Hirtenwort zum Familiensonntag am 17. Januar 2010
 
Erzbischofs Dr. Ludwig Schick
 
„Ehe und Familie – gute Gabe Gottes – Aufgabe für die Menschen“
 
Wort an die Pfarrgemeinden des Erzbistums Bamberg zum Familiensonntag 2010

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Heute ist Familiensonntag. Das diesjährige Motto lautet: „Liebe miteinander leben – beieinander bleiben“. Um den Wert von Ehe und Familie herauszustellen, wende ich mich erneut mit einem Hirtenbrief an Sie.
 
Ehe und Familie – Gabe und Aufgabe
 
Ehe und Familie haben in der Kirche von Anfang an einen hohen Stellenwert. Sie werden als „gute Gabe Gottes“ und zugleich als „Aufgabe“ betrachtet. Als „Gabe“ werden Ehe und Familie heute gerne angenommen. Verschiedene neuere Umfragen haben ergeben, dass über 70 % der Deutschen die „Stabilität der Familie“ als Garant des Glücks und des Lebenssinns betrachten. Vor der „Aufgabe“ scheuen sich allerdings viele. Immer weniger junge Menschen lassen sich trauen. Ehe und Familie werden in der Öffentlichkeit in Frage gestellt. Wir Christinnen und Christen haben die Pflicht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Wir bekunden: Ehe und Familie sind eine gute Gabe Gottes für den einzelnen Menschen, für die Gesellschaft und die Kirche. Zugleich möchten wir mithelfen, dass sie gelingen. Als Kirche wollen wir zum Lebensglück der Menschen beitragen, deshalb setzen wir uns für Ehe und Familie ein.
 
Ehe und Familie sollen nicht ins Wasser fallen
 
Ehe und Familie sollen nicht „ins Wasser fallen“, sondern mit Gottes Segen gelingen. Das macht das heutige Evangelium klar. Damit Ehe und Familie des Brautpaares in Kana nicht ins Wasser fallen, schenkt ihnen Jesus bei ihrer Hochzeit Wein in Fülle, Zeichen für die Fülle seines Segens.
 
Auch alle heutigen Eheleute dürfen mit dem Beistand Jesu rechnen. In der kirchlichen Trauung schenkt er den Brautpaaren seinen Segen. Er lässt sie teilhaben an „seiner unverbrüchlichen Liebe“, die Ehe und Familie in Freud und Leid, in jungen Jahren und im Alter gelingen lässt. Deshalb meine Bitte an Sie, die jungen Erwachsenen: Lassen Sie sich kirchlich trauen! Der Segen Gottes schenkt Ihnen einen guten Start und begleitet Sie Ihr Leben lang.
 
Jesus sprach sich eindeutig dafür aus, dass „Liebe miteinander leben – beieinander bleiben“ von Frau und Mann für das ganze Leben gelten sollen. Frau und Mann sollen in der Ehe „ein Fleisch werden“. Sie sind von Gott verbunden, deshalb darf der Mensch sie nicht trennen. Sie sollen sich „lieben, achten und ehren“. Sie sollen sich in ihrem persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Leben unterstützen, damit es auch für Kirche und Gesellschaft fruchtbar wird.
 
Die eheliche Liebe wird durch Kinder bereichert und gefestigt. Jesus segnet die Kinder und fordert eindringlich, dass ihnen die Erwachsenen nur Gutes tun. Kinder sollen vor allem in der Familie Liebe und Geborgenheit erfahren sowie Erziehung und Entwicklungschancen erhalten.
 
Dankbarkeit für Ehe und Familie
 
Ehe und Familie sind Aufgaben. Wir alle können mithelfen, dass sie gemeistert werden. Zunächst können die Eheleute und Familien selbst ihren Beitrag dazu leisten. Sie sollen sich jeden Tag über ihre Ehe und Familie freuen und dankbar dafür sein. „Dankbarkeit muss wie die Liebe täglich erneuert werden, sonst stirbt die eine wie die andere“, schreibt der Schriftsteller Graham Greene. Zugleich sollen sie sich täglich neu auf ihre „Aufgaben“ in Ehe und Familie besinnen. Gelegenheit zum Danken und zum Erneuern der Liebe geben das tägliche Gebet, der gemeinsame Gottesdienstbesuch, der jährlich gefeierte Hochzeitstag, die Geburts- und Namenstage. Das Danken und das Besinnen müssen „eingeplant werden“, sonst werden sie allzu leicht vergessen.
 
Die Gesprächskultur in den Familien
 
Ein Zweites ist ganz wichtig: Die Familien brauchen eine gute „Gesprächskultur“. Das bedeutet: Sie nehmen sich Zeit, sich über ihre Erlebnisse und Erfahrungen im Alltag auszutauschen und sich ihre Freuden und Leiden mitzuteilen. Albert Camus hat zu Recht festgestellt: „Wir müssen immer wieder das Gespräch mit unserem Nächsten suchen. Das Gespräch ist die einzige Brücke zwischen den Menschen“. Das gilt für die Ehepaare selbst, aber auch für ihre Kinder und Jugendlichen. Dabei sollten auch die Themen Menschenwürde, Werte und Tugenden, Moral und mitmenschliches Verhalten, Sinn des Lebens, Glaube und Religion besprochen werden. Die Familie ist die wichtigste Schule für das Leben, nicht zuletzt durch offene Gespräche.
 
Zur Gesprächskultur gehört auch, dass Radio und Fernseher abgeschaltet werden. Für das Gespräch in der Familie braucht es feste Zeiten, Regeln und die entsprechende Atmosphäre, sonst gelingt es nicht.
 
Der Sonntag ist für die Familie da
 
Ein wichtiger Stützpfeiler für die Familie ist der gut gestaltete Sonntag. Das Bundesverfassungsgericht hat im vergangenen Jahr eine wegweisende Entscheidung getroffen: Der Sonntag wurde geschützt, mehr verkaufsoffene Sonntage soll es nicht geben. Die Urteilsbegründung hebt hervor, dass der Sonntag vor allem für die Familien frei bleiben soll.
 
Nun liegt es an den Familien, den Sonntag auch zu nutzen. Wir brauchen eine „Sonntagskultur“, die die Familien zusammenführt und zusammenhält.
 
Sonntagskultur beginnt schon damit, dass man sich am Sonntag anders kleidet als am Werktag. Von Martin Luther stammt das Wort: „Das ist der Unterschied zwischen Tier und Mensch, dass dieser auch ein Sonntagskleid hat„. Der gemeinsame Kirchgang und das gemeinsame Essen sind Ausdruck familiärer Gemeinschaft. Unternehmungen der Familie am Sonntag sollten gemeinsam geplant sein. Die gute Gestaltung des Sonntags fällt nicht vom Himmel, sie muss gewollt und organisiert werden.
 
Staat und Kirche für die Ehen und Familien
 
Ehen und Familien brauchen noch mehr gesellschaftliche Unterstützung. Geld ist nicht alles, aber ohne Geld geht es auch nicht. Die Familien, vor allem die kinderreichen, „verdienen“ mehr Geld. Sie müssen bei allen Maßnahmen der Gesetzgeber berücksichtigt werden. Die Erziehungszeit von Müttern und Vätern muss mehr finanzielle Anerkennung erfahren. Wegen den derzeitigen Steuerentlastungen wollen die Kommunen gegebenenfalls den Ausbau der Krippenplätze verschieben und die Gebühren für die Kindergartenplätze erhöhen. Das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ darf aber die Kinderförderung nicht verlangsamen. Als Christinnen und Christen sagen wir den Politikern deutlich, was uns die Familien und die Kinder wert sind. Vor allem fordern wir für die kinderreichen Familien mehr Unterstützung vom Staat. Sie sind die Garanten unserer Zukunft. Kinderarmut ist für unseren „reichen Staat“ eine Schande.
 
Wichtig für die Ehen und Familien ist nicht zuletzt das ehrenamtliche Engagement, zu dem wir alle aufgerufen sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang erneut auf die Kindertagesstätten unserer Pfarrgemeinden hinweisen. Sie sollen nach und nach alle zu „Familienstützpunkten“ ausgebaut werden. Wir alle können dabei mitwirken und dem Kindergartenpersonal helfen. Die Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen sollen regelmäßig die Familienpastoral und die Kindergärten zum Thema machen. Pfarrer, Kapläne, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können durch regelmäßige Besuche in den Kindertagesstätten die Erzieherinnen unterstützen. Helfen Sie mit, dass in den Pfarreien Familienkreise gebildet werden, die den gegenseitigen Austausch von Ehepartnern, Eltern und Kindern verbessern. Pfarreien können sicher noch sehr viel mehr Engagement für Ehe und Familie entwickeln. Nehmen Sie auch die Aktivitäten unseres diözesanen „Familienbundes der Katholiken“, unserer Diözesanverbände und Einrichtungen sowie die Angebote unserer „Familienseelsorge“ im Erzbischöflichen Ordinariat wahr.
 
Noch ein Wort an die ältere Generation: Omas und Opas sind wichtig für ihre Kinder und Enkel. Viele junge Familien haben allerdings keine eigenen Verwandten in der Nähe. Es wäre schön, wenn sich viele als Leih-Oma oder -Opa zur Verfügung stellen könnten. Viele Eltern wären dankbar, vor allem aber auch unsere Alleinerziehenden, wenn sie auf diese Weise wenigstens ab und zu einen freien Abend für sich hätten.
 
Ich möchte auch die Betriebe ansprechen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann noch verbessert werden. Treten Sie dem Aktionsbündnis „Familienfreundlichkeit“ bei. Tun Sie alles, damit die Familien Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer mit Ihrer Hilfe rechnen können.
 
Die konfessions- und religionsverschiedenen Ehen
 
Wir stehen kurz vor dem Ökumenischen Kirchentag in München. Das sollte ein Anlass für uns sein, unser besonderes Augenmerk auf die konfessionsverschiedenen Ehen zu legen. Es ist erfreulich, dass inzwischen in vielen Ehen und Familien Ökumene im Kleinen gelebt wird. Das kann ein Vorbild für die Kirche als Ganze sein! Konfessionsverschiedene Ehepartner können konfessions-verbindend wirken. Ich möchte sie trotz aller Schwierigkeiten dazu ermuntern! Die Pfarreien bitte ich, noch mehr für die Beheimatung und Begleitung der konfessionsverschiedenen Eheleute und Familien in den Gemeinden zu tun.
 
Eine besondere Aufgabe sehe ich auch in den religionsverschiedenen Ehen. Sie nehmen zu. Sie sind vor besondere Aufgaben gestellt und mit speziellen Problemen konfrontiert. Für sie müssen eigene pastorale Hilfen angeboten werden.
 
Liebe Mitchristen! Ehe und Familie sollen nicht ins Wasser fallen! Jesus hat es in Kana nicht zugelassen; er beschenkt auch heute die Ehen und Familien mit seinem Segen. Ohne Ehe und Familie ist kein Staat zu machen, ohne Ehe und Familie kann Kirche nicht leben, ohne Ehe und Familie gibt es keinen echten Fortschritt. Jeder Einsatz für Ehe und Familie ist eine gute Investition in die Zukunft.
 
Ich wünsche Ihnen allen, heute besonders den Familien, alles Gute und segne Sie im Namen + des Vaters, + des Sohnes und + des Heiligen Geistes.
 
Ihr Erzbischof
 
(Die Unterschrift des Erzbischofs)
 
Dr. Ludwig Schick
 
Dieses Wort ist am Sonntag, 17. Januar 2010, in allen Gottesdiensten, auch in den Vorabendmessen und Wort-Gottes-Feiern, zu verlesen.

 


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Diese Seite wurde am 23. Januar 2010 von Familie Wimmer erstellt.