Katholische Aktionen

r. k. Predigt zum Fest der Heiligen Familie

Gehalten am 27. Dezember 2009 von Pfarrer Richard Staudigel, St. Martin Nürnberg / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr C:
 
Evangelium:    Lk 2, 41-52
Externer Link zum Fest der Heiligen Familie mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema:    Familie

 
Predigt zum Evangelium

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Mit der hl. Familie aus Nazaret verbinden wir bestimmte Vorstellungen:
 
Der hl. Josef ist der fleissige Handwerker und der zurückhaltende, gütige Vater; Maria die umsichtige, vielleicht etwas zurückgezogen lebende Hausfrau und Mutter und Jesus das aufmerksame Kind, das sich für alles, was die Eltern tun, interessiert und ihnen zur Hand geht.
 
Aber von all dem lesen wir im Evangelium nichts, weder im soeben gehörten Abschnitt aus dem Lukas Evangelium, noch an anderen Stellen im Neuen Testament. Wir können nur Vermutungen anstellen von dem, was gewesen sein könnte, mehr nicht. Doch Vermutungen bergen die Gefahr, dass eigene Vorstellungen, Wünsche und Sehnsüchte auf andere übertragen werden, in unserem Fall auf Jesus, Maria und Josef.
 
Die hl. Familie wird dabei so ideal gesehen, und ihr Beispiel so unerreichbar, dass es mit unserem Leben nichts mehr zu tun hat. Immerhin gibt unser Evangelium einen kurzen Einblick in die Hl. Familie. Doch unseren Vorstellungen entspricht das nicht, was wir hören. Von wegen alles in Harmonie, Liebe, Wonne und Eintracht. Auch zwischen Jesus, Maria und Josef gibt es Meinungsverschiedenheiten. Der heranwachsende Jesus löst sich, wie jeder andere Jugendliche auch, vom Elternhaus. Das sorgt für Unmut, Unverständnis, Kopfschütteln und Vorwürfe.
 
Was sagen uns dennoch die heutigen Lesungen über Familie und Familienleben? Wenn sie auch nicht auf Einzelfragen antworten, was ist die große Linie, die sie verbindet und uns weiterhilft?
 
Sicher hat Jesus erfahren, wie wichtig Josef und Maria der Glauben an Gott ist und dass dieser Glauben ihr Leben gestaltet. Aber auch wenn in einer Familie die Beziehung zu Gott an erster Stelle steht, ist das Leben in der Familie nicht automatisch ohne Spannungen.
 
Sicher: Eltern tragen Verantwortung für ihr Kind. Aber irgendwann einmal muß jedes Kind eigene Wege gehen, sich eine eigene Meinung bilden, eigene Prioritäten setzen. Das geht nicht ohne Diskussionen, ohne Meinungsverschiedenheiten, ohne Abgrenzungen. Dabei gibt es auch Verletzungen und Enttäuschungen. Das gilt auch für Jesus, Maria und Josef.
 
Was aber macht nun die drei zur Heiligen Familie? Jesus, Maria und Josef haben bei all diesen normalen menschlichen Vorkommnissen versucht heraus zu finden, was Gotte von ihnen möchte, welchen Weg er jedem einzelnen von ihnen zugedacht hat. Der 12-jährige Jesus erkennt offensichtlich seinen Weg immer deutlicher. Maria und Josef ihrereseits haben die Offenheit und das Vertrauen sowie den unerschütterlichen Glauben an den Vater Gott, der immer auf der Seite seiner Kinder ist. Alle, die diesen Glauben und dieses Vertrauen aufbringen, sind – wie Jesus später sagt – seine Familie.
 
Mit dieser Familie Gottes beschäftigt sich auch unsere Lesung aus dem 1. Joh. Familie Gottes sind die Menschen, die der Vater mit seiner Liebe und mit seinem Geist beschenkt hat. Weil sie alle durch ihn leben, haben sie alle gleichen Wert und gleiche Würde. Deshalb ist auch ihr Verhalten zueinander geprägt von gegenseitiger Liebe, Respekt und Achtung. Am Verhalten solcher Menschen wird sichtbar, wie Gott ist und was er den Menschen zugedacht hat.
 
Das hat Konsequenzen z.B. für unsere Familie: Glauben wir, dass Gott mit uns als Familie geht; dass er jedes Mitglied der Familie in seinem Alltag begleitet; dass er uns einander anvertraut hat? Ist unser Verhalten so, dass wir einander helfen und stützen? Glauben wir, dass Gott durch unser Miteinander seine Liebe sichtbar machen möchte? Ist das Vertrauen der Eltern so groß, dass sie ihre Kinder Gott übergeben, wenn diese ihre eigenen Wege gehen, Wege, die sie selbst nicht nachvollziehen oder mitgehen können?
 
Und schauen wir auch auf unsere Pfarrgemeinde. Die Gemeinde Jesu wurde und wird immer wieder als Familie bezeichnet. Sie hat auch Kennzeichen einer Familie: das Wissen über ihre Zusammengehörigkeit, ihren Zusammenhalt, einen gemeinsamen Weg, den Auftrag, durch ihr Leben das Reich Gottes wenigstens ein Stück weit zu verwirklichen. Und dann gibt es noch etwas, was uns als Gemeinde viel stärker verbindet als die Verwandschaft: der Glaube. Er verbindet ganz unterschiedliche Menschen miteinander, ist stärker als Herkunft, Titel oder Einkommen – er fordert uns aber auch dazu heraus, mit Widersprüchlichkeiten, gegensätzlichen Auffassungen, Feindseligkeiten und Ungleichheiten, um nur einige Beispiele zu nennen, so umzugehen, wie es Menschen entspricht, die in Christus eins sind.
 
Was ist nun eine christliche Familie? Eine Antwort auf diese Frage liebe Schwestern und Brüder, kann nur unvollständig sein. Dennoch gibt es einige Kennzeichen. Es ist eine Familie, die im Blick auf Gott eine Geborgenheit vermittelt, die immer gilt, auch wenn einmal etwas schief gegangen ist. In dieser Familie wird das Gespräch miteinander nicht aufhören, auch wenn man in dem einen oder anderen Punkt nicht zusammenfindet. Dieser Familie ist es ein Anliegen, dass jeder das werden kann, was er nach den Vorstellungen Gottes werden soll. Und die Mitglieder der Familie versuchen einander zu fördern, zu dienen und zu lieben – wie Gott es an uns allen tut.
 
Wie wir heute im Tagesgebet gehört haben: „Gib unseren Familien, dass auch sie in Frömmigkeit und Eintracht leben und einander in Liebe verbunden bleiben“.
 
Heilig wird eine Familie und auch eine Pfarrgemeinde nicht dadurch, dass es keine Konflikte gibt, sondern weil sie bei allem Auf und Ab des Lebens, bei allen Spannungen und Meinungsverschiedenheiten ihren Blick auf Gott richtet und nach seinem Willen zu leben versucht. Jesus, Maria und Josef haben uns ein Beispiel gegeben.
 
Johannes hat in seinen Gemeinden das wieder in Erinnerung gerufen.
 
Was er den Christen damals gesagt hat, sagt er heute uns. Erfüllen wir seine Worte mit Leben – hier und jetzt – in Familie und Gemeinde!
 

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Diese Seite wurde am 27. Dezember 2009 von Familie Wimmer erstellt.