A. Gerold
Hund und Jäger
6. Totverweisen. |
Neben der reinen Riemenarbeit ist das Totverweisen die sicherste Art, um in den Besitz des erlegten Wildes zu kommen, wenn es nicht ohnehin im Feuer geblieben ist. Das Totverweisen liefert zwar keine so prächtigen Bilder wie das Verbellen, ist aber dafür zuverlässiger. Überdies ist es jedem Hunde müheloser beizubringen und verlangt weitaus weniger Geduld und Ausdauer von Herr und Hund. Der Vorgang des Verweisens ist einfach. Der Hund hat auf Befehl wie sonst das Stück zu finden, sich bei diesem so zu verhalten, wie es im vorigen Abschnitte gesagt wurde, er hat das allenfalls noch einmal flüchtig gewordene Wild zu stellen und zu verbellen oder niederzuziehen, und vom verendeten Wild zu seinem Herrn zurückzukehren. An diesem hat er hochzusteigen, d. h. sich aufzustellen und dadurch zu vermelden, daß er das Wild gefunden hat. Auf weiteren Befehl hat er seinen Herrn so zum Stück zu führen, daß dieser folgen kann. Solches dem Hunde beizubringen, sieht für den Anfänger sehr schwierig aus, ist es aber nicht. Denn man hat die Möglichkeit, diese Gesamtaufgabe in Teilleistungen zu zerlegen und diese dem Hunde einzeln beizubringen, was bei einem in den übrigen Fächern der Waldarbeit schon abgeführten Hunde in kurzer Zeit möglich ist, vorausgesetzt, daß man über die nötige Arbeitsgelegenheit verfügt. Daß man einem Hunde nicht beides, verweisen u n d verbellen, beibringen kann, ist selbstverständlich. Man muß sich rechtzeitig für die eine oder andere Art entscheiden. Ebenso selbstverständlich ist, daß man einem Hunde das Totverweisen erst dann beibringen |
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kann, wenn er nicht nur riemenführig, sondern auch auf Schweißfährten gearbeitet ist;
Hunde kleiner Rassen, die Fuchs und Hase nicht tragen können, auch auf deren warmen
und kalten Wundspuren. In der Praxis setzt sich das Totverweisen aus zwei sehr
verschiedenen und auch verschieden zu bewertenden Leistungen des Hundes zusammen:
Aus seiner s e l b s t ä n d i g e n Arbeit auf Fährten oder auch Spuren, und aus dem eigentlichen
Verweisen, was nichts weiter ist als ein Abrichtungsgegenstand wie jeder andere, etwa das
Bringen oder Ablegen. Bei den meisten Hunden kostet das Verweisen nicht einmal soviel
Mühe als jenes. Sie begreifen es sehr rasch, wenn man mit den nötigen Leckerbissen nicht
spart. Die Abrichtung im Verweisen läßt sich in drei Teilleistungen zerlegen: erstens in das
Aufsuchen des zu verweisenden Gegenstandes, zweitens in die sofortige Rückkehr des
Hundes zum Herrn samt E r s t a t t e n Die erste Teilleistung, das Aufsuchen des Gegenstandes nach einer vorhandenen Bodenwittrung, beherrscht der auf Fährten und und Spuren gearbeitete Hund bereits. Man kann sogleich mit der zweiten Teilleistung beginnen. Man legt die Rehdecke an einer geeigneten Stelle aus und geht mit dem Hunde fünfzig bis hundert Schritte weiter. Nun läßt man den Hund am Riemen auf der Führerfährte die Rehdecke suchen; er wird also diesmal am Ende der Fährte kein Wild oder Bringstück finden, sondern eben die Decke. Darum vermeide man den Befehl „Such verwundt” oder „Such verloren”, man weist auf die Führerfährte und sagt nur „Such”. Statt den Hund frei arbeiten zu lassen, wobei er in den meisten Fällen die Rehdecke einfach bringen würde, hängt man am Riemen nach. Vor der Rehdecke bleibt man auf Riemenlänge vom Hund entfernt stehen. Will der Hund die Decke anfassen, hindert man ihn daran durch ein „Pfui!”, wenn nötig durch ein „Aus”, aber o h n e Gertenschwung. Daraufhin befiehlt man „Hier!” oder gibt, falls der Hund heräugt, den stellvertretenden Sichtbefehl „Seitwärtsheben der Arme”. Der Hund kommt flüchtig heran. Angekommen, bewegt man ihn dazu, am Herrn hochzusteigen, das heißt sich aufzustellen. Man erreicht das durch aufmunterndes Klopfen mit der einen Hand auf die eigene Brust oder auf den Bauch, je nach der Größe des Hundes, und durch Vorhalten eines Leckerbissens in entsprechender Höhe. Der Hund wird sehr gelobt „So brav, mein Hund”, und bekommt den Bissen. Die größte Wirkung auf das Hundegemüt als Belohnungs- |
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bissen haben Fleischstückchen oder Wurstschnitten. Sie sind beim Abführen im Verweisen
den Zuckerstückehen oder sonstigen Leckereien vorzuziehen. Diese Übung wiederholt man
an verschiedenen Stellen im Verlaufe des Tages zwölf- bis zwanzigmal und setzt sie an den
aufeinanderfolgenden Tagen fort. Hat man den Hand so weit gebracht, daß er die Rehdecke
weder aufzunehmen versucht noch bei ihr verweilt, sondern rasch zum Herrn zurückkehrt,
wo ihn jedesmal ein guter Happen erwartet, so vergrößert man nach und nach die Länge des
Rückweges von der Decke zum Herrn, was dem Hunde keine Schwierigkeit macht.
Natürlich muß man, wenn man den Hund allein die Decke suchen läßt, öfters überprüfen,
ob er auch wirklich bis zur Decke hinarbeitet und nicht vorzeitig umkehrt zum Herrn und
zur Belohnung. Man verkürzt da gelegentlich die Distanz oder stellt in der Nähe der Decke
einen beobachtenden Gehilfen auf. Ist der Hund soweit, verkürzt man anfangs wieder die
Distanz. Der zurückkommende, am Herrn hochspringende Hund wird nun zwar reichlich
gelobt und abgeliebelt, erhält aber vorerst keinen Belohnungshappen, sondern den
freundlich aufmunternden Befehl „Zeig wo?”, den er vielleicht noch nicht kennt. Darum
weist man gleichzeitig mit dem Arm in die Richtung der Rehdecke und folgt dem Hunde
entweder am Riemen oder an der verlängerten Führerleine. Bei der Rehdecke angelangt,
wird der Hund neuerlich belobt und erhält nun gleichzeitig den erhofften Bissen. Damit ist
man bei der dritten Phase des Verweisens angelangt. Diese übt man mit dem Hunde wie
man es zuvor mit der zweiten vollführt hat, wieder zwölf- bis zwanzigmal am Tage und
setzt auch diese Übungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen fort, wobei man wieder
allgemach die Entfernungen vergrößert und auch das Nachhängen auf der Führerfährte
erschwert, indem man sie länger und länger kalt werden läßt und auch Haken einlegt.
Verweist der Hund die Rehdecke auf alle gewünschten Entfernungen richtig, dann hat man
den Hund auf die Anforderungen der Praxis umzustellen. In die Übungen im Verweisen der Rehdecke auf der Führerfährte schaltet man gelegentlich, wenn man Schweiß hat, ebensolche Übungen im Verweisen der Rehdecke auf der künstlichen Schweißfährte ein, mit kleineren Entfernungen beginnend und diese allmählich wieder vergrößernd. Die Aufgaben des Hundes erschwert man wieder durch Kaltwerdenlassen der Fährte und durch Einlegen von Widergängen (Haken). Leistet der Hund auch das zur Zufriedenheit, beginnt man, ihn verendetes Wild verweisen zu lassen. Bei den ersten Stücken ist es vorteilhaft, das erlegte Stück allein, ohne Hund, aufzusuchen und die Rehdecke zur Erinnerung des Hundes (als stellvertretenden |
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Wasserarbeit. |
Stöbern im Schilf; Schußruhe im Boot; Bringen aus tiefem Wasser. |
Bevor man darangehen kann, seinen Hund ernsthaft zur Wasserarbeit abzuführen, muß er mit dem Wasser vertraut sein, muß im Schwimmen und im Bringen aus tiefem Wasser abgerichtet worden sein, wie das im Abschnitte „Schwimmen und Bringen aus tiefem Wasser auf Sicht” empfohlen worden ist. Ferner muß er im Herankommen auf Befehl zuverlässig sein und soll sich durch Zeigen mit einem Arm dirigieren lassen, wie das bei Vorstehliunden auf der Feldsuche nötig ist und bei Stöberhunden beim Suchen unter der Flinte. Bei Stöberhunden ist es überdies rätlich, daß ihnen bereits das Stöbern auf festem Boden beigebracht wurde. Mutige und scharfe Hunde nehmen im allgemeinen das Wasser gern an, sie zeigen Passion und Ausdauer darin. Man darf sich aber dadurch nicht verlocken lassen, seinem Hunde mehr Anstrengung zuzumuten als er ohne Schaden leisten kann. Das Suchen und Stöbern im Schilf und Wasser strengt den Hund viel mehr an als jede Arbeit auf dem Trockenen. Mehr als zehn Minuten Wasserarbeit in einem Zuge soll man einem jungen Hunde kaum aufbürden, bei erwachsenen, durchgebildeten und geübten Hunden ist eine halbe Stunde die Grenze, die man nicht überschreiten darf, will man nicht seinen Hund schädigen und seine Lebensdauer verkürzen. Nach der Wasserarbeit, wenn sich der Hund einen Sprühregen aus der Decke geschüttelt hat, muß man ihm Zeit und Gelegenheit geben, sich warm und trocken zu laufen und dann auszuruhen, bevor man ihn wieder ins Wasser schickt. Bei kaltem Wetter, besonders im Winter, ist es notwendig, den Hund nach dem Abschütteln des Wassers mit einem saugfähigen Tuche halbwegs trocken zu reiben, bevor man ihm die nötige Bewegung zum Warmwerden und zum Trocknen verschafft. Ist hiezu keine Zeit vorhanden und maß man den immerhin noch nassen und abgekühlten Hund in einem Fahrzeug mitnehmen, so muß man ihn mit warmen Decken schützen. Unterläßt man das, wird der Hund schweren rheumatischen Erkrankungen ausgesetzt sein. Vor jeder Wasserarbeit ist dem Hunde die H a l s u n g u n b e d i n g t a b z u- |
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Ästen, Pflöcken, Brettern mit Haken oder Nägeln, Wurzeln und dergleichen, verfangen
kann. Der Hund könnte sich nicht selbst befreien. Hat der Jäger dann kein Boot zur
Verfügung, um den Hund zu retten, wird sich eine klägliche Lage ergeben. Ferner lasse man den Hund nie von einem höheren Steilufer in trübes Wasser springen, wenn man nicht bestimmt weiß, daß das Wasser an jener Stelle frei ist von Pflöcken, versunkenen spitzen Hölzern oder Felsklippen. Zum Abspringen an solchen Stellen wird sich übrigens in der Praxis kaum jemals eine Notwendigkeit zeigen. Schließlich ist darauf zu sehen, ob das Wasser nicht zu dicht bewachsen ist mit zähen, schmiegsamen Schlingpflanzen, insbesondere mit dichten Seerosenblättern. Die langen schwankenden Stiele können in tieferem Wasser leicht die Läufe des Hundes umschlingen, wenn er an einer Stelle suchend und sich drehend herumschwimmt. Es kann vorkommen, daß er sich davon nicht mehr loszulösen imstande ist. Für die ersten Stöberübungen im Schilf eignen sich kleinere Teiche mit verschilften Ufern und selbstverständlich mit Wasserwild. Der Hund soll etwas finden, das seine Jagdleidenschaft entfacht. Fände er nach mehrmaligem Stöbern nichts, was ihn reizt, ließe sein Eifer bald nach, was recht verständlich wäre. Große Gewässer und Seen wird man anfangs vermeiden. In übersichtlichen Teichen läßt sich der Hund leichter kurz halten und dirigieren. Er kann sich nicht aus der Reichweite des Pfiff- oder Sichtbefehles entfernen. Gut ist es für den Anfang, wenn man sich eine lebende Wildente beschaffen kann. Man stutzt ihr die Schwingen, damit sie nicht fortzustreichen vermag und beauftragt einen Gehilfen, die Ente an einer b e z e i c h n e t e n Stelle am schilfichten Ufer freizulassen. Wenig später bringt man den Hund auf das Geläufe der Ente und schickt ihn suchen. Die Befehle bei der Wasserarbeit sind die gleichen wie auf dem Trockenen. Leider muß der Platzbefehl entfallen, so brauchbar er wäre; seine Befolgung wäre schon in knietiefem Wasser die letzte Gehorsamsäußerung des Hundes gewesen. Um ihn vom weiteren Verfolgen einer unerwünschten Richtung abzuhalten, hat man nur den Befehl zum Herankommen und dirigierende Armbewegungen zur Verfügung. Fällt der Hund das Geläufe an und folgt der Ente in den Pflanzenwuchs, wo sie sich gedrückt haben wird, so vergehen nur wenige Minuten und die Ente wird vor dem heraunahenden Verfolger wegtauchen. Ihre Wittrung jedoch steht an windstillen Tagen ziemlich gut auf dem Wasser und besonders gut im Schilf und an den Halmen. Der Hund wird sie bald wieder finden und dieses Spiel wird sich mehrmals zur Verzweiflung des Hundes wiederholen. Um den Hund nicht zu übermüden, wird man nach etlichen Tauchübungen der Ente |
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Zum Stöbern sendet man anfangs den Hund vom eigenen Stand aus ins Schilf. Späterhin
kann man ihn, genau so wie beim Stöbern in Gehölzen, an passender Stelle auf
Sichtentfernung vom Stand ablegen und ihn dann durch den Befehl" Such aus!" und eine
richtungweisende Armbewegung ins Wasser schicken. Macht das dem Hunde auf
Entfernungen von hundert oder mehr Schritten vom Herrn Schwierigkeit, so verringert
man anfangs den Abstand entsprechend und vergrößert ihn später wieder nach Bedarf. An Seen und sonstigen größeren Gewässern wird die Wasserjagd gewöhnlich von einem oder mehreren Booten aus betrieben. Flachboote (Zillen oder Trauner) sind Kielbooten vorzuziehen, weil sie stabiler sind und weniger leicht kentern. Das ist nicht nur für das Schießen besser, sondern auch für das Abspringen des Hundes, wenn er im Boot mitgeführt und dann zum Stöbern oder Bringen befohlen wird. Auch das Aufnehmen des wieder herankommenden Hundes mit dem gebrachten Wild läßt sich gefahrloser von einem Flachboot aus vornehmen. Daß der ins Boot gehobene Hund nach dem Ausgeben die Schützen besprühen wird, läßt sich nicht vermeiden. Liegt der Hund im Boot, so darf er sich natürlich durch einen Schuß so wenig wie auf dem Trockenen zum Einspringen verleiten lassen. Das könnte seinem Herrn, wenn dieser etwa ein leicht kippendes Boot benützt, zu einem unerwünschten Bade verhelfen. Ist der Hund auf dem Lande schußruhig, wird er es wahrscheinlich auch im Boot sein. Sicher aber ist das nicht. Man wird darum klugerweise mit dem Hunde einige Übungen ausführen, bevor man die Sache ernst nimmt. Hat man kein stabiles Boot zu diesem Zweck, so ist als Jägerkleidung fürs erste eine Badehose zu empfehlen und ein warmer Sommertag, nebst der ältesten Schrotflinte und ganz wenig Patronen. Sein Schaukelboot leitet man nicht an die tiefste Stelle des Gewässers, knietiefes Wasser dürfte genügen, besonders wenn der Hund schwer ist. Will der Hund nach dem Schuß „über Bord”, bekommt er eine Straflektion mit „Pfui” und einem Gertenhieb. Dann entdeckt man eine Weile Amerika, sucht wieder seichteres Wasser auf und gibt neuerlich einen Schuß ab; sitzend natürlich, damit man seinen Schüler bei der Hand hat und leichter bewegen kann, die Wasserfahrt im Boot ruhig mitzumachen. Auch an den Anblick von Wasserwild außerhalb der Deckungen muß der Hund gewöhnt werden, soll er nicht plötzlich einen unerwünschten Entschluß fassen und baden springen. Ein „Pfui” oder Klapps wird ihn bald eines Besseren belehren. Zur Wasserarbeit lassen sich nicht nur die Vorsteh- und Stöberhunderassen abführen, sondern behelfsweise auch die Erdhunde. Randeis oder treibende Eisschollen schließen selbstverständlich die Verwendung des Hundes zur Wasserarbeit aus. |
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zum Teil 22 |