Katholische Aktionen

r. k. Predigt zum Hochfest der Geburt des Herrn

Gehalten am 25. Dezember 2009 von Pfarrer Richard Staudigel, St. Martin Nürnberg / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr C:
 
Evangelium:    Joh 1, 1-18
Externer Link zum Hochfest mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema:    Weihnachten
 
Gott hat Interesse an mir,
ich bin ihm wichtig,
er sucht meine Nähe.

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Gott interessiert sich für die Welt. Darum kommt er in die Welt. Gott interessiert sich für den Menschen. Darum wird er ein Mensch – als Kind in Bethlehem. Gott interessiert sich für die Welt und für den Menschen. Diese Botschaft, verehrte Gäste, liebe Schwestern und Brüder, ist das Geheimnis von Weihnachten. Viele Menschen fragen sich: Wer interessiert sich denn überhaupt für mich? Wer hat schon ein Interesse an mir?
 
Wer einen Arbeitsplatz sucht oder seinen Arbeitsplatz verloren hat, der kann ein Lied vom Desinteresse der Menschen an seinem Schicksal singen.
 
Junge Menschen, die ins Leben aufbrechen möchten, aber keine Chance bekommen, versuchen mit allen (un)möglichen Mitteln das Interesse auf sich zu lenken.
 
Die westliche Welt interessiert sich für Länder der sogenannten 3. Welt und neuerdings auch für Länder des ehemaligen Ostblocks, weil sie als Billiglohnländer günstige Produktionsstandorte sind – auf Kosten der Menschen, hier und dort, Denn wer hat schon ein Interesse am Leben der Menschen dort, an den Schicksalen der Familien, der Straßenkinder?
 
Wer interessiert sich denn überhaupt für mich? Diese Frage stellen sich viele alte Menschen in unserer Gesellschaft. Mich braucht keiner mehr. Ich störe nur. Wer freut sich über meine Anwesenheit?
 
Auch Kinder sind uninteressant geworden. Für nicht Wenige gilt die Devise: Hauptsache ICH – Kinder werden dann als Störfaktor angesehen!
 
Weihnachten verkündet eine andere Botschaft. Die Geburt Jesu in der Verlorenheit eines Stalles in Bethlehem hat mit der Verlorenheit der Menschen zu tun, für die sich keiner interessiert. Gott aber interessiert sich für die Welt. Gott interessiert sich so sehr für die Welt, dass er als Kind in diese Welt kommt, als Mensch in dieser Welt lebt. Alle Jahre feiern wir dieses Geheimnis seiner Geburt, damit wir nicht vergessen: Gott hat sein Interesse an dieser Welt noch nicht verloren. Das ist von Bedeutung.
 
Denn wir leben in einer Zeit und unter Menschen, die ihr Interesse an Gott verloren haben. Zumindest scheint es oft so. Welches Interesse sollte der Mensch schon an einem Gott haben, von dem er genau weiß: Wenn ich mich auf ihn einlasse, dann muss ich mich ändern, muss ich mein Verhalten zu den Mitmenschen ändern. Ein Gott, der im Stall beim Vieh, in der Umgebung kleiner Leute zur Welt kommt; ein göttliches Kind, das als Erwachsener nie einen Hehl daraus macht, dass er sich für die interessiert, die keinen interessieren, ein Jesus, der für dieses Interesse Kopf und Kragen riskiert und am Kreuz hingerichtet wird – ein solcher Gott, kann der mir eine Hilfe sein? Lässt der mich im gnadenlosen Konkurrenzkampf nicht scheitern? Denn auf einen Gott, der sich um die verlorenen Menschen sorgt, kann ich mich kaum berufen, wenn mich die Mitmenschen nicht interessieren, wenn mir ihr Schicksal gleichgültig ist.
 
Und dieser Gott wehrt sich nicht einmal, wenn die Menschen ihn beiseite schieben und die Welt ohne ihn gestalten. Gott lässt es geschehen. Und darum tut mancher, was er für richtig hält, lässt den lieben Gott einen guten Mann sein und lebt ohne ihn. Gott versinkt gewissermaßen in der Gleichgültigkeit und im Desinteresse vieler. Die Welt wird allerdings dadurch nicht besser oder menschlicher. Sie könnte es werden, wenn wir Gott wieder mehr in unsere Welt einlassen, denn er hat Interesse an der Welt, auch wenn die kein Interesse an ihm zu haben scheint. Gottes Interesse an der Welt und am Menschen, das gibt dem Weihnachtsfest eine besondere Note.
 
Zu den spannendsten Momenten im Leben eines Menschen gehört es ja, wenn ich merke, dass sich jemand für mich interessiert - allerdings nicht zum Ausspionieren, wie in manchen Staaten und Betrieben, üblich. Nein, einfach ich, dieser eine konkrete Mensch bin für einen anderen Menschen von Interesse. Damit fängt jede positive Entwicklung beim Menschen an. So fängt jede Liebesbeziehung an! Weil ich interessant bin für einen anderen, weil er/sie Interesse an mir hat, blühe ich auf, gewinne ich Freude und Lust am Leben, wachse ich manchmal sogar über mich selbst hinaus.
 
Und nun sagt mir Weihnachten: Gott hat Interesse an mir, ich bin ihm wichtig, er sucht meine Nähe. Es ist ihm nicht gleichgültig, wie es mir geht, was aus mir wird. Es ist ihm nicht gleichgültig, ob ich einen Arbeitsplatz habe oder nicht. Es lässt ihn nicht kalt, wenn eine Frau sich verkauft, um die Familie zu ernähren. Es macht ihn zornig, wenn Menschen sich wie kleine Herrgötter aufspielen und dadurch Unmenschlichkeit in der Welt verbreiten.
 
Je mehr die Welt nur nach menschlichen, innerweltlichen, wirtschaftlichen Massstäben regiert wird, desto unmenschlicher wird sie, das erfahren wir zur Zeit sehr deutlich. Aber das tiefste Geheimnis Gottes mit dieser Welt ist, dass er ein Interesse an dieser Welt und am Menschen hat.
 
Der hl. Augustinus geht sogar noch weiter und sagt: „Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch.“ Gott hat nicht nur Interesse an mir, er sehnt sich nach mir. Deshalb wurde er Mensch.
 
Ist das nicht eine zutiefst Frohe Botschaft?!
 
Und auch eine Einladung: Feiere Weihnachten – als Zusage an dich selbst und als Geschenk, das ER durch sein Interesse – den Menschen macht.
 

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Diese Seite wurde am 27. Dezember 2009 von Familie Wimmer erstellt
und am 2. Januar 2010 zuletzt bearbeitet.