Chronik Grünenbach

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GRÜNENBACHER CHRONIK
 
von den Anfängen bis zur Gegenwart
 
von Pfarrer Herbert Mader
 
Teil 8
 
Seite 37 bis 46

 
Grünenbachs älteste Urkunde
 
Wertvolle Urkunden aus dem Mittelalter findet man meist nur in Staatsarchiven. Das Pfarrarchiv Grünenbach macht hier eine rühmliche Ausnahme. Wahrscheinlich kann sich kein Pfarrarchiv in der näheren und weiteren Umgebung rühmen, Originalurkunden aus dem Jahr 1277 zu besitzen. Daß diese auch für Fachleute interessant sind, geht aus einem Schreiben des Dekans Andreas HAID hervor, der sich in Augsburg intensiv darum bemühen mußte, daß er die nach dort ausgeliehenen Urkunden wieder zurückbekam. Er stellte auf einem Einlegblatt fest:
 
  Diese alten Urkunden – die in der „Geschichte der Pfarrei Grünenbach“ von Anton Wendelin ENDRES aus dem jahr 1800 erwähnt werden – waren bei meinem Pfarreiantritte dahier nicht mehr in der Pfarr-Registratur. Um endlich Klarheit in die verwirrte Unordnung der unsicheren älteren Jahrtagsverzeichnisse zu bringen, suchte ich beim Bischoflichen Ordinariate um womöglich genaueren Aufschluß nach und erhielt leihweise gegen Bescheinigung nur für sechs Wochen diese mit Siegeln versehenen, in diesem Einband enthaltenen Pergamenturkunden, welche wahrscheinlich ohne jegliche Aufzeichnung in der Pfarr-Registratur dem damaligen Dompropste Dr. Anton STEICHELE nachmaligem Erzbischof von München, zur Ausarbeitung seiner „Geschichte des Bisthums Augsburg“ früher zugeschickt aber nicht mehr remittiert worden sind. Ich wies nun in einem Schreiben dem Bischoflichen Ordinariat Augsburg die Identität dieser Urkunden mit jenen von ENDRES in seiner „Geschichte der Pfarrei Grünenbach“ zitierten Urkunden nach und erhielt, gestützt auf den Rechtssatz RES CLAMAT AD DOMINUM (‚Die Sache schreit nach dem Herrn‘ oder mit anderen Worten: ‚Dem Besitzer muß das, was ihm gehört zurückgegeben wer den.‘) diese wichtigen alten Urkunden und eine einzelne mit der Aufschrift „Ich, Johann Joseph RUDOLPH, Beeder Rechte Doctor etc.“ zu meiner großen Freude wieder im jahr 1892 in die hiesige Pfarrllegistratur zurück
 
5 Seitdem ist jene für die Geschichte der Pfarrei Grünenbach wichtige Urkunde zusammen mit den übrigen wieder hier. Unter den im Aktenschrank der Pfarr-Registratur befindlichen Schriftstücken fällt das Urkundenbuch sofort auf, denn aus den beiden Aktendeckeln, zwischen denen die Urkunden zusammengebunden sind, hängt eine ganze Anzahl alter Siegel heraus. Öffnet man die mit einem schwarzen Band zusammengehaltenen Kartondeckel, so findet man insgesamt 61 größere und kleinere Dokumente, deren erstes im Jahr 1277 und deren letztes im Jahr 1727 geschrieben ist. Zwischen dem ersten und dem letzten Blatt liegt also eine Zeitspanne von 450 Jahren!
 
Betrachtet man nun das erste Pergament mit den Maßen 9 x 18 cm näher, so glaubt man kaum, daß es schon mehr als 700 Jahre alt ist. Die Schrift ist wie gestochen und so klein, daß man fast eine Lupe zu Hilfe nehmen muß, um sie zu lesen. Doch dann erblickt man am Ende der letzten Zeile die Zahl MCCLXXVII, das Jahr der Niederschrift. Die Urkunde ist in Latein abgefaßt und wenn der Schreiber nicht einige schwer entzifferbare Abkürzungen gebraucht hätte, könnte sie ohne weiteres als Übersetzungsaufgabe für Gymnasiasten abgedruckt werden. Sie beginnt:
 
Dei gratia Babenburgensis ecclesiae episcopus omnibus christifidelibus salutem in domino salvatore...
(= Von Gottes Gnade Bischof der Kirche von Bamberg, entbiete ich allen Christgläubigen einen Gruß im Herrn und Erlöser ...)
 
Der Ort, an dem diese Urkunde geschrieben wurde, ist mit Wienne angegeben, das wahrscheinlich mit dem Ort Vienne südlich von Lyon gleichzusetzen ist.
 
In Lyon war 1274/75 das XIV. allgemeine Konzil abgehalten worden, auf dem es hauptsächlich um die Wiedervereinigung Roms mit der Ostkirche ging. Rund 500 Bischöfe und 1000 Prälaten waren damals der Einladung des Papstes Gregor X. (1271-1276) gefolgt. Außerdem beschloß man auf diesem Konzil einen Kreuzzug, zu dessen Finanzierung sämtliche Pfarreien einen Kreuzzugszehnten (=decimatio) beisteuern sollten. Um diesen Zehnten einheben zu können, wurde 1275 in der Diözese Konstanz ein Verzeichnis sämtlicher Pfarreien – der LIBER DECIMATIONIS – angelegt, in dem auch die Pfarrei Grünenbach, im Dekanat Egebrechtshoven gelegen, erscheint.
 
 
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Grünenbachs älteste Urkunde
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Doch weiter zur Urkunde:
 
In ihr verspricht der Bischof von Bamberg all jenen einen Ablaß von vierzig Tagen, die aus Anlaß der Weihe eines neuen Altars in der Kirche zu Grünenbach diese an den Festen des Herrn und der Gottesmutter sowie am Jahrestag der Kirchweihe besuchen und dort beichten und kommunizieren. (Dieser Ablaß sollte ein Anreiz zur Teilnahme am Gottesdienst sein!)
 
  Da das Wort ‚Ablaß‘ vielfach mit naiven und falschen Vorstellungen verbunden ist, sei nachfolgend der mit diesem Begriff zusammenhängende Sachverhalt kurz erklärt:
 
 Vierzig Tage Ablaß bedeutet nich, daß einem Sünder nach seinem Tod vierzig Tage Strafaufenthalt im Reinigungsort – auch ‚Fegefeuer‘ genannt – erlassen werden. Diese Formel ist vielmehr in ihrer Beziehung zum altkirchlichen Bußverfahren zu sehen. Nach dem öffentlichen oder geheimen Schuldbekenntnis wurde dem Sünder eine Kirchenbuße auferlegt, die je nach der gebeichteten Schuld größer oder kleiner war. So gab es
 
 
eine Buße von 40 Tagen, auch ‚Ouadragene‘ genannt, welche die Fastenzeit umfaßte,
eine Buße von 100 Tagen,
eine Buße von 300 Tagen, die mit einem Bußjahr gleichzusetzen ist, weil Sonn- und Festtage nicht als Bußtage galten.
 
 An diesen Bußtagen sollte der Büßer fasten, eventuell am Gottesdienst teilnehmen, intensiver und länger beten als sonst und Almosen geben – und das 40, 100 oder 300 Tage lang. Man war eben der Ansicht, daß die Sünde eine Wiedergutmachung als Zeichen des Willens zur Sinnesänderung erforderlich mache. (vgl. dazu Martin LUTHERs l. These: Da unser Meister und Herr Jesus Christus spricht: Thut Buße etc., will er daß das ganze Leben seiner Gläubigen auf Erden eine stete oder unaujhörliche Buße soll sein.) lm Laufe der Zeit wurde die ursprünglich strenge Kirchenbuße immer mehr erleichtert bzw. umgewandelt. Warum war das möglich?
 
 Jede Sünde eines Gliedes hat auch etwas mit der Kirchengemeinschaft als ganzer zu tun, sie ist eine Wunde am Leib Christi. (I Kor 12,26) Der Gemeinschaftsbezug wird ebenso beim Ablaß deutlich. Er besagt, daß der Sünder bei seiner Bußarbeit vom fürbittenden Gebet der Kirche begleitet wird, deren Haupt Christus ist. Er selbst tritt beim Vater für die Glieder seiner Kirche ein. (Hebr 7,25) Der Ablaß wird also von der fürbittenden Kirche gewährt mit Berufung auf das Gebet Christi und aller Heiligen (Offb 8,3-4).
 
Die Ablaßerteilung des Bamberger Bischofs besagte damit:
 
Wenn jemand an den genannten Festtagen die Kirche in Grünenbach besucht und dort beichtet und kommuniziert, so entspricht dieser Gang zur Kirche einer altkirchlichen Buße von 40 Tagen (was eine Umwandlung und Erleichterung bedeutet). Der Bischof mochte daran denken, daß in den Flächenpfarreien des Nordens, zumal im Winter, der lange und mancherorts auch beschwerliche Kirchweg sehr wohl ein Bußwerk sein konnte.
 
Zuguterletzt eine Anmerkung zum Mißbrauch des Ablaßwesens, gegen den sich der Wittenberger Reformator in einigen seiner 95 Thesen wandte:
 
Man übersah vielfach, daß der Ablaß etwas mit der Disposition dessen zu tun hat, der sich um diesen Ablaß bemüht. Ohne Beichte und Kommunion geht nichts!
 
lm Zusammenhang mit dem die Bußgesinnung zeigenden guten Werk wurde die Geldspende zu wichtig genommen. Darum wird heute bei der Ablaßgewährung auf Geldspenden ganz verzichtet. An ihre Stelle traten – wie auch schon früher üblich – Gebete, Wallfahrten und andere Andachtsübungen.
 
Schließlich wurde zu wenig emstgenommen, daß der Ablaß nur fürbittweise den Verstorbenen zugewendet werden kann. Der Gläubige, der die beim Ablaß gebotenen Auflagen erfüllt hat, kann zwar einen bestimmten Verstorbenen der Barmherzigkeit Gottes in besonderer Weise empfehlen, muß aber alles Ubrige Gott überlassen.
 
Damit wäre wohl alles Wesentliche gesagt!
 
 
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Von Zinsern, Zinsen und Pachtverträgen von ehedem
 
Mit der von Graf Ulrich X. von Bregenz (1080-1094) in die Wege geleiteten Gründung eines Reformklosters in seinem Herrschaftsbereich mußte auch für dessen Ausstattung gesorgt werden. Dies geschah mit Gütern im Bregenzerwald, im ferneren Illergau und um Grünenbach herum. Durch weitere großherzige Stifter mehrte sich der Besitz des Klosters im Laufe der Jahrhunderte beträchtlich, so daß er sich schließlich über ein weites Gebiet erstreckte – von dem im Kanton St. Gallen gelegenen Sargans über den Bodensee bis nach Sigmaringendorf an der jungen Donau.
 
Chronik Seite 39 Wappen der Grafen von MONTFORT
Wappen der Grafen von MONTFORT
Die Grafen von MONTFORT als Nachfolger der Grafen von BREGENZ waren ihren Vorgängem an Großzügigkeit gleich. So war nach dem Urbar (= Güter- und Abgabenverzeiclmis) der montfortischen Besitzungen im Westallgäu aus dem Jahr 1472 der überwiegende Teil des Montforter Besitzes im Vogteibezirk Thalendorf – auch ‚Gericht Grünenbach‘ genannt – an das Kloster Mehrerau ausgegeben.
 
Neben je sechs Orten in Baden und in der Schweiz konnte deshalb ein Besitzverzeichnis des Bodenseeklosters aus dem Ende des 15. Jahrhunderts
 
134 Orte in Vorarlberg und
 
159 Orte im Allgau und in Oberschwaben
 
vermerken.
 
Einige dieser Ortsnamen seien genannt: Alberschwende, Andels- buch, Bonlanden, Ebratshofen, Erolzheim, Grünenbach, Kirchberg,
Kirchdorf, Niederstaufen, Primisweiler, Rentershofen, Röthenbach, Tannheim ...
 
Es erhebt sich natürlich nun die Frage, wozu solch ein großer Besitz notwendig war. Er diente
 
dem Lebensunterhalt der Klosterbewohner,
der Erhaltung der Klostergebäude, der Pfarrkirchen und Pfarrhäuser,
der Unterstützung Armer und Kranker.
 
War die Mehrerau ein reiches Kloster?
 
Seltsamerweise fehlte es dem Kloster immer an Geld, denn der Pachtzins bzw die Abgaben bestanden fast durchwegs in Naturalien. So erhielten die Mönche gewöhnlich Fastnachtshühner, Ostereier und im Spätherbst Sauschultern, aus der Schweiz den Glarner Zieger, einen feinen Kräuterkäse. Dazu gab es bei verschiedenen Gelegenheiten noch Sonderabgaben, wie bei einem Todesfall als Erbschaftssteuer das „Besthaupt“ aus dem Stall (beim Mann) und das „Best-Häs“ (bei der Frau). Dabei zeigte sich das Kloster oft entgegenkommend, wie wir aus alten Aufzeichnungen erfahren.
 
Wie schlecht es um die Finanzen bestellt war, erfahren wir beim Klosterneubau um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die alte Kirche war mehr als 600 Jahre alt und die Klostergebäude zum Teil ‚ruinös‘, das Bauen war also kein Luxus. Doch es fehlte das Geld. Man verkaufte Klostergüter, was jedoch nicht reichte. So mußte man bei den Mitbrüdern in St. Gallen und Einsiedeln, in Weingarten, Wiblingen und Zwiefalten betteln gehen ...
 
Welche Einkünfte bezog nun die Mehrerau in Grünenbach?
 
lm ältesten erhaltenen Zinsrodel (Rodel = Verzeichnis, Liste) von 1290 ist auch hier von Schweinsschultern und Eiern die Rede. So bezog das Kloster
 
vom Meierhof in Grünenbach 20 Malter [1 ‚glattes‘ Malter = 192,14 1) – die Art des Getreides ist nicht angegeben – 2 Schweine und 100 Eier,
vom einen Schmied 5 Schilling Pfennige (= 60 Pfennige, den Gegenwert von 2 Schweinen), 2 Schweineschultern und 20 Eier, vom andern das gleiche.
 
Außerdem erscheinen in dieser Liste ein Albert, ein Dietrich, ein Konrad, ein Siegfried, die allerdings einzelnen Anwesen nicht zugeordnet werden können.
 
 
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Von Zinsern, Zinsen und Pachtverträgen von ehedem
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Interessanter ist ein von einem Hans MADER im Jahre 1571 gefertigtes Verzeichnis aller dem Kloster zinspflichtigen Güter mit dem Titel
 
 „Register umb des gotzhaus Bregentz lehen und ander höf auch faal und nottzins im Algöw, dem Gericht Grienenbach und daselbstumb gelegen“ Ernewert anno 1571
 
Nicht der Urkunde entsprechend, werden einige der Grünenbach betreffenden Namen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Die Verrechnungseinheit war nach der Münzordnung Karls des Großen das Pfund Silber (libra, abgekürzt lb) zu 20 Schilling (solidus, abgekürzt s) zu 240 Pfennigen (denarius, abgekürzt d). Also: 1 s = 12 d.
 
So gaben an Zins
 
  BRÖG
HUMEL
KNECHTENHOFER
MADER
MADER
OÜGLER
OÜGLER
OÜGLER
OÜGLERs
SCHILLING
Wilhalm
Hans
Hans
Caspar, Wirt
Hans
Hans, ‚klockher‘ Ried
Jacob, Schmied
Jacobs des ‚kriegsmanns‘ Sohn
witib
Martin
8
5
18
15
5
6
5
5
14
5
  Schilling 








 Pfg., 








2 Schultern, 20 Eier



2 Schultern, 20 Eier

2 Schultern, 20 Eier
2 Schultern, 20 Eier
2 Schultern, 20 Eier
2 Schultern, 20 Eier
 
Die zu Zahlungen und Abgaben Verpflichteten nannte man Gotteshausleute bzw Altarleute. Nach dem Mehrerauer Zinsbuch von 1585 waren sie
 
 „des Gozthaus Mereraw bey Bregenz zuogehörende Leutt der dreyen Alltärn als namlich S. Peters im Kloster alhie, St. Martins zuo Stifenhofen und Rötenbach, auch St. Otmars zuo Grienenbach, welche all und jede aus altem Heerkhomen, Geprauch, Recht und Gerechtzgkhait, nach jedes Absterben vorgemeltem Gotzhaus Bregentz den pesten Vahl und dan jedem Einziecher, wehr derselb sein wierdet, anstatt des Gotzhaus den Häsfahl ze geben schuldig seindt und deswegen Alltarleutt genempt werden sollen.“
 
Für die Nachkommen der Gotteshaus- und Altarleute galt die Regel, daß die Kinder in ihrem Stand der Mutter folgten:
 
 „Leibaigne und altarleuth stammen von den weibern her; also wan ein altarweib oder leibaigne kinder gebären thuet, sindt diße eiusdem conditionis; wan aber ein alter oder leibaigner man von seiner muetter her mit seiner nit leibaigen kinder erzeugt, sind solche gleich der muetter frey und nit leibaigen oder altarleuth.“
 
Die dem Kloster Mehrerau lehenbaren Güter in Grünenbach können nach ihrer Größe so eingeteilt werden:
 
130
80
70
60
50
40
30
20
10
0
 – 








140 Tgw.
90 Tgw.
80 Tgw.
70 Tgw.
60 Tgw.
50 Tgw.
40 Tgw.
30 Tgw.
20 Tgw.
10 Tgw.
   mit 
mit
mit
mit
mit
mit
mit
mit
mit
mit
26
16
14
12
10
8
6
4
2
1
 – 








28
18
16
14
12
10
8
6
4
2
  Stück 








 Großvieh   








1
1
3
3
3
5
5
1
2
2
   Haus-Nr. 10/11
Haus-Nr. 29
Haus-Nr. 15, 31, 36
Haus-Nr. 8, 13,35
Haus-Nr. 6, 24 und Schönau Nr. 17
Haus-Nr. 7, 30, 32, 33, 34
Haus-Nr. 4, 19, 20 u. Schönau Nr. 15 u. Nr. 30
Haus-Nr. 30 1/2
Haus-Nr. 17, 38
Haus-Nr. 14, 23
 
Um noch einmal auf das beim Tod des Lehensinhabers abzuliefernde ‚Besthaupt‘ zurückzukommen: Wenn 15 oder gar 25 Kühe im Stall standen, dann war das durchaus zu verkraften. Anders war das bei einem geringeren Viehbestand. Wie oft in solch einem Fall ‚Steuernachlaß‘ gewährt wurde, ist unbekannt.
 
Es scheint, daß die Grünenbacher im großen und ganzen mit ihren geistlichen Herren zufrieden waren. Als am 24. Januar 1594 noch einmal die alten Rechte schriftlich fixiert werden, heißt es: Die
 
 
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Von Zinsern, Zinsen und Pachtverträgen von ehedem
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Gotteshausleute ‚haben das Urbar verlesen hören und seyen desselbe woll zuefriden unnd pitten auch, das es fürohin allso und bei demselben verbleibe ... unnd damit Sy wissen, wie sie sich in ain und ander weg verhalten sollen, Inen desselben abschrifft und besiglet Vrkhund mitgethailt werde ‘.
 
1585  erwirbt Abt Gebhard RAMINGER (1582-1616), zuvor Pfarrvikar in Grünenbach, einen Hof zu Heimhofen um 480 fl.
1641  kauft Abt Plazidus VIGGEL (1616-1650) zwei Höfe zu Grünenbach.
 
Zu welchen Bedingungen vergab das Kloster seine Güter?
 
Da ein Lehensbrief aus dem Gemeindebereich Grünenbach nicht vorliegt, sei ein Lehensbrief für Agathe KECK von Hertnegg aus dem Jahr 1796 abgedruckt, die ebenfalls ein sog. ‚Schupflehen‘ des Klosters Mehrerau bewirtschaftete:
 
 Von Gottes Gnaden Wir Franz II. des Löblichen Benedicktiner Stifts zu Mererau dermalen vorstehender Abt bekennen oeffentlich für uns und unsere Nachkommen und Thun kund männiglich in kraft dieser Lehenherrlichen Urkunde, daß wir zu verhoffenden Unseren und Unseres Gotteshauses Nutzens Beförderung, insbesondere aber auf die an Uns gestellte unterthänigste Bitte der Agathe KECKIN zu Härtnegg, ihr. KECKIN, auf ihre alleinigen Lebenstäge unterm Heutigen aufrichtig und redlich zu Schupflehen geliehen und verliehen haben Unser und Unsers Gotteshauses eigenthümliches in 10 Winterfuhren bestehenden Hof und Gut, wozu Haus und Stadel, dann die dabey befindliche Einöde gehöret und wie nachfolgt gelegen ist, nämlich gegen Morgen an Johann Georg EGGART von Mittelhofen, gegen Mittag an Franz Joseph HÄUSLER von Lautenberg, an Mathias GREITHER von Haschenkel und an Jakob BENTELE von Buch, gegen Abend an Jakob BENTELE und Jakob HILLER von Eisenbretshofen, gegen Mitternacht an Anton MILZ von Härtnegg und an Jakob RIST von Mittelhofen; die Waldung hingegen gegen Morgen und Mitternacht an des Herrn Kaplan von Stiefenhofen Hochholz, gegen Mittag an Franz Joseph HÄUSLER von Lautenberg und gegen Abend an Jakob HUBER von Eisenbrechtshofen.
 
 Diesen eben beschriebenen Hof und Gut soll Agathe KECKIN in eigener Person mit dazu gehörigen Rechten und Gerechtigkeiten samt alltäglichen daraufhaftenden Nutzen und Beschwerden in Ziel und Mauten, wie solchen Hof vorhin ihr seel. Mann Joseph SCHWARZ inngehabt und benutzet hat, zu und als Schupflehen lebenslänglich besitzen und innehaben, denselben immer in gutem baulichem Stande erhalten, gehörig pflegen und besorgen, daraus und davon aber ohne Unser und Unsers Gotteshauses Vorwissen und Bewilligung überall nichts verleihen, versetzen, vertauschen, verkaufen oder auf eine Uns schädliche Art verändern, verehren, verschenken, es sey an Heu, Stroh, Dünger, Holz, Bäumen oder anderen zum Lehensgut gehörigen Dingen.
 
 Für den lebenslänglichen Genuß Unseres ihr Agathe KECKIN verliehenen Hof und Gutes soll dieselbe hingegen Uns, Unseren Nachkommen und Gotteshaus alle Jahre und zwar mit Martini künftigen Jahres zum erstenmaal für Lehen und Deittl. Zinß 12 fl – in Worten zwölf Gulden – dann auf eben diese Zeit zewy mit Schlögel und Wanne wohl geläutertem Malter Haber Isner Maß, nicht minder ein Pfund gut gehechelten und sauberen Flachs liefem und entrichten. Außer diesem ist die KECKIN auf ihren erfolgenden Tod hin Uns mit der Bestfallbarkeit unterworfen und fällt uns in diesem Fall das bäste Pferd oder das baste Stück Vieh aus ihrem Stalle zu. Hiernächst soll die Lehensträgerin auch zu anderen Schuldigkeiten, die Wir und Unsere Nachkommen an sie und andere Unsere Lehenleute zu fordem berechtiget sind verbunden und verpflichtet sein.
 
 Wenn hingegen Unsere Lehen-Vasalinn Agathe KECKIN die vorbemerkten Schuldig— und Warbindlichkeiten nicht genau beobachten und in schuldigem Vollzug nicht bringen oder sie über kurz oder lang mit dem Tod abgehen würde, alsdann und zur Stund ist Uns und Unserm Gotteshaus vorbeschriebener Lehenshof und Gut mit aller Ein- und Zubehör wieder dergestallten gänzlich frey, ledig und loos, zu und heimgefallen, daß Wir solchen anderen, wie und wenn wir wollen, wieder verleihen oder wie immer nach Unserer Willkühr als mit einem Wahren Egenthum disponieren können und mögen ohne ihr – ihrer Erben – oder sonst männiglich Ein- oder Wiederrede, wobey Wir Uns auch noch ausdrücklich fir die allenfals im Ruckstand belassenden Zinse oder anderm Uns etwaig auf dem Lehengute zufügende Beschädigungen auf ihr und ihrer Erben eigenthumlichen Haab- und Vermögenschaft liegend- und fahrenden Gütem insolange das erste Unterpfand vorbehalten, bis Uns mit Unseren Forderungen gänzlich werden zufrieden gestellt seyn.
 
 
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Von Zinsern, Zinsen und Pachtverträgen von ehedem
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 Endlich wollen wir zugleich den richtigen Empfang der ihr KECKIN auferlegten Ersatz Summe hiermit bescheinigen und quittieren. Alles getreulich und ohne gefährte.
 
 Zu wessen wahrer Urkunde Wir Franz Abt für Uns, Unsere Nachkommen und Unser Gotteshaus Unser Abtey Insigel oeffentlich hier fürdrucken lassen und Uns eigenhändig unterschrieben haben.
 
 Geschehen Stift Mererau am 29. Weinmonat 1796
 
FranzSiegelAgathe Keckin
 
Die Verleihung des Gutes in Hertnegg war wohl eine der letzten Lehensvergaben durch Abt Franz HUND (1791-1805), mit dem die Reihe der Benediktiner-Äbte in der Mehrerau abschließt. Schon zuvor waren auch im Raum von Grünenbach nicht wenige Schupf- und Erblehen von HUNDs Vorgänger, Abt Benedikt MARTINI [1782-1791), veräußert worden, um das vom Neubau der Klosteranlage herrührende Schuldenloch stopfen zu können. Die Kriege im Gefolge der Französischen Revolution taten ein übriges, um die Finanzen des Klosters zu zerrütten. Den Höhepunkt erreichten die Güterverkäufe zwischen 1802 und 1803. Die bayerische Regierung, der Vorarlberg und Tirol von Napoléon zugesprochen worden war, führte das Ende herbei, am 1. August 1806 wurde das Kloster aufgehoben, die Mönche mußten gehen. Abt Franz HUND mußte das nicht mehr miterleben.
 
Nur wenig erinnert in Grünenbach noch an die einstigen engen Beziehungen zum Bodenseekloster in der Bregenzer Bucht. Da wären
 
die Heiligen im schwarzen Mönchsgewand – St. Benedikt, St. Scholastika, St. Ottmar – in der Pfarrkirche,
 
die Namen der Pfarrvikare aus dem Bregenzer Konvent auf dem Priestergrab und
 
der Hausname „Beim Gotteshausammann“ bei Grünenbachs Hausnummer 13 (jetzt: Sennereiweg 9).
 
Dieser Hausname erinnert an die vom Kloster eingesetzte Amtsperson im Ort. Zwischen den Mön- chen und den Amtleuten muß ein gutes Einvernehmen geherrscht haben, wie der Sterbeeintrag beim vorletzten Ammann am 10. August 1793 beweist:
 
 10. Aug obiit Spectatissimus vir Joannes Jacobus EINSLE 29 annorum Judicii Grunenbachensis Laudatissimus Amanus aetate 79 annorum – Provisus
 
 (= Am 10. August starb der hochangesehene Mann Johannes Jakob EINSLE, 29 Jahre lang des Gerichtsbezirks Grünenbach vielgelobter Ammann, im Alter von 79 Jahren – er war mit den Sterbesakramenten versehen)
 
An der südlichen Kirchenmauer befand
sich ein Grabstein mit der Inschrift:
Von den Amtleuten mit Namen bekannt sind:
 
Denkmal
für den ehrgeachten
Gebhard PRINZ
v. Grünenbach
Kloster Mehrerauischer Aman
gest. 54 Jahre alt den 25. Juli 1792
und für sein Eheweib
Adelheid MADER
gest. in Niederstaufen den 24. jäner 1826
im 72. Jahre ihres Alters
dann für dieser ihren zweiten Ehemann
Johann Georg WEISS
ebenfalls Aman des Gotteshauses
Mehrerau gest. den 30. Novbr 1810
61 Jahre und 5 Monat alt
Sie ruhen in Frieden
HERING
EINSLE
EINSLE
EINSLE
PRINZ
WEISS
Michael
Jacob
Abraham
Johann Jacob
Gebhard
Johann Georg
(† 1687)
(† 1722)
(1684-1763)
(1714-1793)
(1738-1792)
(1749-1810)
 
 
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Hier und dort im Geiste St. Benedikts
 
Die knappe Aussage dieser Überschrift könnte man auch mit einem Fragezeichen versehen, denn das, was sie beinhaltet, war in dem einen oder anderen Benedilttinerkloster nicht selten nur angestrebtes Ziel. Wenn nun um Grünenbach ein Kreis mit dem Radius von 40 Kilometern gezogen wird, dann befinden sich innerhalb dieses Kreises immerhin drei Klöster, die sich der Regel ‚ORA ET LABORA‘ des großen abendländischen Mönchsvaters verpflichtet fühlten und darum auf ihre Regeltreue untersucht werden können, nämlich
 
die am Ort dominierende Bodensee-Abtei Mehrerau,
die sozusagen vor der Haustüre gelegene Abtei Isny und – etwas weiter entfernt –
die Fürstabtei Kempten.
 
Chronik Seite 43 St. Benedikt
Was ist diesen Klöstern gemeinsam?
 
Die Gründung durch Respektspersonen, die im weltlichen Bereich das Sagen hatten, also durch angesehene Grafenge- schlechter oder – wie es die Kemptner Uberlieferung will – gar durch eine Kaiserin,
 
die Vermittlung der Botschaft Christi an die nähere Umgebung,
 
das Beten der Tagzeiten und die Feier des Gottes- dienstes, wobei beidesmal der Stifter gedacht werden soll, die – mit Ausnahme von Kempten – in der Klosterkirche ihre letzte Ruhestätte fanden,
 
das Tragen des schwarzen Mönchsgewandes,
 
die Erfüllung einer kulturellen Aufgabe.
 
Ganz bestimmt von Benedikt († 547) nicht gewollt war im Fall
Kempten die Auflage, daß hier nur Personen von Rang und Namen aufgenommen werden konnten, was der Abtei nicht zum Segen gereichte.
 
Glücklicherweise standen die beiden anderen Abteien allen offen, die gewillt waren, ein Leben nach den sogenannten evangelischen Räten zu führen, die Besitzlosigkeit und Ehelosigkeit um Christi willen sowie die Unterordnung unter einen Vorsteher, den Abt, verlangten. So wurde
 
1096 durch Graf Mangold von VERINGEN-ALTSHAUSEN das dem hl. Georg geweihte Kloster im Nachbarort gegründet. Er lud Benediktinermönche aus dem Reformkloster Hirsau ein, nach Isny zu ziehen und sie folgten seinem Rufe. Mehr als sieben Jahrhunderte lang – bis zum Jahr 1803, in dem bei der Säkularisation der Klosterbesitz und die Klostergebäude an den Grafen von OUADT-WYCKRADT übergingen – fanden sich Mönche in der Klosterkirche zum Lob Gottes zusammen. Von den Wänden der Marienkapelle, die im Südosten angeschlossen ist, blicken mit ernsten Gesichtern die Äbte, die dem Kloster in guten und bösen Tagen vorstanden, denn im Laufe dieser 700 Jahre wurde die Mönchsgemeinschaft mehrfach von Schicksalsschlägen heimgesucht:
1269,  1284 und 1631 legten Großbrände Teile des Klosters bzw das ganze Kloster in Schutt und Asche.
1350 raffte die Pest alle Klosterinsassen hinweg.
1476 zählte das in Geldnöte geratene Kloster lediglich vier Mönche.
 
Nicht unerhebliche Schwierigkeiten gab es mit dem Rat und den Bürgern Isnys, die sich 1525 der Reformation anschlossen, das Kloster drangsalierten und am 6. Juli 1534 in der Abteikirche Bilder und Figuren zerstörten. Umgekehrt darf allerdings auch die gegenseitige Hilfsbereitschaft im Dreißigjährigen Krieg nicht unerwähnt bleiben.
 
In der Zinsliste I und II – beide um 1250 – ist je ein Anwesen aus Motzgatsried und Schönau erwähnt, das nach Isny Zins in Naturalien und Geld zu entrichten hatte. Beide Anwesen tauchen in späteren Zinslisten nicht mehr auf. Wer dem Abt in Isny diese Zinsleistungen abgekauft hat, ist unbekannt.
 
 
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Klosterherren hatten das Sagen
 
Benedikt BILGERI hat in seiner Arbeit „Zinsrodel des Klosters Mehrerau 1290-1505“ auch „die Rechte des Gotteshauses zu Bregenz und seines Abtes in Grünenbach“ dargestellt, wie sie in einem Zinsrodel um 1458 festgeschrieben sind. Diese nun im einzelnen:
 
It. er sol sin gericht allü iar haun ze Grünenbach vor mitten mertzen.
 Er soll sein Gericht alle Jahre haben (= halten] zu Grünenbach vor Mitte März.
 
It. er sol die fier maiger schicken vor uff die güter, die sond besehen wüstengen an zimbe, an holtz, an feld, und die wüsteng sagen by dem aid, dieselben wüstung rechten, als es herkomen ist.
 Er soll die vier Gutsverwalter vorher auf die Güter schicken, die sollen besehen die Schäden am Wohnraum, im Holz, im Feld, und die Schäden unter Eid benennen, Streit wegen dieser Schäden schlichten, wie es Herkommen ist.
 
Chronik Seite 44 Wappen
It.  er mag och sini güter besetzen und ensetzen nach dem rechten all mertzen.
  Er mag auch seine Güter besetzen und befreien (d.h. von dem, der sie innehat, zurücknehmen) nach dem Recht jeden März.
 
It.  es sol kainer weder höw noch holtz vorkouffen ab sinen güter.
  Es soll keiner weder Heu noch Holz verkaufen von seinen Gütern.
 
It.  er sol slni güter besetzen mit den genossen.
  Er soll seine Güter besetzen mit den Genossen.
 
It.  er mag och gebietten zuo sinen gerichten allen den, die lechen oder aigen von im hand; welcher das überfüre, so
  mag er in strauffen mit dem rechten.
  Er mag auch zu seinen Gericht(sitzung)en all jene kommen heißen, welche von ihm ein Lehen oder ein Eigengut haben; wem eine Verfehlung nachgewiesen wird, den mag er strafen nach dem Recht.
 
It.  so er das gricht besetzen wil, so mag er zuo im nemen ainen vogt ze Dalendorff oder ain amptman, der sol im beholffen sin, und mag den oder ainen ander setzen an sin statt ze gricht.
  So er zu Gericht sitzen will, so mag er hinzunehmen den Vogt zu Thalendorf oder den Amtmann, der soll ihm behüflich sein, und es mag der eine oder andere an seiner Stelle zu Gericht sitzen.
 
It.  ob es nottürftig wär, so mag er datz gricht wol füren ziechen, als es vormauls herkomen ist.
  Wenn es not ist, so mag er das Gericht früher ansetzen, als es vormals Herkommen gewesen ist.
 
It.  er sol sini güter besetzen mit den gnossen, die des gotzhuß sind der driger altar Grünenbach, Röttenbach – folgt Rasur – die doch den güter nutzlich sind und im dar gnuog mügent tuon als ander lüt, mannen und nit wiben, wan die güter sind nit kunckellechen.
  Er soll seine Güter besetzen mit den Genossen, die des Gotteshauses sind, der drei Altäre Grünenbach, Röthenbach – der dritte ist getilgt – welche die Güter nutzen und darum genug haben (d.h. materiell besser gestellt sind) als andere Leute – Männer und nicht Frauen, wenn die Güter nicht Kunkellehen sind. [Anm.: ‚Kunkellehen‘ können auch auf Frauen übertragen werden!)
 
It.  wo man nit fundi gotzhußlüz, so sol er es lichen mines herren grauffs Hugs lüten und darnach mines herren grauffs Wilhelms lüten.
  Wenn man Gotteshausleute nicht findet, so soll er es zu Lehen geben meines Herren Grafen Hugos (XIII. von MONTFORT † l49l) Leuten und danach den Leuten meines Herren Grafen Wilhelm (VIII. von MONTFORT † 1483).
 
It.  und darnach mag er umb sich rüffen und mag sini güter lichen ainen lantzman, wer der ist, der im gnuog tuot.
  Und danach mag er es ausrufen lassen und mag seine Güter zu Lehen geben einem andern, der in diesem Landstrich wohnt, der ihn zufriedenstellt.
 
 
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Klosterherren hatten das Sagen
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It.  wer sini güter innhaut, der sol kain ändrung nit tuon weder mit vortuschen noch in kainen weg on sin willen.
  Wer seine (d.i. des Abtes) Güter innehat, der soll keine Veränderung vornehmen weder im Vertau- schen noch an keinem Weg ohne seinen Willen.
 
It.  wer uff den güter sitzt; haut er kind, die sich ab dem guot nertind und die aigen guot hettend, wenn er stürb, so haut min her recht zuo allem drittal der farenden hab und och von der kind guot.
  Wer auf den Gütern sitzt und Kinder hat, die sich von dem Gut emährten und die Eigengut hätten, wenn er sterben sollte, so hat mein Herr das Recht auf ein Dritteil aller beweglichen Habe, auch von der Kinder Gut.
 
It.  wär aber, ob ainer davon zugi oder stalti, so haut er die recht och zuo dem drittal aller farenden hab; wär ob der geltschuld alz fil wäre, so mag min her wol von dem drittal staun und mag denn ain fal voruß nemen vor aller geltschuld.
  Wäre es aber, daß einer (freiwillig) davonzöge oder vertrieben würde, so hat er auch die Rechte auf ein Dritteil aller beweglichen Habe; wenn aber die Geldschuld groß sein sollte, so mag mein Herr wohl von dem Dritteil Abstand nehmen und einen Fall vorausnehmen vor aller Geldschuld.
 
It.  wälcher sin ungenossami näm, der haut sich der güter enzetzet
  Welcher eine Angehörige einer anderen grundherrlichen Genossenschaft (zur Ehe) nähme, der geht der Güter verlustig.
 
It.  wen er von sins gotzhuß wegen ze schaffit haut, so mag er ainen bropst oder ainen münch heruff schicken mit ainem knächt und mit ainem habk und mit ainem hund, und wellem huober er kompt ungewarnot, so sol er im gen daz best, das er haut, und dem habk ain hennen, und dem hund ain laib brot, und den phärenden fuoter, und wil aber er win trincken und wißbrot essen, daz sol er im verkünden. So sol im der huober daz koffen und wol bietten, daz sol er tuon by ainen ieglichem, der ob 5 ß Pfg. zins git.
  Wenn er von seines Gotteshauses wegen etwas zu schaffen hat, so mag er einen Klostervorgesetzten oder einen Mönch heraufschicken mit einem Knecht und mit einem Habicht und mit einem Hund und welchem Inhaber einer Hube auch immer er unvorhergesehen kommt, so soll der ihm das Beste geben, das er hat, und dem Habicht eine Henne, dem Hund einen Laib Brot, und den Pferden Futter. Will er aber Wein trinken und Weißbrot essen, dann soll er ihm das zu wissen tun. Daraufhin soll ihm der Inhaber der Hube das kaufen und anbieten. Das soll er tun bei jeglichem, der über 5 Schilling Pfennige Zins gibt.
 
It.  wenn er sil die zins samlon, so sol er an dem nächsten sunnentag nach sant Martistag haissen rüffen in der kilchen ze Grünenbach, ze Rötenbach und ze Stiffenhoffen. Also sol iedlicher sinen zins bringen in den mazgerhoff ze Grünenbach uff den nächsten donstag. Brächt den man nit, so sol er sinen amptman schicken zuo den hüser, der mag darumb pfenden und die pfand tragen dry tritt für das tach und das rüffen und verganten.
  Wenn er die Zinsen sammeln will, so soll er es am nächsten Sonntag nach dem St. Martinstag ausrufen lassen in der Kirche zu Grünenbach, zu Röthenbach und zu Stiefenhofen. Also soll jeder seinen Zins bringen in den Maierhof zu Grünenbach auf den nächsten Donnerstag. Brächte man den nicht, so soll er seinen Amtmann zu den Häusern schicken, der mag dafür pfänden und die Pfänder tragen drei Schritte vor das Dach, sie ausrufen und zwangsversteigern.
 
It.  und darnach furen und tragen wa er wil, Solt aber er mer denn ainest nachziechen, daz ging über des huobers schaden.
  und darnach führen und tragen, wo er will. Sollte er aber mehr als eines mitnehmen, dann ginge das über den Schaden hinaus, den der Inhaber der Hube verursacht hat.
 
It.  das korn sol man im anlwortten och in den maigerhoff zuo Grünenbach zwüschet sant Martistag und winnächten und daz da waschen, und sol das korn wol beraitt sin und deß besten korns, so er gehaben mag, on allain den samen sol der mazger oder der arm am voruß nemen. Wär aber daz korn nit wol berait, so mag ain maiger zu Grünenbach vor dem spicher wol beraiten.
  Das Korn soll man ihm überantvvorten auch in den Maierhof nach Grünenbach zwischen dem St. Martinstag und Weihnachten und das (Korn) da reinigen. Das Korn soll wohl bereitet sein und zwar
 
 
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Klosterherren hatten das Sagen
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  das beste Korn, das er hat, ohne den Samen, ihn soll der Verwalter oder der arme Mann heraus- nehmen. Wäre aber das Korn nicht gut zu dem Gebrauche bereitet, so mag es der Verwalter zu Grünenbach vor dem Speicher bereiten.
 
It.  und ob sach wäre, daz ainer müßti abziechen von libs not wägen oder von herren not oder von kainer ander sach wägen, so sol min her im baitten dry schne schliffinen, doch daz er daz guot besetzen und halt on wüstung
  Wenn es der Fall wäre, daß einer müßte wegziehen aus leiblicher Not oder weil es vom Herren her nötig ist oder wegen irgendeiner anderen Sache, so soll mein Herr drei Schneescheiden (drei Winter ?) zuwarten, doch so, daß er das Gut ohne Schädigung besetzen und erhalten kann.
 
It.  so haut er die recht von der schulteren wegen, wie ein arm man ain schwin schlecht, die schulteren sol er im geben davon und kain ander, und haut er die nit, so sol er für ain schulteren nemen 6 pfenning.
(von späterer Hand: Item ain yeder, so uff deß gotzh(us] güter sitzet, sol haben aygen hab und roß und fich, sovil und deren sin hoff und guot tragen mag.)
  So er hat ein Recht auf Schweinsschultern: Sowie ein armer Mann ein Schwein schlachtet, soll der ihm die Schultern davon geben und kein ander Teil, und hat er die nicht, soll er ihm für eine Schulter 6 Pfennige nehmen.
Ferner soll ein jeder, der auf des Gotteshauses Gütern sitzt, eigene Habe besitzen und Rosse und Vieh, soviel davon sein Hof und Gut tragen mag.
 
Notandum uff zinstag nach dem sonnentag Judica in der vasten anno domini 1458, als der ersamen Hans Lebe, miner gnädzgen herschafft von Pfannenberg landaman, alz er ze Grünenbach ze offem verbannen mertzengericht in namen des erwirdigen abbt Hainrich dez gotzhuß zu Pregentz gesessen ist, und haut derselb abt Hainrich durch sinen mit recht gebnen fürsprechen Hansen Valch, den man nampt Kurt, begert an ainer urtail ze erfaren, waz siner gotzhuß güter recht sy, wa ainer ob gotzhuß guot zuge oder darab kame, ob er nit billich hoffrichte uff dem guot laussen solte, Darumm fragt ich obgemelter richter umb. Und ward nach miner frag erkent, daz man die alten, so uff gotzhuß gütern sässind, oder ir vordren gesessen wärent, verhören solte, und darnach geschehen, daz recht wäre, und also nach der verhörung ist ainhellenklich mit gemainter gesamnoter urtail gesprochen und zuo recht erkent daz ain yeglicher, der uff gotzhuß guot säß und darab käm, die hoffrichte hinder im lassen solte, waz daz wäre, von ainem roß ain malter haber und ain klauffter höw, und nachdem daz guot groß oder klain wäre etz.
 
Aufgeschrieben am Dienstag nach dem Sonntag ludica (= 5. Fastensonntag oder Passionssonntagj in der Fastenzeit im Jahr des Herrn 1458, als der ehrsame Hans LEBER, meiner gnädigen Herrschaft von Pfannenberg Landammarm, als er zu Grünenbach zum Märzengericht, zu dem öffentlich aufgeboten wurde im Namen des Ehrwürdigen Abtes Heinrich des Gotteshauses zu Bregenz, gesessen ist, hat derselbe Abt Heinrich durch seinen Vogt Hans WALCH, den man nennt KURTZ, begehrt, in einem Urteil zu erfahren, welches Recht für seine Gotteshausgüter gelte, wann einer von einem Gotteshausgut wegzöge oder wegkäme, ob er nicht billigerweise das Inventar auf dem Gut lassen sollte. Darum fragte ich bei obengenanntem Richter an. Da ward nach meiner Frage beschieden, daß man die Alten, die auf Gotteshausgütern sitzen, auf denen bereits ihre Vorfahren saßen, anhören sollte. Danach sollte vonstatten gehen, was Recht wäre. Und nach der Anhörung ist einhellig ein Gesamturteil gesprochen und zu Recht erkannt worden, daß ein jeder, der auf einem Gotteshausgut sitzt und davon wegkommt, das Inventar zurücklassen sollte, das wäre von einem Roß ein Malter Haber und eine Armvoll Heu (Klafter = altes Raummaß nicht bloß beim Holz] – je nachdem, ob das Gut groß oder klein wäre etc.
 
 
 
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Diese Seite wurde am 8. Juni 2012 erstellt
und am 14. Juni 2012 zuletzt bearbeitet.