über das Westende des Bodensees zu den Quellen der Donau. Durch diese Grenzziehung ragte germanisches Gebiet wie ein Keil in das Römerreich hinein. Auch war die Straßenverbindung zwischen Rhein und Donau beschwerlich lang. So beschloß Kaiser Vespasian (69-79), das Land zwischen Rhein und Donau besetzen zu lassen. Kaiser Domitian (8l-96) führte die Eroberung zu einem vorläufigen Abschluß. Zum Schutz des eroberten Gebietes bauten die Römer eine Grenzbefestigung, den Limes. |
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Zuerst bestand der Limes nur aus einem Postenweg entlang der Grenze, der durch hölzerne Wachttürme gesichert war Die Wachttürme wurden so aufgestellt, daß die Strecke zwischen ihnen gut zu übersehen war und Signale vom Turm weitergegeben werden konnten. Während der Regierungszeit Kaiser Hadrians (117-138) wurde zum besseren Schutz eine Palisade vor den Postenweg gesetzt. Wieder etwas später, um die Mitte des 2. Jahrh., wurden die Holztürme durch Steintürme ersetzt. Die Besatzung der Wachttürme wurde von den Truppeneinheiten gestellt, die direkt am Limes oder in seiner unmittelbaren Nähe in Kastellen untergebracht waren. In der spätesten Phase bestand der Limes, der die Provinz Raetien schützte, aus einer Steinmauer, die von Lorch (östlich von Stuttgart) bis nach Eining (westlich von Regensburg) reichte. |
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Der Limes bildete allerdings kein unüberwindliches Hindemis. Schon 213 n. Chr. durchbrachen alamannische Scharen den raetischen Limes, gelangten jedoch nicht allzuweit ins Hinterland. Wesentlich weiter stießen sie zwanzig Jahre später vor und verwüsteten weite Teile Raetiens. Dies war vor allem deshalb möglich, weil durch den Abzug von Truppen der Rhein-Donau-Armee auf den parthischen |
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An dieser Stelle sei die Struktur der römischen Armee kurz beschrieben: |
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Ungefähr seit dem 1. vorchristlichen Jahrhundert war sie eine Berufsarmee mit einer Dienstzeit von durchschnittlich 25 Jahren. Das Rückgrat des Heeres bildeten rund 30 Legionen zu je 6000 Mann, die in festen Lagern entlang der Reichsgrenzen stationiert waren. Für den Schutz der Provinz Raetien zuständig war die III. italische Legion, deren Lager sich in Regensburg befand. Dazu kamen in jeder Provinz Hilfstruppen aus Stämmen, die noch nicht lange von den Römern unterworfen waren. Um das Risiko der Fahnenflucht und der Rebellion zu verringern, verlegte man diese Einheiten meist in weit entfernte Gebiete, so die Sequaner aus Burgund nach Vemania. |
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Jochen GARBSCH – von ihm stammt auch die obige Rekonstruktion – hat das Kastell Vemania so beschrieben: Die Anlage bildet ein unregelmaßrges Fünfeck mit der größten Seitenlänge von 88 m, die Ecken werden durch Türme geschützt Die Mauerstärke schwanktzwischen 0,90 m und 2,20 m. Das Tor bestand aus zwei halbrund vorspringenden Tortürmen von je 4 m Durchmesser Das Innere bot Platz für Baracken und Pferdeboxen der ca. 200 hier stationierten Reiter. Die übrigen 300 Mann waren wohl als Besatzungen auf die 12 bis 15 ‚burgi’ zwischen Vemania und Bregenz abkommandiert. |
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(s. GARBSCH, Ausgrabungen und Funde im spätrömischen Kastell Vemania in AGF 73, S. 43) |
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Noch einmal GARBSCH (S. 49): Von besonderer Bedeutung für die Erhellung der Schicksale des Kastells und seiner Besatzung sind einige Schatzfunde. Sie geben uns schlaglichtartig Einblick in Augenblicke von Not und Bedrohung. Ein ‚Schatz’ stellt einen materiellen Wert dar, den man in einer Krisensituation gefährdet glaubt und daher vergräbt, um ihn vorübergehend vor fremdem Zugriff zu schützen. Wenn aus dem ‚vorübergehend’ ein ‚dauemd’ wird, ist der Besitzer nicht mehr in der Lage gewesen, sein Eigentum zu heben. Die Gründe mögen von Vergeßlichkeit über Flucht und Verschleppung bis zu Krankheit und Tod reichen. |
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Um 282 bedroht (Fund in der Nähe des Tores und hinter dem südlichen Teil der Ostmauer) und zerstört, wird es unter Diokletian (284-305) wieder errichtet. 302/303 ging es erneut in Flammen auf, Konstantin (306-337) ließ das Kastell wieder aufbauen. Anfang der Sechzigerjahre wurde es noch einmal zerstört, Ende der Sechzigerjahre wieder eneuert. |
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Um 400 war es endgültig aus. Die Truppe wird nach Oberitalien zurückgezogen. Sie nimmt alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist, und legt dann Feuer. |
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Das Bertelsmann-Taschenlexikon [Bd. I, S. l0l] bezeichnet die Alamannen als einen Bund westgermanischer Völkerschaften suebischer Herkunft. Dem entspricht, was der antike Schriftsteller ASINIUS OUADRATUS über sie sagt. Er deutet ihren Namen als ,zusammengespülte und vermengte Menschen Diese Deutung wird durch die neueste Forschung bestätigt. Sie geht davon aus, daß einzelne Heerführer verschiedener germanischer Stämme aus dem weiten Gebiet der unteren Elbe, dem Havelland, dem Thüringer Becken und Böhmen Gefolgschaften um sich sammelten. Diese größeren oder kleineren Trupps zwangen durch ständige Überfälle und Raubzüge die Römer in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts zur Aufgabe des Gebietes zwischen Rhein und oberer Donau. |
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Die Bewaffnung dieser Krieger bestand aus der Spatha, einem zweischneidigen Langschwert, dem Sax, einem einschneidigen Kurzschwert, der Lanze, dem Ango, einer Wurflanze, und dem Schild, Pfeil und Bogen gebrauchten vor allem Jugendliche. Helme waren nicht üblich. So war der Kämpfer einzig durch den Schild geschützt. Er war meist rund und aus Holzbrettern zusammengesetzt, die durchschnittlich 10 bis 12 mm dick waren. Sein Durchmesser betrug 80 bis 90 cm. Die Hand, welche den Schild hielt, war durch |
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den Schildbuckel geschützt. Der Ango, eine Eisenstange mit kurzer Spitze und Widerhaken auf einem Holzschaft, wurde auf den Schild des Gegners geschleudert. Er saß durch die Widerhaken fest im Holz des Schildes und zog diesen nach unten, so daß der feindliche Kämpfer ungeschützt war. |
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Wie es zuging, wenn solche Streifscharen eine Siedlung hinter dem Limes überfielen, macht eine Ausgrabung aus dem Jahr 1984 deutlich. |
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Bei der Freilegung eines römischen Landgutes in Harting bei Regensburg wurden auch zwei Brunnen untersucht. Hierbei stieß man auf die Skelettreste von dreizehn Menschen. Einige der Männer waren wohl im Kampf gefallen, die übrigen waren gefoltert worden. Dann hatte man sie zerstückelt und in die Brunnen geworfen. Die Frauen schienen skalpiert worden zu sein. Zuguterletzt wurden allen die Köpfe abgeschlagen. Die Leichen scheinen portionsweise zerteilt worden zu sein, was auf ein rituelles Mahl hindeutet. Die Alamannen gingen also alles andere als fein mit den Überfallenen um. Übrigens berichtet der Schriftsteller AMMIANUS MARCELLINUS – er lebte gegen Ende des 4. Jahrhunderts zu Antiochia in Syrien – ähnliches von den Goten. Sie sollen nach der Schlacht von Adrianopel die besiegten Gegner gefoltert, getötet und abgehäutet haben. |
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Das oben erwähnte rituelle Mahl weist auf Riten hin, denen religiöse Vorstellungen zugrundeliegen. Was glaubten die Alamannen? Allen Germanen gemeinsam – also auch den Alamannen – war die Verehrung des Himmelsgottes Ziu, der für das streitbare Volk auch zum Kriegsgott geworden war. Seine Gemahlin war die Erdgöttin Freia. Neben Ziu verehrten sie vor allem den Donnergott Donar und den Totengott Wotan, dessen Verehrung auch bei den Alamannen das bekannte Bieropfer zur Zeit Kolumbans bezeugt, Ursprünglich war die Kultgemeinschaft der Sueben regelmäßig im Gebiet ihres vornehmsten Stammes, der Semnonen, zusammengekommen. Hier befand sich der heilige Hain, den sie nur gefesselt betreten durften zum Zeichen, daß sie, die freien Männer, sich völlig in die Gewalt ihrer Götter begaben, Das Kultfest begann mit Menschenopfern, denen zahlreiche Tieropfer folgten. Vom Opferfleisch wurde dann den Anwesenden abgegeben.
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Die Alamannen hatten keinen eigenen Priesterstand. Seher und weise Frauen prophezeiten ihnen den Willen der Götter. Außer der Götterdreiheit Ziu, Donar und Wotan verehrten sie nach dem Zeugnis des griechischen Geschichtschreibers und Schriftstellers AGATHIAS SCHOLASTIKOS (536-582)
auch Wald- und Wassergeister. |
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Die Grabbeigaben lassen darauf schließen, daß ebenso an ein Weiterexistieren der Toten geglaubt wurde. Die Verstorbenen wurden mit ihrer Tracht und ihrer Ausrüstung bestattet, zu der bei der Frau neben dem Schmuck die Geräte, die mit ihrer Tätigkeit zu tun hatten, beim Mann alle Waffen, auch die Reiterausrüstung, gehörten. Außerdem wurden in Gefäßen aus verschiedenen Werkstoffen (Ton, Metall, Holz, Glas) Speisen als Wegzehrung mit ins Grab gestellt. Die Grabbeigaben richteten sich natürlich nach der gesellschaftlichen Stellung des Toten, ob er also ein Unfreier, ein Halbfreier oder ein
Freier war. |
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Von den Toten nun zu den Wohnungen der Lebenden: Das Gehöft ist von einem Zaun umgeben. Das Wohnhaus ist meist einräumig mit einem offenen Dachstuhl. Es schließen sich an die Stallgebäude für die Haustiere (Pferde, Rinder, Schweine, Schafe, Geflügel) und Speicher für Korn und Heu. Das Wohnhaus und die Stallgebäude waren ebenerdige Pfostenbauten, deren Wände aus Brettern oder lehmverschmiertem Flechtwerk bestanden. Der Rauch des Herdfeuers entwich durch das stroh- oder schilfgedeckte Dach. |
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Der Speisezettel war verhältnismäßig reichhaltig. Hausgärten sorgten für Kohl, Bohnenkraut, Petersilie und Mangold. An Früchten konnten in gefundenen Speiseresten Kirschen, Pflaumen und anderes nachgewiesen werden. Angebaut wurde überwiegend Gerste, wohl wegen ihrer großen Bedeutung für die Biererzeugung. Für das Fleisch sorgten die Hausüere. Die Jagd als Quelle der Nahrungsbeschaffung war eher unbedeutend. |
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Von Kampf und Krieg war eingangs die Rede, damit muß dieses Kapitel leider auch wieder abgeschlossen werden. Solange sie die Römer bekämpften, hielten die einzelnen Germanenstämme untereinander Frieden. Das änderte sich nach dem Rückzug der Römer sehr schnell. Als der Frankenkönig Chlodwig (482-511) einen Feldzug gegen die Thüringer unternahm, fielen die Alamannen in das Frankenreich ein. Es kam zu einer erbitterten Schlacht am Rhein, für die Ort (Zülpich?) und Zeit (496?) nicht eindeutig festzulegen sind. Trotz tapferer Gegenwehr wurden die Angreifer schließlich geschlagen, ihr König fiel. Die Unabhängigkeit war verloren. |