Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 3

Männer Gottes
Heft Nr. 3 (Doppelheft)

Teil 6

von Sage 122 bis Sage 130


122

DIE VORENTHALTENE SANKT KOLOMAN-SPENDE

    Vor vielen hundert Jahren herrschte im Kloster Melk der Brauch, die Pilger, welche am Sankt Kolomanstage nach Melk wallfahrten, mit der Sankt Kolomanspende zu beteilen.

    Es ist nun schon viele Jahrzehnte her, da stand dem Stifte ein sehr geiziger Abt vor. Dieser glaubte, er könne diese uralte Stiftung aufheben und beschloß, daß kein Kirchenbesucher, nicht einmal die Armen, die Spende erhalten sollten. Wie immer hatten sich am Tage des heiligen Koloman viele Wallfahrer eingefunden. Wie staunten sie aber, als sie keine Kolomanispende mehr erhielten. Viele Stunden weit waren sie herbeigeeilt, damit sie die  G' s p e n d  in Empfang nehmen könnten. Mit enttäuschten Gesichtern standen sie nun zu Melk im Stifte. Sie fluchten dem geizigen Abte, der ihnen die jahrhundertealte Spende vorenthielt. Zu ihrem Fluche gesellte sich noch haßerfüllte Verwünschung. Nach ihrem Willen sollte das Stift ob des Geizes, der seine Insassen nunmehr beseelte, versinken.

    Am Abend des Kolomanstages, als der Pater Chormeister in seine Zelle, die in der Nähe der Herrenküche gelegen war, gehen wollte, war er höchst erstaunt, daß seine Wohnung um eine Stufe tiefer lag als bisher. Man forschte nach der Ursache, konnte aber diese nicht aufspüren und ergründen. Man konnte nur die Feststellung machen, daß die Kirche und ein Teil des Klosters abgesunken waren.

    Ein Jahr war seit diesem Ereignis vorbeigegangen. Man feierte wieder das Kolomanifest und wieder verbot der geizige Abt die Verteilung der Spende. Auch diesmal eilten viele Wallfahrer zum Heiligtume des Märtyrers heran. Sie erhofften sich für diesmal doch die gebräuchliche Gabe, waren aber enttäuscht, als sie wiederum über Befehl des Abtes zurückbehalten wurde. Sie grollten nun dem Geizhals aus tiefstem Herzen und Verwünschungen kamen über ihre Lippen. Und als am Abend des Wallfahrtstages der Abt zur Ruhe gehen wollte, bemerkte er zu seinen Entsetzen, daß das Kloster wieder um eine Stufe des Ganges tiefer abgesunken war. Dieser Umstand kam dem Volke zu Ohren und dieses raunte gar sonderbare Gerüchte sich ins Ohr. So meinte es: "Dies ist die Strafe Gottes! Wenn das G'spend nicht wieder eingeführt und fürderhin eingehalten wird, so versinkt das Kloster im Laufe der Jahre zur Gänze." Diese Nachrichten wurden auch dem Abte berichtet, der nunmehr schon selbst gar böse Ahnungen hatte. Das Geschehnis hatte ihn weiterhin solchen Schrecken eingejagt, daß er seine aus Habgier erlassene Verfügung widerrief. Er führte wohl nicht mehr den althergebrachten Brauch zur Gänze ein, sondern verteilte an zwölf alte Männer und Frauen des ärmsten Standes je ein Maß Konventwein, einen Laib Brot und eine Mahlzeit. Und siehe: Das Kloster sank ab diesem Tage nicht mehr ab; es blieb erhalten. Trotz aller schlechten Zeiten, die das Kloster in folgenden Tagen je erlebte, blieb der alte Brauch als Speisung der Armen bis heute am Kolomanitage erhalten.


Gew.: Draskovich in Melk. Aufz.: Dr. Hans Plöckinger in Krems, 1926.

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123

DIE KOLOMANSWUNDER

    Zu den Zeiten Kaiser Heinrichs des Heiligen wanderte der irische Prinz Koloman auf einer Pilgerreise durch Österreich. Das Land litt damals schwer unter den Einfällen der Böhmen und Magyaren und die ängstlichen Leute nahmen den Fremdling in Stockerau als vermeintlichen Späher gefangen. Da von ihm als der deutschen Sprache Unkundigen nichts heraus zu bekommen war, als daß er ins heilige Land ziehen wolle, was man ihm aber nicht glaubte, wurde er zu Tode gefoltert und auf einem verdorrten Hollunderbaum gehängt. Weil dieser aber darauf hin zu blühen begann und der Leichnam unversehrt blieb, ja sogar oft zu bluten begann und Wunderheilungen bewirkte, wurde er feierlich bestattet. An seinem Grabe, in einer kleinen Kapelle, erwiesen sich ebenfalls viele Wunder. Um dem Heiligen aber eine würdige Ruhestätte zu schaffen, ließ Markgraf Heinrich seinen Leichnam im Jahre 1014 feierlich nach dem Kloster Melk bringen.

    König Stefan, der heilige von Ungarn wollte aber die durch die vielen Wunder berühmt gewordene Sankt Kolomanleiche unbedingt in seinem Lande haben. Als dessen Abgesandter geradezu mit Krieg drohte, willigte der Markgraf in die Übertragung. In Ungarn wurde der Heilige mit ungemeiner Freude empfangen. Aber statt des erhofften Glück und Segens kamen Seuchen, Hunger und andere Übel, sodaß Stefan erkannte, daß jene Übertragung doch unrecht gewesen sei. Er ließ daher die heilige Leiche im Jahre 1016 nach Melk zurückbringen.

    Hier ereigneten sich an dem Grabe alsbald wieder Wunder, insbesondere Krankenheilungen.


Gew.: Buch: Geschichte von dem heiligen Pilger und Märtyrer Koloman. (Kremserdruck 1734.) Siehe auch Wachausagen von Dr. H. Plöckinger. 1926.

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124

SANKT KOLOMAN LÄSST SEIN PFERD BESCHLAGEN

    In einem kleinen Dorf des Waldviertels nächst Rastenfeld lebte einst ein Schmied. Bei diesem ließ der heilige Koloman, als sein Pferd auf der Pilgerfahrt ins heilige Land ein Hufeisen verloren hatte, sein Rößlein neu beschlagen. Als er den Schmied für seine Arbeit bezahlen wollte, verlangte dieser keinen Lohn, weil er alles, was er tue, um Christi Willen verrichte. Der heilige Koloman verlieh ihm aber zum Dank die Gabe, gegen Tod und Teufel gefeit zu sein.


Gew.: Hermann Beck aus Mottingeramt. Aufz.: Dir. Hans Faulland, Rastenfeld, 1952.

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125

SANKT ALBINUS ZU SANKT JOHANN

    Vor langer Zeit lebte in der Wachau ein frommes Geschwisterpaar. Albinus und Rosalia führten ein gottgefälliges Leben und starben als Heilige. Nachdem die heilige Rosalia bereits früher gestorben war, hielt Albinus am Grabe seiner Schwester Totenwache. Aber auch sein Leben ging zu Ende. Als er nun verschied, war die Stelle des Wächters am Rosaliengrabe verwaist. Man stellte sein Standbild als Wächter am Grabe der Heiligen auf, wo es sich noch heute findet.


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126

DAS ALBINUSHEBEN ZU SANKT JOHANN

    Das Standbildnis des heiligen Albinus, welches sich in der kleinen Wachauer Kirche zu Sankt Johann befindet, hatte einst seinen Standplatz in der Kirchenmitte. In dieses Kirchlein wallfahrten einst große Scharen Volkes, um Vergebung ihrer Sünden zu erlangen. Jeder Reuige, der das steinerne Standbild des Albinus zu heben vermochte, konnte auf Vergebung seiner Sünden hoffen, wenn er aufrichtig beichtete und reuevoll Buße tat. Versuchte aber ein sündhafter Mensch ohne aufrichtige Reue das Bildnis zu heben, so vermochte er nicht dasselbe von der Stelle zu bewegen. Besonders bei Braut- und Eheleuten, die etwas auf Treue hielten, war es sehr beliebt, das Standbild des Heiligen zu beben. Im Laufe der Zeiten wurde der einst weiße heilige Albin infolge des oftmaligen Hebens durch Männer, die so ihren Frauen die Treue mit Hilfe des Heiligen beweisen wollten, und umgekehrt durch Frauen, so schwarz, daß die Jungfrauen von Arnsdorf, das benachbart liegt, beschlossen ihn an die Donau zu tragen und dort abzuwaschen.


Aus Frau Saga, 3. Reihe, Nr. 101, Seite 93.

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127

SANKT ALBINUS UND DIE ARNSDORFER JUNGFRAUEN

    Die Arnsdorfer Mädeln wollten einst das Standbild des heiligen Albinus, das durch das brauchmäßige Albiniheben arg verschmutzt war, reinigen. Sie tragen es deshalb zur Donau, um es dort zu waschen. Das geschah auch, aber unter allerhand unziemlichen Spott- und Stichelreden. - Als nun das Standbild schön weiß gewaschen war und der Heilige wieder nach Sankt Johann zurückgebracht werden sollte, konnte keine der Jungfrauen den heiligen Albinus heben. Er hatte sich so schwer gemacht, weil ihn die Dirnen durch ihr ungehöriges Treiben beleidgt hatten. Da blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Pfarrer von Sankt Johann zu holen und ihm ihre Schuld einzubekennen. Der Geistliche verwies zuerst den Mädeln ihre Ungehörigkeit, legte Ihnen eine Buße auf, hob dann ganz ohne Mühe den Heiligen und trug ihn in die Kirche zurück.


Frau Saga, 3. Reihe, Nr. 101, S. 98, und Plöckingers Wachausagen S. 46, Nr. 38.

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128

DIE ENTFÜHRUNG DES HEILIGEN ALBINUS

    Im Gotteshause von Sankt Johann im Mauertale fand man nicht nur Genesung von Krankheiten, sondern der heilige Albinus genoß auch als Schutzpatron der Schiffer große Verehrung. Trotzdem erlaubten sich vor langer Zeit Mutwillige Schiffsknechte einen sonderlichen Spaß. Sie trugen das Bildnis auf das Schiff und stellten es auf dessen Gransel. Dann fuhren sie weiter. In Sankt Nikola, wo sie nächtigten, wurde im Gasthause lustig gezecht. Als die Schiffsleute am Morgen die Vorbereitungen zur Weiterfahrt trafen, bemerkten sie zu ihrem Schrecken. daß der Heilige spurlos verschwunden war.

    Nicht lange nachher mußten die selben Schiffer wieder stromaufwärts fahren. Die Pferde, welche ihre Schiffe zogen, konnten aber bei Sankt Johann nicht mehr weiter. Alles Schlagen und Fluchen half nichts. Da sagte der Vorreiter: "Das ist die Strafe, weil ihr den Albinus gestohlen habt."     Die Schiffsknechte gingen voll Reue in die Kirche, wo sie zu ihrem Staunen den Heiligen an seinem alten Platz fanden. Dann nahmen sie den Pferden die Hufeisen herunter und opferten diese in der Kirche, wo sie zur warnenden Erinnerung festgenagelt wurden.


Aus Dr. Plöckingers Wachausagen, S. 46, Nr. 38. Gew.: Allgemeines Volksgut.

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129

DER HEILIGE WOLFGANG UND DIE SPATZEN

    Der heilige Wolfgang war lange Zeit in Ungarn als Glaubonsbote tätig gewesen und hatte viele Heiden bekehrt. Da wanderte er wieder nach Bayern zurück und kam auf dem Heimwege durch den Wolfsteiner Graben. Am Ende desselben setzte er sich ganz ermüdet auf einen Stein nieder, um seinen Hunger zu stillen. Er hatte bloß ein Stück trockenen Brotes zu verzehren. Bei dieser kargen Mahlzeit waren eine Schar Spatzen seine ungebetenen Gäste. Gern gab ihnen der Fromme viele Stücklein. Als er sich aber nach der Stärkung ins Gebet vertiefte und ihm dabei die Spatzen keine Ruhe gaben, sondern sogar aus seiner Tasche das Brot stahlen, da wurde Sankt Wolfgang so böse, daß er die kecken Vögel mit der Hand verscheuchte und ausrief: "Hinaus aus dem Graben! Da herinnen darf sich kein Spatz mehr blicken lassen."

    Seit dieser Zeit gibt es in diesem Tale keine Spatzen mehr, worüber seine Bewohner sehr froh sind, denn früher hieß es weit und breit, daß die Wolfensteiner nur für diese kecken Vögel arbeiteten. Man hat auch in dankbarer Erinnerung über dem Steine, wo der Heilige gerastet, einen Bildstock errichtet, auf welchem in einem Gemälde das Geschichtlein festgehalten ist. Jener Stein zeigt sogar die Eindrücke von Sankt Wolfgangs Sitz, von seinen Armen und Füßen.


Aus Dr. Plöckingers Wachauer Sagen (1926), Seite 37, Nr. 29.

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130

SANKT JAKOBUS IM SCHNEE

    In der Kapelle der Burgruine Wolfenstein wurde das Bild des heiligen Jakobus des Jüngeren als Wettermacher verehrt. Eines Tages war der Heilige aus der Kapelle plötzlich verschwunden. Ein Bauer des nahen Dorfes Gansbach, der seinen besonderen Schutz nur für sich in Anspruch nehmen wollte, kam auf den Einfall, ihn in sein Haus zu tragen. Im tiefsten Winter verließ aber der Heilige seine neue Behausung und kehrte bei Schneesturm in seine alte Kapelle zurück. Da dieses Wunder in einer Schneenacht geschah, wird seit dem das Bild  "S a n k t  J a k o b u s  i m  S c h n e e"  verehrt.


Aus: Maillys n.ö. Sagen, Nr. 159.

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Diese Seite wurde am 17. August 2002 erstellt.