher, ein neues Hochgericht aufzusiellen. Als man dies durchführen wollte, weigerten sich die Krumauer Handwerker, die Arbeit zu leisten. Da die Herrschaft Krumau, welcher die Rechtssprechung zustand, keine Arbeiter finden konnte, die den Galgen errichtet hätten, bestimmte der Pfleger drei Handwerker zu dieser Verrichtung. Es waren dies der Müller, Schuster und Schneider. Sie mußten dem Befehle gehorchen. Der Müller hob die Grabe aus, in die der Galgen gesetzt wurde, der Weber setzte den Galgen in diese und der Schneider hatte denselben fest einzurammen. So erhielt Krumau 1647 seinen neuen Galgen. auf dem der Verurteilte gehenkt wurde.

Gew.: P. F. Endl in der Druckschrift „Die Stadt Horn um 1600“.

zum Inhaltsverezeichnis

309

DAS KETZERGERICHT ZU KREMS

   Als einst auch in der Stadt Krems viele Menschen religiiösen Geheimbünden angehörten, die von der Kirche bekämpft wurden, errichtete der Bischof von Passau ein Ketzergericht zu Krems. Dieses sollte die Abtrünnigen zur Rechenschaft ziehen. Vor dem Gerichte sollten sie ihre Unschuld beweisen. Wenn sie es nicht vermochten, wurden sie verurteilt und hingerichtet. Die schuldig befundenen Ketzer hielt man in dunklen Gefängnissen des Dominikanerklosters, verhörte sie dort und spannte sie auch auf die Folter. Gaben sie ihre Schuld zu, wurden sie auf der „Gänswaid“ lebendigen Leibes verbrannt. Mehr als sechzehn Menschen wurden zu Krems hingerichtet. Über ihre Schuld berichtet ein Gerichtsbuch aus dem Jahre 1316 zu Klosterneuburg.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 3. Reihe, Seite 41, Nr. 36.

zum Inhaltsverezeichnis

310

DAS VERLORENE MARKTRECHT

   Zu Albrechtsberg, so berichtet die Sage, stand einst ein steinerner Metzen am Marktplatze. Dieser war das sichtbare Zeichen des Marktrechtes. Eines Nachts wurde diser Metzen von vier Männern geraubt die ihn auf einem vierspännigen Wagen nach Kottes schafften. Dort stellte man denselben am Marktplatze auf. Durch den Verlust des Maßes verloren jedoch die Bewohner von Albrechtsberg das Recht zur Markthaltung. Da sie dadurch großen Schaden erlitten hatten, mußten ihnen die Kotteser als Entschädidung einen Wald auf der Kotteser- Heide Überlassen.

Keine Quellenangabe.

zum Inhaltsverezeichnis

311

DAS FREIHAUS ZU ALBRECHTSBERG

   Im Markte Albrechtsberg befindet sich ein Haus, das, wie die Sage berichtet, einst ein besonderes Recht besaß, ein Freihaus war.

   So geschah es oft, daß Menschen im Streite einander Leibesschäden, ja selbst den Tod sich zufügten. Der Totschläger hatte nun seine Ruhe verloren, denn die Schergen hetzten ihn Tag und Nacht durch das Land. Um den Friedlosen ein wenig Frieden zu bescheren, fanden sich im weiten Land verschiedene Stätten, an denen der Gerichtsbote kein Recht hatte, den Übeltäter zu fangen. So war auch zu Albrechtsberg eine solche Freistätte. Faßte noch vor dem Zugriff des Schergen der Ruhelose die Klinke des Freihauses (des heutigen Hauses 38), so mußte der Verfolger vom Verfolgten ablassen. In diesem Hause fand er eine Zufluchtstätte und Frieden. Viele kehrten hier ein, bevor man sie ergriff und richtete.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 9. Reihe, Seite 27, Nr. 33, und Callianos „N.Oe. Sagenschatz“, 5. Bdch., Seite 130.

zum Inhaltsverezeichnis


 

zum Teil 2


zur Home Page       zu Allgemeine Projekte       zur Sagenauswahl


Cat Logo

Copyright © Familie Wimmer. All rights reserved.
Diese Seite wurde am 24. April 2006 erstellt
und am 22. Juli 2011 zuletzt bearbeitet.