Katholische Aktionen

r. k. Predigt zum Hochfest
der Gottesmutter Maria

Gehalten am 1. Januar 2011 von Pfarrer Richard Staudigel, St. Martin Nürnberg / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Evangelium:    Lk 2, 16-21
Externer Link zum Hochfest der Gottesmutter Maria mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema:    Eva und Maria: zwei Menschen, zwei Wege, zwei Lebensentwürfe.
 
Predigt zum Neuen Jahr

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Acht Tage nach dem Heiligen Abend, am ersten Tag des Neuen Jahres feiern wir das Hochfest der Gottesmutter Maria. Das ist sinnvoll, denn Maria steht auch am Beginn unserer Zeitrechnung, die mit der Geburt Christi neu begann. Und daran hat Maria einen wesentlichen Anteil. Ihr Ja zum Willen Gottes ermöglichte es Gott als Mensch in diese Welt zu kommen. Bis heute denken wir Christen daran, bis heute zählt der überwiegende Teil der Menschheit die Jahre nach diesem Ereignis, das durch Gott mit und in Maria seinen Anfang nahm. Gott konnte mit der Welt neu anfangen, weil Maria dazu bereit war. Darum konnte ER nicht nur etwas, sondern Entscheidendes mit ihr beginnen. Damit zeigt uns dieses Fest, worauf es ankommt in diesem neuen Jahr.
 
Notwendig wurde dieser erneute Beginn durch Gott, weil ganz am Anfang der Menschheitsgeschichte kein Ja, sondern ein Nein stand. Davon erzählen die ersten Kapitel der Bibel. Wir alle kennen die Erzählung vom Paradies. Gott hatte einen Garten für den Menschen bereitet, der Mensch aber wollte nicht Geschöpf sein, er wollte sein wie Gott. Er traute seinem Schöpfer nicht. Mit dem Bild der Schlange wird versucht zu zeigen, wie im Menschen der Zweifel wächst und damit die Frage immer stärker wird: Wollte der Schöpfer uns etwas vorenthalten? Warum sollten wir nicht eigenmächtig handeln und das an uns nehmen, was so verlockend und greifbar nahe erscheint? Was diese Erzählung in die Vergangenheit verlegt, ist eine zutiefst zeitlose Wahrheit. Das verlorene Paradies ist unsere Wirklichkeit. Der Griff nach der verbotenen Frucht ist die ständig neue Urversuchung, immer mehr und sofort haben zu wollen, das Geschick in die eigenen Hände zu nehmen, ohne Rücksicht auf vorgegebene und damit zu respektierende Ordnungen. „Warum eigentlich nicht?“ Es ist gut, diese Frage zuzulassen, Altes und Gewohntes in Frage zu stellen, Neues zu versuchen und Grenzen zu überschreiten. Das gehört zum menschlichen Leben. Sonst gäbe es kein Wachstum und keine Entwicklung. Aber diese an sich guten Kräfte brauchen Zügel. Das vorwärts drängende Streben muss gelenkt, ja gezähmt werden. Das geschieht durch Achtung und Rücksichtnahme, durch Bereitschaft zur Verantwortung, durch ein Gespür für die Bedürfnisse der anderen. Wer nur an sich und seinen Vorteil denkt, der verirrt sich schnell. Nicht alles, was einer kann, das kann und darf er auch tun. Wer mit seinem Auto viele Pferdestärken entfesseln kann, der braucht mehr als nur die geringe Kraft um das Gaspedal durchzutreten. Spätestens seit Tschernobyl müssen wir uns fragen, ob die Nutzung der Atomkraft wirklich so sicher ist, wie behauptet wird. Und sind Ölbohrungen an Orten, die das Risiko unkalkulierbar machen verantwortbar, nur weil gewaltiger Gewinn lockt?
 
Wer nur sich selbst und seinen eigenen Profit im Auge hat und entstehende Schäden für Menschen, Tiere und Umwelt dafür in Kauf nimmt bzw. verharmlost, der zerstört, auf Dauer gesehen, seine eigene Zukunft. Die Finanzjongleure der Banken und mancher Regierungen denken und handeln vergleichbar. Was dort und an anderen Stellen in nicht mehr vorstellbaren Größen geschieht, das ereignet sich – genau genommen – alltäglich genauso im Kleinen. Es ereignet sich dort, wo einer seinen Müll bequem zu Lasten der Allgemeinheit wild entsorgt, wo Verkehrsvorschriften missachtet werden oder die Rechte von Schwächeren mit Füßen getreten werden. Entscheidend ist für viele nur der eigene Vorteil. Verantwortung für andere, Rücksicht, sparsamer Verbrauch der Kraftquellen, aus denen wir ja alle schöpfen, das alles wird schnell vergessen. Die Eva des Paradieses ist bis heute lebendig und allgegenwärtig. Sie hat viele Gesichter und Namen und ist irgendwie in jedem von uns zu finden.
 
Diese Eva in uns allen findet ihr Gegenbild in Maria. SIE wollte nicht herrschen, sondern dienen: Siehe ich bin die Magd des Herrn! Maria hatte Pläne, sie wollte heiraten und leben wie die meisten jungen Mädchen damals und heute. Gott aber hatte anderes mit ihr vor und sie war bereit dazu. Sie wollte nicht ihren Willen durchsetzen. Sie lies ihre Pläne vom Wort des Engels durchkreuzen. Gott aber wollte in Wahrheit gar nichts von ihr, er wollte alles für sie. Gott nimmt niemandem etwas weg, er will jedem schenken und zwar mehr, als man sich ausdenken kann. Gottes Zumutungen sind in Wahrheit Ermutigungen: Lass dich auf mich ein, du kannst dabei nur gewinnen. Das weiß freilich der Mensch zunächst noch nicht. Auch Maria konnte es nicht ahnen. Dennoch hört sie auf Gottes Wort. Darum konnte mit ihr das Neue in unsere erlösungsbedürftige Welt kommen.
 
Eva und Maria: zwei Menschen, zwei Wege, zwei Lebensentwürfe. Der eine trägt den Todeskeim in sich, der andere aber ist voller Hoffnung, weil er das Leben in sich birgt. Beide Möglichkeiten sind in einem jeden von uns angelegt. Jeder von uns weiß um die heilende Kraft des Vertrauens, des Hörens und des Empfangens. Jeder von uns kennt aber auch die Versuchung, selbst die Regie zu übernehmen und zuerst auf sich und nicht auf die anderen zu schauen.
 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Der Beginn eines neuen Jahres ist für viele ein Anlass, das eigene Leben zu bedenken und zu versuchen, mögliche Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Das Fest der Gottesmutter Maria lädt ein, ihrem Beispiel zu folgen und nicht dem der Eva. Gott hat die Geduld mit uns Menschen immer noch nicht verloren. An uns liegt es, aus dem beginnenden Jahr nicht nur das zu machen, was wir immer getan haben. Wir sollen es zunächst einmal empfangen, annehmen und hinhorchen auf den Anruf, den Gott mit diesem Geschenk für einen jeden von uns damit verbunden hat. Amen.
 
 

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Diese Seite wurde am 1. März 2011 von Familie Wimmer erstellt.